Aktuelle Ausgabe neu

Newsletter

Abonnieren

Duales Studium: Das spricht für das Personalentwicklungs-Tool

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken

Deutschland gilt als das Land der Hidden Champions, der versteckten Marktführer, die – oftmals unter dem Radar der breiten Öffentlichkeit – in ihren jeweiligen Nischen prächtig gedeihen. Auch im Ausbildungsbereich gibt es einen solchen versteckten Star: das duale Studium. Doch was spricht dafür und was sind Nachteile?

 „Das duale Studium bietet aus unserer Sicht eine ideale Verbindung von Praxisnähe und akademischer Qualifikation“, sagt Nicole Bärmann, Corporate Manager Human Resources bei IKA, einem Hersteller von Labor-, Analyse- und Prozesstechnik, sowie BioProcessing und Batterietechnik aus Baden-Württemberg. Die Studierenden erhielten frühzeitig Einblicke in unternehmensspezifische Abläufe und könnten ihr Wissen direkt im Arbeitsalltag anwenden. Der große Vorteil: „Sie entwickeln so ein ausgeprägtes Verständnis für betriebliche Zusammenhänge und übernehmen bereits während des Studiums verantwortungsvolle Aufgaben“, sagt Bärmann.

Duales Studium wird immer beliebter

Die Mischung aus Theorie und Praxis findet immer mehr Freunde: Laut dem Berufsbildungsbericht des Bundesinstituts für Berufsbildung (BiBB) gab es im Jahr 2024 genau 141.733 Studierende in 1.749 Studiengängen (davon rund 1.700 mit Bachelor-Abschluss) und 56.852 kooperierenden Unternehmen. Damit lag die Zahl aller Beteiligten – Studierende, Hochschulen und Unternehmen – höher als je zuvor. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 waren es noch insgesamt 121.731 dual Studierende.

Allerdings bleibt das duale Studium insgesamt nach wie vor eine Pflanze, die eher im Verborgenen blüht und gedeiht: Nur jeder und jede 20. Studierende in Deutschland ist für einen solchen Studiengang eingeschrieben. Thematische Schwerpunkte bei den dualen Studiengängen sind die Bereiche Wirtschaft und Management, Technik und Ingenieurwissenschaften, Informatik sowie Sozialwissenschaften und Gesundheitswesen.

Einige Verschiebungen beobachtet Karolina Brokmann, die für die Dachorganisation Duale Hochschule Rheinland-Pfalz Unternehmen berät, die ein duales Studium anbieten wollen: „Das Interesse an dualen Studiengängen ist besonders aufseiten der Studierenden gestiegen“, sagt sie. Viele junge Menschen hätten großes Interesse an dualen Studiengängen, da diese eine praxisorientierte Ausbildung böten, die ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt deutlich erhöhe.

Bei den Unternehmen sieht die Expertin eine stabile Nachfrage. Während besonders große Unternehmen früher auf den Zug aufgesprungen seien, hätten inzwischen auch viele kleinere und mittelgroße Unternehmen das Potenzial des dualen Studiums erkannt und beteiligen sich daran. „Besonders Familienunternehmen oder Firmen, die mehrere Filialen haben, bieten zunehmend duale Studienplätze an“, ist die Erfahrung der Rheinland-Pfälzerin.

Beim Mittelständler IKA werden seit mehr als 30 Jahren duale Studiengänge angeboten, aktuell sind es acht verschiedene Bachelorstudiengänge. Die Resonanz auf diese Angebote sei „insgesamt sehr positiv“, sagt die Personalerin Bärmann. „Besonders beliebt sind Programme wie International Business oder Wirtschaftsingenieurwesen. Auch spezialisierte Studiengänge wie Verfahrenstechnik oder Electronic Engineering verzeichnen eine konstante Nachfrage, die jedoch stärker von individuellen Interessen und Markttrends geprägt ist.“

Als Unternehmen mit Sitz in Baden-Württemberg profitiert IKA von einer Besonderheit des Bundeslandes. Dort werden seit Jahrzehnten sämtliche dualen Studiengänge von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) angeboten. In allen übrigen Bundesländern sind duale Studiengänge Teil des Portfolios der „normalen” Hochschulen, Universitäten sowie von Berufsakademien.

Konkurrenz zur Ausbildung?

So erfreulich die hohe Nachfrage nach den dualen Studiengängen auch ist – eine Frage stellt sich: Nehmen die dualen Studiengänge klassischen Ausbildungsberufen potenzielle Azubis weg? Bei IKA sieht man das nicht so. Das Unternehmen aus Staufen bietet dem Nachwuchs beide Wege in das Unternehmen an, erklärt Bärmann: „Die Resonanz auf duale Studiengänge und klassische Ausbildungsberufe ist vergleichbar stark, wobei sich die Zielgruppen teilweise unterscheiden.“ Beide Ausbildungswege sprächen unterschiedliche Interessen und Qualifikationsprofile an, so Bärmann, und beide seien für das „Unternehmen gleichermaßen relevant und wichtig“.

Bei den Studierenden brächten viele „bereits eine gewisse persönliche Reife mit – nicht zuletzt durch den Abschluss des Abiturs“. „Das zeigt sich insbesondere in ihrer strukturierten Herangehensweise und in einem souveränen Auftreten gegenüber Kolleginnen, Kollegen und externen Ansprechpartnern.“ Die enge Verknüpfung von akademischer und Unternehmenswelt bringe zudem „frische Impulse und neue Denkansätze“. Bärmann ergänzt: „Viele dual Studierende knüpfen schon früh ein starkes berufliches Netzwerk – innerhalb wie außerhalb des Unternehmens – von dem auch wir mehrfach profitiert haben.“

Herausforderndes Programm für Studierende

Auch für junge Menschen ist ein duales Studium in der Regel ein sehr solider Start ins Berufsleben: Schließlich sind sie schon während des Studiums bei den jeweiligen Unternehmen angestellt und erhalten ein festes Gehalt, das meist mindestens in Höhe eines vergleichbaren Azubi-Entgelts liegt, oft auch darüber. Zumeist bekommen sie nach dem Bachelor dann ein Übernahmeangebot und oft machen sie schnell Karriere im Unternehmen.

Doch all das muss sich der Nachwuchs hart erarbeiten. Denn es gibt auch Nachteile beim dualen Studium. Lange Semesterferien sind für Studierende ein Fremdwort. In der Regel haben sie rund 30 Tage Urlaub pro Jahr. Und auch während der Praxisphasen im Unternehmen stehen nach Feierabend oft noch Vorbereitungen, Aufgaben oder die Bachelorarbeit auf dem Programm.

Trotzdem liegt bei dual Studierenden die Abbrecherquote deutlich unter der in herkömmlichen Studiengängen: Nur knapp sieben Prozent sind es nach Angaben des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). Im Vergleich dazu beträgt die Abbrecherquote in Bachelorstudiengängen an Universitäten etwa 35 Prozent, an Fachhochschulen gibt jeder und jede Fünfte das Studium vorzeitig auf. Die DZHW-Experten und -Expertinnen machen einerseits die von den Unternehmen betriebene Auslese der Studierenden dafür verantwortlich, aber auch der Praxisbezug und die strukturiertere Studiengestaltung gelten als Gründe für die niedrigen Abbrecherquoten bei den dual Studierenden.

Christina Petrick-Löhr betreut das Magazinressort Forschung & Lehre sowie die Berichterstattung zur Aus- und Weiterbildung. Zudem ist sie verantwortlich für die redaktionelle Planung verschiedener Sonderpublikationen der Personalwirtschaft sowie den Deutschen Personalwirtschaftspreis.