Mehr als jeder vierte Beschäftigte in Deutschland (44,4 Prozent) benötigt im Beruf grundlegende Fremdsprachenkenntnisse. Das zeigt eine Umfrage des Jobportals Indeed. Mit fast 100 Prozent rangiert – wenig überraschend – Englisch auf Platz eins, gefolgt von Französisch (19,2 Prozent) und Russisch (12,5 Prozent). Auch Türkisch (8,5 Prozent) und Chinesisch (4,5 Prozent) sind als aufstrebende Businesssprachen in Unternehmen mehr und mehr gefragt. Nicht zu vergessen: Spanisch, das dem Englischen als Weltsprache enorm Konkurrenz macht, denn gemessen an der Zahl der Muttersprachlerinnen und Muttersprachler weltweit ist Spanisch weiter verbreitet als Englisch.
Diese Zahlen zeigen, wie wichtig Fremdsprachenkenntnisse im beruflichen Umfeld sind. Die Nachfrage nach Mitarbeitenden mit Skills in einer Fremdsprache ist heute so hoch wie nie.
Die Frage nach Kenntnissen einer Fremdsprache sollte daher in Jobbeschreibungen obligat sein – ist sie aber nicht: Paradoxerweise findet sich nur in etwa einem Fünftel (18 Prozent) aller deutschen Stellenausschreibungen die Forderung nach Fremdsprachenkenntnissen, wie eine Analyse zeigt. Einer Marktstudie von ETS Global zufolge verlangen sogar nur 9 Prozent der Unternehmen von ihren Bewerbern und Bewerberinnen einen spezifischen Sprachtest und damit einen offiziellen Nachweis – etwa ein Sprachzertifikat – über ihre Fremdsprachenfähigkeit.
Fehlende Standardisierung: Hindernis im Einstellungsprozess
Diese Diskrepanz führt im Recruiting dazu, dass die Suche nach den geeigneten Talenten für offene Stellen häufig mit einem erhöhten Arbeits- und damit auch Zeitaufwand einhergeht. Nicht nur die fehlende Erwähnung von gewünschten Fremdsprachenkenntnissen stellt ein Hindernis dar, sondern auch die fehlende Standardisierung bei der Einschätzung der Skills ist ein Problem und führt dazu, dass die Angaben der Talente über ihre Sprachkenntnisse nicht vergleichbar sind. Während ein Bewerber angibt, „fließend“ Englisch sprechen zu können, sagt eine Kandidatin, sie sei in der Lage, „reibungslos auf Englisch zu kommunizieren“. Darüber hinaus kommt es vor, dass Kandidatinnen und Kandidaten ihre Sprachkenntnisse nicht korrekt einschätzen und ihre Angaben nicht mit ihrem tatsächlichen Sprachniveau übereinstimmen.
Das alles erschwert es, die Fremdsprachenkenntnisse der Jobinteressierten im Vorfeld des Auswahlprozesses zu vergleichen. So offenbart sich erst im Vorstellungsgespräch die tatsächliche Fremdsprachenkompetenz der Bewerberinnen und Bewerber, und im ungünstigsten Fall stellt sich heraus, dass Recruiterinnen und Recruiter ihre Zeit umsonst investiert haben.
Referenzrahmen kann helfen
Einen Ausweg aus der Misere bietet die Integration des „Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen“, kurz CEFR (Common European Framework of Reference for Languages), und damit einhergehender Sprachtests in Stellenanzeigen und Recruitingprozesse. Der CEFR ist ein Referenzrahmen zur Beurteilung von Fremdsprachenkenntnissen, mit dessen Hilfe das Beherrschen einer anderen Sprache als der Muttersprache in verschiedene Level eingestuft wird: Von A (elementar) über B (selbständig) bis C (kompetent). Jede dieser Stufen ist wiederum in zwei Kompetenzniveaus eingeteilt, etwa A1 (Anfänger) oder A2 (grundlegende Kenntnisse), und berücksichtigt für jedes Niveau die Fertigkeiten im Lese- und Hörverständnis sowie beim Schreiben und Sprechen. Auf Basis dieser einheitlichen Bewertung können HR-Verantwortliche auf einen Blick erkennen, welches Sprachniveau Bewerberinnen und Bewerber haben.
