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Ein Jahr Homeoffice: Was läuft gut? Und was nicht?

Eine Studie des Personaldienstleisters Robert Half kommt zu dem Schluss, dass die Arbeit von zuhause aus trotz positiver Erfahrungen auch Nachteile hat. Die Autoren sehen die Zukunft eher in hybriden Modellen. Und auch das neue „Corona Barometer“ von Xing zeigt, dass Arbeitgeber reale Begegnungsmöglichkeiten schaffen müssen, um den Zusammenhalt zu gewährleisten.

Mehr Unterstützung der Mitarbeiter untereinander als vor der Krise

Laut der Umfrage von Robert Half haben die meisten Unternehmen gelernt, gut mit der geänderten Arbeitswelt umzugehen, die sich zunehmend digitalisiert. Die Mitarbeitenden hätten sich schnell an die neue Situation gewöhnt und ihre Arbeitsweisen angepasst. Ein Drittel der Befragten gibt demnach an, dass die Belegschaft unter den aktuellen Bedingungen gut zusammenarbeitet und sich die Kollegen im Team sogar besser unterstützen. Fast drei von Zehn (29 Prozent) sagen, dass die Beschäftigten nach wie vor eine positive Einstellung gegenüber ihrer Arbeit haben. Die Studie verbucht dies als positiv, auch wenn die Ergebnisse den Umkehrschluss nahelegen, dass zwei Drittel nicht (mehr) positiv gestimmt sind.

Hybrides Arbeiten als Modell der Zukunft

Darüber hinaus ist gut jede vierte Führungskraft (28 Prozent) der Ansicht, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeter durch Remote Work flexibler sind und von einer besseren Work-Life-Balance profitieren, weil sie ortsunabhängig arbeiten und ihre Zeit besser einteilen können. Ebenso viele der Befragten finden, dass die Bindung wichtiger Mitarbeiter mit Schlüsselqualifikationen so besser gelingt. Eine weitere Erkenntnis der Studie ist, dass sich hybrides Arbeiten, der Mix von Homeoffice und Präsenzphasen, in Krisenzeiten bewährt hat. 86 Prozent der Manager gehen davon aus, dass sich dieses Modell dauerhaft in der Arbeitswelt etablieren wird. An der Befragung im November nahmen in Deutschland 300 Führungskräfte (General Manager, CIOs und CFOs) in Unternehmen ab 50 Mitarbeitern teil.

Wohlbefinden im Homeoffice für Führungskräfte schwer zu überblicken

Gefragt nach den Herausforderungen von Remote Work und hybridem Arbeiten, nannte ein Drittel der befragten Führungskräfte (33 Prozent) die Suche nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit neuen Fähigkeiten. Genauso viele sagten, es sei schwierig, das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit der Mitarbeiter im Blick zu behalten. 32 Prozent stellen höhere Kosten für „zusätzliche Benefits“ wie technisches Equipment, Gesundheitsangebote oder Kinderbetreuung fest.

Wer als Führungskraft die Bedürfnisse der Mitarbeiter missachtet, riskiert im schlimmsten Fall gesundheitliche Schäden aufgrund von sozialer Isolation, zu wenig Unterstützung bei Problemen oder einer zu hohen Arbeitsbelastung,

warnt Emine Yilmaz, Vice President Permanent Brands bei Robert Half in Zusammenhang mit dem Wohlbefinden der Mitarbeiter. Dabei gelte es, für jeden individuelle Lösungen zu finden. Yilmaz weist darauf hin, dass ein enger und direkter Austausch mit den Kollegen im Homeoffice dabei helfe, Warnsignale frühzeitig zu erkennen, um sofort gegensteuern zu können.

Aufgabe für Arbeitgeber: persönlichen Kontakt ermöglichen

Wie bedeutend direkte Interaktion in Homeoffice-Zeiten ist, bestätigen auch die Ergebnisse der aktuellen Umfrage von Xing: Rund 70 Prozent der Befragten gaben an, dass der persönliche Kontakt in der Firma wichtig ist, damit Unternehmenskultur entsteht und spürbar ist. An der Umfrage nahmen diesen März 1.176 aktive Xing-Mitglieder teil, davon 348 in Deutschland, 424 in Österreich und 404 in der Schweiz.

Unternehmenskultur braucht ein Büro, einen physischen Ort für Interaktion, kreatives Miteinander und mehr,

leitet Sabrina Zeplin, Geschäftsführerin von Xing, aus den Studienergebnissen ab, und befürwortet damit ebenfalls hybride Arbeitsmodelle.

Unternehmenskultur hat sich für jeden zweiten Arbeitnehmer verändert

Was die Unternehmenskultur ihres Unternehmens betrifft, so ist etwas mehr als die Hälfte der Befragten (54 Prozent) derzeit sehr oder eher zufrieden. Allerdings konstatiert fast jeder Zweite (49 Prozent), dass sich die Kultur seit Beginn der Krise verändert hat – für 29 Prozent zum Negativen und für 20 Prozent, also etwas weniger, zum Positiven. Die Mitarbeitenden vermissen vor allem gemeinsame Aktivitäten, auch virtuelle, die offenbar auch zu kurz kommen. Außerdem empfinden sie einen höheren Leistungsdruck und eine gestiegene psychische Belastung und sie erhalten weniger Lob und Wertschätzung für ihre Arbeit als früher. Es verwundert nicht, dass die Befragten, aus deren Sicht sich die Unternehmenskultur zum Positiven verändert hat, in der Krise genau diese Wertschätzung erfahren haben, außerdem hat sich bei ihnen das Vertrauensverhältnis zu den Vorgesetzten verbessert. Als weiteres Kriterium ist den Befragten der kollegiale Umgang miteinander besonders wichtig.

Noch Handlungsbedarf für Arbeitgeber

Die Xing-Mitglieder wurden auch danach gefragt, ob sie einen Kultur- oder sogenannten Feelgood Manager im Unternehmen wünschen, der sich aktiv um die Gestaltung der Unternehmenskultur kümmert. 60 Prozent bejahten die Frage. Ob mit Feelgood Manager oder nicht: Gerade in der Krise und in Homeoffice-Zeiten brauchen die Mitarbeiter offenbar mehr Zusammenhalt und das Gefühl, dass ihr Arbeitgeber sich um sie sorgt und ihnen Möglichkeiten zum Austausch mit Kollegen bietet. Insgesamt lassen die Ergebnisse der beiden Studien darauf schließen, dass Arbeitgeber hier noch Handlungsbedarf haben.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.