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Wie lassen sich Mitarbeitende zum Bleiben bewegen?

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Die Einstellung der Beschäftigten zur Arbeit hat sich in den letzten Jahren verändert: Die Fluktuation hat zugenommen, sodass Jobhopping quasi die Regel geworden ist. Daher müssen sich Unternehmen noch mehr anstrengen, um ihre Mitarbeitenden zu binden. Es geht vor allem darum, ein wettbewerbsfähiges Gehalt zu bieten. Wichtig ist aber auch, die Arbeitsbedingungen an die veränderten Bedürfnisse der Beschäftigten anzupassen und die Erwartungen nach Aufstiegschancen stärker zu berücksichtigen. Das sind Ergebnisse der Studie „Talent Trends 2023“ der Page Group, an der weltweit 69.532 Fachkräfte teilgenommen haben, davon 28.009 in Europa und 2.259 in Deutschland.

Die Studie zeigt, dass global 82 Prozent der Befragten offen für andere Arbeitgeber sind, wobei die Dauer des Arbeitsverhältnisses kaum relevant ist. 39 Prozent suchen aktiv nach einem neuen Job, 43 Prozent sind bislang unentschieden. Dabei spielt die anhaltende wirtschaftliche Lage für die Wechselbereitschaft eine wichtige Rolle: 43 Prozent der Befragten geben an, sich eher nach einer neuen Stelle umzusehen, wenn die Wirtschaft schlecht läuft.

Ungeachtet der schrumpfenden Loyalität gibt etwas mehr als die Hälfte der Fachkräfte (53 Prozent) an, am Arbeitsplatz zufrieden zu sein. Fast zwei Drittel (64 Prozent) sind mit dem Gehalt, aber etwas weniger als die Hälfte (46 Prozent) ist mit der Arbeitsbelastung zufrieden. Letzteres liegt wohl daran, dass die Work Life Balance – neben Dankbarkeit, Anerkennung und Wertschätzung – laut Befragung der größte Einflussfaktor für die Arbeitszufriedenheit ist. Dagegen steht beruflicher Erfolg nicht mehr im Mittelpunkt. 61 Prozent der Befragten würden eine Beförderung abzulehnen, wenn sie sich ihrer Meinung nach negativ auf ihr Wohlbefinden auswirken würde.

Hauptanforderungen: Gehalt plus Flexibilität plus Karrierechancen

Die Aussagen der Befragten – Wechselbereitschaft trotz Zufriedenheit – erscheinen zum Teil widersprüchlich. Allerdings kennten die Beschäftigten ihren Wert auf dem Arbeitsmarkt, so die Studie. Daher sei es für sie einfacher geworden, anderswo ein besseres Angebot zu bekommen, als im bisherigen Unternehmen um eine Gehaltserhöhung zu bitten. Derzeit ist der Wunsch nach einer Gehaltserhöhung stark ausgeprägt, besonders bei den Jüngeren: Von den 20-Jährigen wünschen sich 37 Prozent eine höhere Vergütung. Das Gehalt ist auch der wichtigste Faktor bei der Entscheidung für einen neuen Job: 23 Prozent der Befragten geben dies an. Es folgen Flexibilität mit 19 Prozent und Karrierechancen sowie der Bürostandort mit jeweils zehn Prozent.

Weitere Kriterien auf der Rangliste sind eine Vier-Tage-Woche (sieben Prozent), die Work-Life-Balance sowie Ausbildung/Entwicklung (je sechs Prozent). Die Studie kommt daher zu dem Schluss, dass Berufstätige ihre Arbeit heute mit der Wertgleichung Gehalt plus Flexibilität plus Karriereentwicklung bewerten. Das heißt, all diese Aspekte sind wichtig. Wenn andere Unternehmen also mehr davon bieten, lassen sich selbst zufriedene Mitarbeitende abwerben.

Vergütung war nie so wichtig wie heute

Das Gehalt war zwar schon immer wichtig, aber die aktuelle Befragung zeigt, dass es für die Beschäftigten noch nie so wichtig war wie heute. Auch berufliches Fortkommen sowie andere Vorteile lehnen die Mitarbeitenden ab, wenn die Vergütung nicht den Anforderungen angepasst wird. Den Arbeitgebern ist die Bedeutung der Bezahlung als wichtigster Faktor bei Gewinnung und Bindung von Personal durchaus bewusst. Allerdings gibt fast jedes dritte Unternehmen (30 Prozent) an, dass die Angleichung der Gehaltsvorstellungen die größte Herausforderung beim Recruiting darstellt. Auch gebe es Hinweise darauf, dass die Gehälter aufgrund des raschen makroökonomischen Wandels hinter den Erwartungen der Menschen zurückbleiben.

Die Autoren empfehlen Unternehmen daher, die Vergütung der Konkurrenz im Auge zu behalten, die der eigenen Belegschaft zu überprüfen und Gehaltsangaben in Stellenanzeigen zu veröffentlichen. Bei der Anpassung sollten sie hochqualifizierten Mitarbeitenden Priorität einräumen. Immerhin 86 Prozent derjenigen, die das Unternehmen verlassen, fragen vorher nicht von sich aus nach einer Gehaltserhöhung.

Was die Flexibilität betrifft, so unterscheiden sich die Vorlieben und Bedürfnisse der Beschäftigten. Die wichtigsten Aspekte sind flexible Arbeitszeiten (76 Prozent der Nennungen) und hybride/flexible Arbeitsverhältnisse (66 Prozent). Unternehmen sollten aber größer und mutiger denken und neue kreative Lösungen finden. Ein Ansatz wäre die Vier-Tage-Woche, denn rund zwei Drittel (68 Prozent) der Fachkräfte und auch gut die Hälfte der Unternehmen (55 Prozent) denken, dass damit das Wohlbefinden und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden verbessert werden könnte.

Job-Hopping für mehr Karrierechancen

Die Karriereentwicklung ist die drittwichtigste Anforderung, für jeden zweiten ist dies der wichtigste Grund, nach einem neuen Job zu suchen. Andersherum rechnet nur jeder Zehnte mit einer Beförderung im aktuellen Unternehmen. Um Karriere getriebens Jobhopping zu verhindern, sollten Unternehmen die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten transparent vermitteln, so die Studie. Außerdem sollten sie Aufstiegsprogramme für ehrgeizige Talente entwickeln und den Zeitrahmen für Beförderungen überprüfen. Dabei gelte es sicherzustellen, dass die Vergütung mit der Seniorität Schritt hält.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.