Herr Schels, wieso sollten Arbeitgeber in ihren Recruitingvideos auf Humor setzen?
Peter Schels: Viele Image- und Recruitingfilme sind vor allem eins: langweilig. Sie sind voll von den immer gleichen Business-Phrasen und Hochglanzbildern und haben wenig Story, wenig Authentizität und wenig Humor.
Wieso ist das so?
Da gibt es in vielen Köpfen noch einen Widerspruch: Das seriöse Geschäftsleben auf der einen Seite, Humor und Leichtigkeit auf der anderen. Wir haben aber anhand der Zahlen zu unseren humorvollen Videos festgestellt, dass diese eine viel größere Reichweite erzielen und bei den Menschen dann auch in Erinnerung bleiben – also schlichtweg besser funktionieren.
Gilt das denn für alle Arbeitgeber? Oder gibt es auch Organisationen, bei denen ein ernster Ansatz besser funktioniert?
Ich habe mir im Vorfeld dieses Gesprächs mal angeschaut, für wen wir schon humorvolle Filme gedreht haben. Und da waren ganz unterschiedliche Marken und Arbeitgeber dabei, und in eigentlich allen Fällen wurden die Videos gut angenommen sowohl von den Mitarbeitenden wie auch von den Bewerbenden. Viele waren gerade in eher ernster auftretenden Unternehmen froh, etwas zu sehen, was eine gewisse Leichtigkeit hat.
Macht Humor einen Arbeitgeber anziehender?
Klar. Ich bewerbe mich doch lieber bei einem Unternehmen, wo ich den Eindruck habe, dass es dort menschlich und angenehm zugeht. Wo Lachen erlaubt ist. Aber klar: Ich kenne nicht jede Arbeitgebermarke und Humor funktioniert nicht zu jeder Zeit gleich gut. Bei einem Unternehmen, das zur selben Zeit Stellenstreichungen bekanntgibt, kann so etwas natürlich auch nach hinten losgehen.
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Aber ist in Unternehmen, wo es insgesamt ernster zugeht, ein witziges Recruitingvideo nicht total unauthentisch?
Nein, das sehe ich nicht so. Es ist zwar ein banaler Satz, aber ich glaube schon, dass ein Großteil der Menschen eigentlich ganz gerne lacht. Dass Menschen sich grundsätzlich wohl fühlen, wenn sie mit Humor konfrontiert werden. Und ich habe noch nie ein Unternehmen kennengelernt, wo es verboten war zu lachen. Überall lächeln die Menschen gerne.
Gilt das auch über das Recruiting hinaus?
Auf jeden Fall. Vermutlich wird jeder Vertriebler und jede Vertrieblerin bestätigen, dass es einfacher wird, wenn er oder sie mit den Kunden auch lachen kann. Im Leadership ist es so, dass Manager als besonders angenehm und positiv wahrgenommen werden, wenn sie eine gewisse Leichtigkeit reinbringen und auch über sich selbst lachen können.
Humor ist etwas sehr Individuelles. Millionen Menschen hierzulande finden Mario Barth lustig, ich persönlich kann an seinen Inhalten nichts finden. Wie findet man die richtige Art von Humor für ein Recruitingvideo?
Erst einmal ist es wichtig, dass es nicht völlig albern ist oder die eigene Aussage konterkariert. Und man muss über sich selbst lachen können. Humor, der von oben herab formuliert wird, geht hingegen gar nicht. Also sobald ich zum Beispiel einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin heruntermache, dann tue ich weder mir noch der Marke einen Gefallen. Dann gibt es noch einige Bereiche, die man weglassen sollte.
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Welche?
Alles, was mit Sexualität zu tun hat oder mit der Herkunft, das bekommt sofort eine unangenehme Konnotation. Auch Politik würde ich ausklammern, es sei denn, es ist eine ganz bewusste und passende Entscheidung. Insgesamt ist Humor in Recruitingvideos in der Tat ein schmaler Grat, man kann nicht über alles und jeden einen Scherz machen. Gleichzeitig gibt es immer Menschen, die den Inhalt nicht witzig finden – und wenn nicht, hat man irgendetwas falsch gemacht.
Wie geht man damit um?
Man akzeptiert es. Humor ist ein etwas mutigerer Weg, erzielt dadurch aber auch mehr Reichweite. Vor allem, wenn man sich traut, auch mal an die Grenze zu gehen. Bei rein seriös erzählten Filmen ist es doch so, dass es am Ende niemanden interessiert – und sich daher auch niemand aufregt.
In einem Ihrer bekanntesten Videos, einem Recruitingfilm für das Unternehmen Grimme in Damme – einer Kleinstadt in Niedersachsen – machen Sie sich ja schon ein bisschen über die Provinzialität in dem Ort lustig.
Genau. Unsere Grundüberlegung war, dass man sich schon aktiv dazu entscheiden muss, an so einen Ort für die Arbeit zu ziehen. Das ist eine Lebensentscheidung. Damit haben wir dann gespielt und einfach lustige Sachen in der Stadt beobachtet und mit einbezogen. Noch heute werden wir oft auf das Video angesprochen und auch von den Mitarbeitenden bei Grimme haben wir tolle Rückmeldungen bekommen.
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Sie dürfen sich auch in Damme noch frei bewegen und werden nicht mit Mistgabeln aus dem Ort gejagt?
Nein, wir haben tatsächlich sogar schon mehrere Filme dort gedreht und sind in der Region mittlerweile relativ bekannt für unsere Filme.
Wie können Recruiterinnen und Recruiter vorgehen, wenn Sie die Budgetverantwortlichen überzeugen wollen, es mal mit einem humorvollen Video zu versuchen?
Das ist in der Tat gar nicht so einfach. Viele Entscheider und Entscheiderinnen kennen nur die Businessperspektive und versuchen, alles analytisch zu betrachten. Sie sind ein wenig verloren in ihrer professionellen Bubble. Denen kann man dann nur ans Herz legen, einfach mal Ihr Umfeld zu fragen, zum Beispiel die Familie oder das eigene Team.
Und dann?
Wenn die dann lachen und das gut finden, gewinnen auch die Führungskräfte wieder an Sicherheit und fühlen sich wohler. Ich glaube, es gibt an vielen Stellen noch eine gewisse Unsicherheit, gegen die man nur mit Argumenten aber oft nur schwer ankommt.
Info
Auf der Website von Al Dente gibt es ein Whitepaper zu Humor in der Unternehmens- und HR-Kommunikation zum Download.
Matthias Schmidt-Stein koordiniert die Onlineaktivitäten der Personalwirtschaft und leitet gemeinsam mit Catrin Behlau die HR-Redaktionen bei F.A.Z. Business Media. Thematisch beschäftigt er sich insbesondere mit den Themen Recruiting und Employer Branding.