Zertifizierte Sprachtests für mehr Effizienz im Recruiting
Indem Unternehmen das gewünschte Sprachlevel in ihren Stellenausschreibungen definieren und einen offiziellen Nachweis darüber von Jobinteressierten fordern, können sie die Zahl ungeeigneter Bewerbungen deutlich reduzieren. Auch potentielle Bewerberinnen und Bewerber können auf diese Weise erkennen, ob sie den Anforderungen entsprechen.
Sollten Talente eine Bewerbung einreichen, ohne dabei ihre Fremdsprachenkenntnisse zu belegen, wird deutlich, dass diese Personen keine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erhalten sollte. Recruiterinnen und Recruiter, die Fremdsprachenkenntnisse in ihren Stellenausschreibungen erwähnen, können außerdem das Interesse jener Talente wecken, die gern mehrsprachig tätig werden möchten.
Bewerberinnen und Bewerber, die ihre Kenntnisse in einer Fremdsprache nachweisen wollen, können dies mit Hilfe eines zertifizierten Sprachtests tun. Diese Tests unterliegen einem standardisierten Verfahren und ermitteln auf Grundlage des CEFR das Sprachniveau der Testteilnehmerinnen und -teilnehmer. Die Ergebnisse entsprechen den realen Kommunikationsfähigkeiten in der gewählten Fremdsprache.
Mit Hilfe der standardisierten Tests stellen Unternehmen sicher, dass Kandidatinnen und Kandidaten ihre Fertigkeiten nicht fehleinschätzen oder falsch darlegen. Außerdem ermöglichen die Tests einen einheitlichen Vergleich der Sprachkenntnisse aller Bewerberinnen und Bewerber und somit den optimalen Überblick über das Potential im Bewerberpool.
Nicht jeder Test passt für HR
Der Markt bietet mittlerweile eine Vielzahl an Testangeboten, doch nicht jeder Sprachtest passt zu jeder Anforderung. Während im universitären Umfeld etwa das akademische Englisch auf dem Prüfstand steht, müssen Jobaspirantinnen und -aspiranten in der Berufspraxis mit Business English überzeugen. In Unternehmen ist vor allem ein berufsbezogenes Vokabular wichtig und – je nach Stelle – die Fähigkeit, verhandlungssicher zu kommunizieren.
Achten Sie daher bei der Frage nach Sprachnachweisen darauf, dass diese sich auf berufsbezogene Fremdsprachenkenntnisse beziehen und damit für Ihren Entscheidungsprozess von Nutzen sind. Für diese Art Sprachnachweise lassen sich spezielle Tests finden, die sich von Sprachtests für die Allgemeinheit abheben.
Upgrade für Recruitingprozesse
Fremdsprachen gehören in deutschen Unternehmen mittlerweile zum Berufsalltag – Zeit für das HR-Management, auch gezielt nach Nachweisen dazu zu fragen. Wenn HR diese Aufgabe ernst nimmt, erhalten Unternehmen vollumfängliche Einblicke in die Sprachkompetenz all ihrer Kandidatinnen und Kandidaten und können gezielt auswählen, wer die Anforderungen erfüllt.
Das spart Zeit beim Auswahlprozess und sorgt für effektive Entscheidungen im Talentmanagement. Darüber hinaus gibt es jungen Talenten die Chance, ihre Fähigkeiten auch ohne jahrelange Berufserfahrung unter Beweis zu stellen.
Info
Der Artikel erschien zuerst auf unserem Schwesterportal F.A.Z.-Personaljournal. Hier geht’s zum Orgininalbeitrag.
