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„Je ordentlicher der Arbeitsplatz, desto effizienter ist die Arbeit“

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Personalwirtschaft: Herr Conrad, am 8. Januar ist der weltweite „Räume-deinen-Schreibtisch-auf-Tag“. Warum ist das Aufräumen des Arbeitsplatzes so wichtig, dass es dafür extra einen Aktionstag geben muss?
Ralph Conrad: Ein ordentlicher Arbeitsort wirkt sich positiv auf die Leistung und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden aus. Ist der Arbeitsplatz aufgeräumt, so sind Mitarbeitende tendenziell konzentrierter bei ihrer Tätigkeit, schließlich ist ihre Umgebung frei von Ablenkung oder Hindernissen. Das wiederum lässt sie produktiver arbeiten und verringert Arbeitsunfälle.

Können sie ihre Aufgaben auch schneller erledigen?
Ja, aber nicht nur. Denn eine ordentliche Umgebung fördert auch die Kreativität, schließlich lässt ein aufgeräumter Arbeitsplatz Raum für kreative Prozesse. All das erhöht das Wohlbefinden und die Zufriedenheit der Beschäftigten. Ein weiterer nicht zu unterschätzender Nebeneffekt: Ein sauberer und organisierter Arbeitsplatz vermittelt ein professionelles Arbeitgeberimage, sowohl innerhalb des Unternehmens als auch nach außen. Zusammengefasst lässt sich sagen: Je ordentlicher ein Arbeitsplatz ist, desto effizienter und stressfreier lässt es sich arbeiten.

Aufzuräumen ist dennoch bei vielen keine beliebte Tätigkeit. Woran liegt das?
Sie haben in vielen Fällen noch nicht erfahren, wie ein ordentlicher Arbeitsplatz ihr Stresspensum verringern sowie unnötige Such- und Wegezeiten beseitigen kann. Die Gewissheit zu haben, dass man das findet, was man braucht, um seine Aufgabe zu erfüllen, ist beruhigend. Diese Erkenntnis müssen die Beschäftigten aber zunächst haben. Vielen Mitarbeitenden ist zudem nicht klar, dass ein ordentlicher Arbeitsplatz allen im Unternehmen dabei hilft, die gemeinsamen Ziele zu erreichen. Hier braucht es Aufklärungsarbeit.

Angenommen, der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin ist sich dieser Vorteile bewusst und möchte den chaotischen Arbeitsplatz des Teams aufräumen. Wo fängt er oder sie am besten an?
Hier hilft die in Japan entwickelte 5S-Methode. Sie besteht aus folgenden Schritten. Erstens: Schaue dir an, was sich an dem Arbeitsort befindet und überlege, was davon du benötigst und was nicht. Sortiere entsprechend aus. Zweitens: Auf das Aussortieren folgt das Systematisieren. Ordne alles so an, dass es dir deinen Arbeitsalltag erleichtert. Drittens: Säubere deinen Arbeitsplatz, wische Staub und reinige Oberflächen. Im vierten Schritt gilt es, den aufgeräumten Zustand beizubehalten. Hierfür lohnt es sich, als Arbeitgeber klare Richtlinien und Standards für die Organisation des Arbeitsplatzes zu kreieren. Fünftens müssen die Mitarbeitenden sich in Selbstdisziplin üben und regelmäßig aufräumen.

Mit welchem S haben die meisten Unternehmen aktuell Probleme?
Das größte Problem liegt im 5. S – dem regelmäßigen Aufräumen. Meiner Meinung nach scheitern die allermeisten Unternehmen an diesem Punkt. Die Mitarbeitenden fallen nach einer Aufräumaktion schnell wieder in alte Muster zurück und es wird wieder genauso (wenig) ordentlich und sauber, wie es ursprünglich war.

Woran liegt das?
Menschen neigen dazu, Veränderungen zu widerstehen, insbesondere, wenn es um neue Arbeitsweisen geht.

Wie können Unternehmen diesen Widerstand auflösen?
Zunächst einmal muss der Arbeitgeber den Nutzen der 5S klarmachen und dann auch die Ressourcen für deren Umsetzung bereitstellen – hier spielt vor allem der Faktor Zeit eine Rolle. Auch sollte 5S von den Führungskräften vorgelebt und fester Teil der Unternehmenskultur werden. Mitarbeitende müssen wissen, was ihr Beitrag zu einem funktionierenden Arbeitsort ist, und was sie diesbezüglich im täglichen Arbeitsablauf beachten müssen. Denn Aufräumen und Ordentlichkeit sind keine vorübergehenden Initiativen, sondern Alltagspraxis.

Wie effektiv sind verpflichtende Vorgaben zur Ordentlichkeit am Arbeitsplatz?
Wenn Arbeitgeber die 5S als verpflichtende Regel einführen, sollten sie mit Fingerspitzengefühl vorgehen. Ein zu autoritärer Ansatz kann Widerstand hervorrufen. Besser ist es, die Mitarbeitenden in den Prozess einzubeziehen und ihre Perspektiven zu berücksichtigen.

Info

Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.