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BAG: Corona-Testpflicht im Rahmen eines betrieblichen Hygienekonzepts rechtmäßig

Arbeitgeber können zur Umsetzung ihrer arbeitsschutzrechtlichen Pflichten dazu berechtigt sein, auf Grundlage eines betrieblichen Schutz- und Hygienekonzepts eine Corona-Testpflicht für die Beschäftigten einseitig anzuordnen. Das hat das Bundesarbeitsgericht in einem neuen Urteil entschieden (BAG, Urteil vom 01.06.2022, Az. 5 AZR 28/22).

Arbeitgeber führte Corona-Testpflicht ein

Geklagt hatte eine bei der Bayerischen Staatsoper angestellte Flötistin. Zu Beginn der Spielzeit 2020/21 hatte die Staatsoper im Rahmen ihres betrieblichen Hygienekonzepts in Zusammenarbeit mit dem Institut für Virologie der Technischen Universität München und dem Klinikum rechts der Isar eine Teststrategie entwickelt. Vorgesehen war die Einteilung der Beschäftigten in Risikogruppen und je nach Gruppe die Verpflichtung zur Durchführung von PCR-Tests in unterschiedlichen Zeitabständen.

Als Orchestermusikerin sollte die Flötistin zunächst wie alle Mitarbeiter zu Beginn der Spielzeit einen negativen PCR-Test vorlegen und in der Folge weitere PCR-Tests im Abstand von ein bis drei Wochen vornehmen lassen. Die Bayerische Staatsoper bot hierfür kostenlose PCR-Tests an, alternativ konnten die Mitarbeiter PCR-Testbefunde eines von ihnen selbst ausgewählten Anbieters vorlegen.

Verletzung der Persönlichkeitsrechte?

Der Flötistin wurde mitgeteilt, dass sie ohne Testung nicht an Aufführungen und Proben teilnehmen könne. Die Mitarbeiterin weigerte sich, PCR-Tests durchführen zu lassen. Sie vertrat den Standpunt, die Testpflicht stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit dar.

Der Arbeitgeber stellte daraufhin in der Zeit von Ende August bis Ende Oktober 2020 die Gehaltszahlungen ein. Seit Ende Oktober 2020 legte die Mitarbeiterin – ohne Anerkennung einer Rechtspflicht – PCR-Testbefunde vor. Für die Zeit von Ende August bis Ende Oktober 2020 verlangte sie ihre reguläre Vergütung. Außerdem forderte sie, ohne Verpflichtung zur Durchführung von Corona-Tests beschäftigt zu werden.

Testpflicht war verhältnis- und rechtmäßig

Wie bereits beiden Vorinstanzen hat auch das BAG die Klage abgewiesen. Es beurteilte die Anordnung der Corona-Testpflicht als rechtmäßig. Wie aus dem Urteil hervorgeht, konkretisiert das Arbeitsschutzgesetz den Inhalt der Fürsorgepflichten, die dem Arbeitgeber obliegen. Zur Umsetzung arbeitsschutzrechtlicher Maßnahmen könne der Arbeitgeber Weisungen hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb erteilen, entschied das BAG.

Die Bayerische Staatsoper habe mit Blick auf die pandemische Verbreitung von SARS-CoV-2 mit diffusem Ansteckungsgeschehen zunächst technische und organisatorische Maßnahmen wie den Umbau des Bühnenraums und Anpassungen bei den aufzuführenden Stücken ergriffen, diese aber als nicht als ausreichend erachtet. Sie habe sodann – auch um den rechtlichen Vorgaben zum Infektionsschutz zu genügen – mit wissenschaftlicher Unterstützung ein Hygienekonzept erarbeitet, das für Personen aus der Gruppe der Orchestermusiker PCR-Tests alle ein bis drei Wochen vorsah. Hierdurch sollte der Spielbetrieb ermöglicht und die Gesundheit der Beschäftigten geschützt werden.

Nach BAG-Ansicht entsprachen die auf diesem Konzept beruhenden Anweisungen auch dem erforderlichen „billigen Ermessen“. Der mit der Durchführung der Tests verbundene minimale Eingriff in die körperliche Unversehrtheit sei verhältnismäßig, so das BAG. Auch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung mache die Testanordnung nicht unzulässig, zumal ein positives Testergebnis mit Blick auf die infektionsschutzrechtlichen Meldepflichten und die Kontaktnachverfolgung ohnedies im Betrieb bekannt werde.

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ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.