Frage an die HR-Werkstatt: Wie etablieren Personalverantwortliche Gamification-Maßnahmen zusammen mit der Führungsetage erfolgreich, um die Motivation ihrer Beschäftigten zu fördern?
Es antwortet: James Micklethwait, Vice President bei Kahoot! at Work
Ein gesundes Arbeitsklima und der Spaß an der Arbeit gehören für Bewerberinnen und Bewerber bei der Wahl ihres zukünftigen Arbeitgebers zu den Top-Kriterien. Der Spaß daran, die Aufgaben und Herausforderungen im Arbeitsalltag zu erledigen ist eng verknüpft mit der eigenen Motivation – ein ausschlaggebendes Kriterium für die Produktivität der Beschäftigten. Personalverantwortliche beschäftigen sich laufend mit neuen Möglichkeiten, um die Motivation ihrer Belegschaft aufrechtzuerhalten und zu steigern. Ein solcher Ansatz ist beispielsweise die Implementierung kleiner Spiele, Ranglisten und Belohnungen in den Berufsalltag.
Die Fakten: Darum eignet sich Gamification zur Motivationssteigerung
- Spiele dynamisieren die eigene Erwartungshaltung: Mitarbeitende entwickeln ihre individuellen Handlungsschemata, um die eigenen Arbeitsabläufe so effizient wie möglich zu bewältigen. Da ihr Fachgebiet sich jedoch meist wenig ändert, bleiben die beruflichen Handlungen oft gleich. Die Folgen: Der Arbeitsalltag wird eintönig und trist, die emotionale Erwartungshaltung zur beruflichen Umgebung sinkt und die eigene Motivation sinkt. Spielerische Gestaltungsmöglichkeiten setzen genau hier an: Sie dynamisieren Handlungsmuster, indem sie Emotionen wie etwa Ehrgeiz oder Neugier wecken, regen das eigene Handeln unterbewusst an und steigern die Motivation, das gewünschte Ergebnis zu erhalten. Ein solcher Ansatz funktioniert sowohl vor Ort im Unternehmen als auch remote aus dem Homeoffice. Schließlich sind Emotionen, die durch eine Gamification-Methode hervorgerufen werden, nicht an Lokalität gebunden – sie holen die Beschäftigten dort ab, wo sie sich gerad befinden.
- Gruppenspiele stärken sozialen Zusammenhalt: Der Anthropologe Charles Darwin sagte: „Jedermann wird zugestehen, dass der Mensch ein soziales Wesen ist. Wir sehen es in seiner Abneigung gegen Einsamkeit sowie seinen Wunsch nach Gesellschaft über den Rahmen seiner Familie hinaus.“ Gerade in Zeiten von Homeoffice und Online-Meetings kann das einmalige Gemeinschaftsgefühl unter Kolleginnen und Kollegen schon einmal Schaden nehmen. Gruppenbasierte Gamification-Maßnahmen funktionieren online, bauen die Beziehungen untereinander wieder auf und stärken so den Zusammenhalt des Teams. Die Motivation steigt dann, wenn die Beschäftigten wissen, dass sie sich – selbst dann, wenn man sich nicht physisch gegenübersteht – aufeinander verlassen können.
- Gamification fördert eigene Weiterentwicklung: Mitarbeiter streben nach beruflichem Wachstum und Fortschritt. Weiterbildung und Umschulung sind entscheidend für den Erfolg Ihres Unternehmens sowie für die Ergebnisse ihrer Mitarbeiter: Laut der aktuellen Ausgabe des LinkedIn-Learning Reports sind Umschulungen und Weiterbildungsmaßnahmen die wichtigsten Schwerpunktbereiche für Lern- und Entwicklungsexperten weltweit.
Die meisten Mitarbeitenden haben jedoch während ihres Arbeitstages nicht genug Zeit und Muße, um sich mit Lernmöglichkeiten zu beschäftigen. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern dies ermöglichen, indem sie digitale Trainingseinheiten in den Arbeitsalltag einbeziehen und interaktive, soziale Lernerfahrungen mit Hilfe von Spielen schaffen. Damit erhöhen sie die Wahrscheinlichkeit, dass Lernangebote wahrgenommen werden und schaffen ein Wettbewerbsmoment, das die Motivation verbessern kann. Der Workplace Learning Report zeigt, dass Führungskräfte, die die Möglichkeit haben zu lernen, deutlich glücklicher und engagierter sind.
Dies kann zu einem verbesserten Mitarbeiter -Erlebnis führen und fördert den Wissensaustausch untereinander sowie das Engagement und Produktivität. Das stärkt wiederum die Arbeitsplatzkultur. Die Unternehmen, die morgen gewinnen, werden diejenigen sein, die heute in ihre Mitarbeiter investieren.
Die Umsetzung: So implementieren Sie Gamification-Methoden erfolgreich
Geht es um die praktische Umsetzung von Gamification-Maßnahmen, müssen Führungskräfte eng mit Personalverantwortlichen zusammenarbeiten – schließlich kann die HR-Abteilung nicht immer alle Fachgebiete zu 100 Prozent abdecken. Führungskräfte kennen die Bedürfnisse und Aufgabenstruktur ihres Teams sowie vorhandene Qualifikations- und Wissenslücken. Managerinnen und Mangaer können dadurch genau erarbeiten, wie die individuelle, praktische Umsetzung entsprechender Gamification-Maßnahmen auszusehen hat. Die HR-Verantwortlichen ermöglichen diese Maßnahmen, indem sie die Ziel-Abteilungen mit den Tools ausstatten, die sie benötigen, um die neuen Ziele zu erreichen.
