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Darf bei Nachtzuschlägen differenziert werden?

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Beschäftigte, die nachts arbeiten, erhalten dafür üblicherweise einen Lohnzuschlag. Eine tarifliche Regelung, die Mitarbeitenden, die einmal pro Woche nachts arbeiten, einen höheren Zuschlag pro Nachtschicht gewährt als Beschäftigten, die mehrmals pro Woche nachts arbeiten oder Nachtarbeit in Wechselschicht leisten, verstößt gegen das Prinzip der Gleichbehandlung. Das hat das Bundesarbeitsgericht jüngst entschieden (BAG, Urteil vom 15. November 2023, Aktenzeichen 10 AZR 163/23) und somit eine spezielle Form der Tarifregelung für nicht rechtens erklärt.

Die Tarifregelung, um die es ging, sieht eine Staffelung der Zuschläge für Nachtarbeit vor: 50 Prozent für einmalige Nachtarbeit in der Woche, 30 Prozent für mehrmalige Nachtarbeit in der Woche und 25 Prozent für Nachtarbeit in Wechselschicht mit wöchentlichem Wechsel.

Kein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung

Das BAG entschied, dass die tarifliche Staffelung der Nachtzuschläge im vorliegenden Fall gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt und hob damit das Urteil der Vorinstanz auf. Angestellte, die Wechselschichtarbeit in der Nacht, mehrmalige Nachtarbeit in der Woche oder einmalige Nachtarbeit leisten, seien miteinander vergleichbar, befand das BAG. Die unterschiedliche Behandlung bei den Zuschlägen sei deshalb nicht durch einen aus dem Tarifvertrag erkennbaren sachlichen Grund gerechtfertigt.

Laut dem Arbeitgeber seien die Arbeitnehmenden die einmalige Nachtarbeit in der Woche und Nachtarbeit in Wechselschicht bei wöchentlichem Wechsel verrichteten, nicht miteinander vergleichbar. Das Unternehmen hatte deshalb angelehnt, in allen Fällen der Nachtarbeit dieselben Zuschläge zu zahlen. Der höhere Zuschlag solle kompensieren, dass die betroffenen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen die Möglichkeit verlieren, über ihre Freizeit zu disponieren, argumentierte der Arbeitgeber. Außerdem sei die Teilhabe am sozialen Leben, etwa die Organisation der Kinderbetreuung, bei unregelmäßiger Nachtarbeit wesentlich schwerer zu organisieren.

Was bedeutet „unregelmäßig“

Zwar ist es grundsätzlich erlaubt, den Aspekt der schlechteren Planbarkeit bei der Höhe des Zuschlags zu berücksichtigen und denjenigen mehr zu zahlen, die unregelmäßig Nachtarbeit leisten. Nach Ansicht des BAG hat dieser Aspekt im Manteltarifvertrag, um den es hier ging, aber keinen Niederschlag gefunden. Es sei nicht erkennbar, dass es sich bei einmaliger Nachtarbeit in der Woche ausschließlich um unregelmäßige Nachtarbeit handelt. Auch aus den übrigen Regelungen des Manteltarifvertrags ist nach Auffassung des BAG nicht ersichtlich, dass einmalige Nachtarbeit in der Woche nicht regelmäßig oder sogar dauerhaft anfallen kann.

Die Rolle des Gesundheitsschutzes

Auch der Aspekt des Gesundheitsschutzes konnte die unterschiedlich hohen Zuschläge nicht rechtfertigen. Anerkannt sei, dass Nachtarbeit umso schädlicher ist, in je größerem Umfang sie geleistet wird, so das BAG. Aufeinanderfolgende Nachtschichten seien besonders schädlich, obwohl sich Arbeitnehmer typabhängig unterschiedlich gut an die Nachtarbeit anpassen. Insofern können Gesundheitsschutzaspekte die im Tarifvertrag vorgenommene Differenzierung, die Beschäftigten mit einmaliger Nachtarbeit pro Woche einen höheren Zuschlag gewährt, sachlich nicht rechtfertigen.

ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.