Grundsätzlich gibt es in Deutschland weniger Neugründungen als in anderen Ländern mit vergleichsweise hohem Einkommen. Betrachtet man die Gründungsquote nach Geschlechtern, zeigt sich, dass sich Männer hierzulande doppelt so häufig selbstständig machen wie Frauen: Laut einer Analyse von 2018 haben 6,6 Prozent der männlichen Bundesbürger während der vergangenen dreieinhalb Jahre ein Unternehmen gegründet oder befanden sich in der Vorgründungsphase, während der Anteil der Frauen lediglich 3,3 Prozent betrug. Der Vergleich zu 17 vergleichbaren Volkswirtschaften zeigt, dass sich nur in Italien (2,8 Prozent) noch weniger Frauen selbstständig machen. Am höchsten mit 21,2 Prozent ist die weibliche Gründungsquote in Chile, gefolgt von Kanada mit 17 Prozent und den USA mit 13,6 Prozent. Das sind Ergebnisse des Global Entrepreneurship Monitors (GEM) 2018/2019. Er basiert auf einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung, die das RKW Kompetenzzentrums in Kooperation mit dem Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz Universität Hannover durchführt hat.
Mangelnde soziale Infrastruktur und alte Rollenbilder als Hemmnisse
Dass die Deutschen generell zögerlich sind, ein Unternehmen zu gründen, liegt laut Studie unter anderem am wegen der positiven Konjunktur guten Arbeitsmarkt sowie am demografischen Wandel. Dazu kämen weitere Faktoren, die insbesondere Frauen von der Selbstständigkeit abhielten. So sagt nur rund jeder dritte (36 Prozent) der im Rahmen der Studie befragten Experten, dass in Deutschland eine gute soziale Infrastruktur mit ausreichenden Betreuungsmöglichkeiten für Kinder existiert. Aus Angst vor der Unvereinbarkeit von Kind und Karriere entschieden sich viele Frauen daher gegen Unternehmensgründungen. Darüber hinaus seien manche Investoren bei der Finanzierung von Startups durch Frauen eher zurückhaltend. Gleichzeitig betätigten sich nur wenige Frauen selbst als Investorinnen. Auch würden viele Startups aus den männerdominierten MINT-Studiengängen heraus gegründet. Ein weiteres Hemmnis sieht die Studie darin, dass viele große IT-Konzerne daran interessiert seien, mehr Frauen einzustellen und damit eine abhängige Beschäftigung attraktiv machten.
Wege, um Frauen zur Unternehmensgründung zu ermutigen
Um speziell auch Frauen zur Gründung zu ermuntern, müsse schon in der Schule ein „Gründerspirit“ gefördert werden, so die Studienautoren. Dann müssten junge Frauen stärker für MINT-Studiengänge begeistert werden. Auch geeignete Rollenvorbilder von Frauen aus der Gründerszene wirkten unterstützend. Da es für Selbstständige weder Elternzeit noch Mutterschutz gibt, könne der systematische Ausbau von Infrastrukturleistungen wie beispielsweise Kitas hilfreich sein.
Der GEM Länderbericht Deutschland 2018/2019 steht > hier zum Download bereit.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.