Hierfür sind folgende Schritte notwendig:
- Wissens- und Fähigkeitslücken identifizieren: Der Unternehmenserfolg hängt maßgeblich davon ab, wie gut alle benötigten Fähigkeitsgebiete innerhalb der Organisation abgedeckt sind. Zum Beispiel treibt starkes Produktwissen die Verkaufsabteilung voran, während CSAT-Kennzahlen (Customer Satisfaction Score) das Kundenmanagement weiterbringen. Gamification-Maßnahmen können ein mögliches Ungleichgewicht innerhalb des Unternehmens und den Departments wieder in Einklang bringen.
- Maßnahmen der Firmenkultur anpassen: Die HR-Abteilung hat einen weitreichenden Überblick über die allgemeine Personalsituation eines Unternehmens. Aus ihrer engen Zusammenarbeit mit der Belegschaft und der Führungsetage kennen die Personalerinnen und Personaler die Belange aller Parteien und können identifizieren, welche Maßnahmen – entsprechend der Stimmung, der Kultur und den persönlichen Präferenzen der Mitarbeiter:innen – für das neue Gamification-Konzept geeignet sind.
Wichtig hierbei ist der stetige Austausch zwischen Führungskräften und Personalverantwortlichen. Der konstante Austausch zwischen den Beschäftigten, der Führungsetage und der Personalabteilung entsteht ein Gefühl der Wertschätzung. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben so jederzeit die Möglichkeit mit einer Feedback-Schleife ihre Lernmethoden durch die Personalabteilung anpassen zu lassen – ihre Meinung wird gehört, geschätzt und umgesetzt. - Content optimieren und gemeinsam die passende Lernerfahrungen entwickeln: Egal ob BGM oder Gamification: Bei der Entwicklung einer neuen Lernerfahrung ist es wichtig, dass sich die jeweiligen Methoden immer an den Anwenderinnen und Anwendern orientiert. Die Content-Entwicklung und die stetige Weiterführung einer Gamification-Maßnahme sollte daher nicht alleinig in der Hand der Personalabteilung liegen. Ein guter Ansatz hierbei ist „kollaboratives Lernen“: Jede Art von spielebasiertem Lernen kann und sollte von jeder Person mit Fachwissen erstellt werden – nicht nur von HR-Verantwortlichen, Managerinnen oder Lernspezialisten.
- Berufsalltag in den Vordergrund stellen: Ist die Gamification-Maßnahme nach vorangegangenem Testdurchlauf erst einmal fest implementiert, dann gilt es diese stetig weiterzuentwickeln und am Leben zu erhalten. Der Schlüssel zum Erfolg ist es, den Arbeitsalltag der Teilnehmenden in den Vordergrund zu stellen. Schließlich soll sich spielebasiertes Lernen so nahtlos in den Berufsalltag der Belegschaft integrieren, dass es sich für sie nicht nach einem Mehraufwand anfühlt, sondern sie sich auch beim Lernen im Fluss der Arbeit befindet
Eine gute Möglichkeit sind synchrone Lernerfahrungen, wie etwa ein Live-Quiz während einer Präsentation oder einem Meeting. Diese Methoden lassen sich live leicht umsetzen und einfach in den Arbeitsalltag der Belegschaft integrieren. Der Lernprozess fühlt sich und vertraut an und wirft die Teilnehmenden nicht aus ihrer normalen Arbeit. Wenn sich die Lernenden wohlfühlen, sind sie offener für die Teilnahme und nehmen mehr Informationen auf.
Fazit
Ein gesundes Arbeitsumfeld kann die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutlich steigern und hat einen Einfluss auf die eigene Produktivität in Verbindung mit den Arbeitsergebnissen. Mit der Einführung von spielebasierten Lernplattformen können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber das tägliche Arbeitspensum ihrer Beschäftigten dynamisieren, den sozialen Zusammenhalt stärken und die berufliche Entwicklung ihrer Belegschaft fördern. Wenn sie Gamification-Maßnahmen nahtlos in den Arbeitsalltag integrieren wollen, ist es besonders wichtig, dass eine ständige Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitenden, Führungskräften und Personalverantwortlichen stattfindet. Die Identifizierung von Wissens- und Fähigkeitslücken ist ein guter Ausgangspunkt, um gamifizierte Lernmethoden, basierend auf den individuellen Stärken und Schwächen, zu implementieren. Jede und jederr im Unternehmen hat die gleichen Chancen, sich einzubringen und bei Brainstorming-Sitzungen, Schulungen und Präsentationen gehört zu werden.
In Zukunft werden Unternehmen verstärkt auf hybride Arbeitskonzepte setzen. Die Herausforderung für gamifiziertes Lernen wird dann darin bestehen, alle Teilnehmenden erfolgreich in den Lernprozess einzubinden – egal ob im Homeoffice oder lokal vor Ort.
Autor
James Micklethwait ist Vice President bei Kahoot! at Work. Bevor Micklethwait 2017 zu Kahoot kam, war er in leitenden Positionen in den Bereichen Produkt und Strategie für einige der bekanntesten britischen Verbrauchermarken tätig – darunter Rightmove, ITV und BBC. Er hat einen BA-Abschluss der Universität Oxford.