Wir haben für Teil 10 unserer Kolumne “So ist’s Arbeitsrecht” mit Peter Krebühl, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei Krebühl Biere Rechtsanwälte, gesprochen.
Personalwirtschaft: Mit Bekanntwerden der sexuellen Beziehungen in der Bild-Redaktion fragen sich Unternehmen einmal mehr, wie dadurch entstehende Interessenkonflikte und Missbrauchsfälle vermieden werden können. Können Beziehungen zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden verboten werden?
Peter Krebühl: Nur sehr schwer. Vor allem stellt sich die Frage, ob Arbeitgeber so etwas überhaupt regeln sollten: Natürlich müssen auch im Arbeitsverhältnis alle Vorgaben zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung eingehalten werden. Insbesondere muss klar sein, dass ein Über-/Unterordnungsverhältnis nicht zur Anbahnung einer Beziehung ausgenutzt werden darf. Aber häufig unterbinden entsprechende Verboten und Richtlinien auch Verhalten, das rechtlich zulässig und völlig unproblematisch ist. Und es gibt leider auch Richtlinien, die schlicht unrealistisch sind, das betriebliches Zusammenleben nicht ordnen, sondern eher erschweren.
Können Sie Beispiele nennen?
Um eine solche Regel ging es beim relativ bekannten Walmart-Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf. Es betraf eine Ethikrichtlinie, die etwa ein Flirtverbot beinhaltete. In der Praxis weiß doch aber niemand so recht, wo flirten anfängt und aufhört. Zudem wurde die Beteiligung des Betriebsrates vernachlässigt, weshalb die Richtlinie vor Gericht auch keinen Bestand hatte.
Versuchen Unternehmen häufig, so etwas zu regeln?
Nein. Es gibt allerdings Firmen, die jegliche Art von Komplimenten verbieten, die nicht das Arbeitsverhältnis betreffen. Ich befürchte, dass durch so eine Ethikregelung der Austausch sehr verkrampft wird, denn ein „Tolle neue Jacke, warst du shoppen?“ ist dann auch nicht mehr möglich. Plumpe Verbote, die nicht mit der betrieblichen Realität abgeglichen wurden, werden ohnehin eher ignoriert.
Regelungsbedarf sehen viele Unternehmen auch bei tatsächlichen Beziehungen zwischen zwei Beschäftigten im gleichen Unternehmen. Können hier Regelungen für den betrieblichen Umgang getroffen werden?
In solchen Fällen hat der Arbeitgeber nicht nur ein Interesse daran, dass durch die Beziehung keine Nachteile für Kollegen entstehen, sondern auch keine Vorteile für die beiden Angestellten in der Beziehung. Das gilt umso mehr, wenn eine der beiden Personen eine Leitungsposition inne hat und die andere plötzlich erstaunliche Karrieresprünge hinlegt. Dass Unternehmen da Richtlinien aufstellen, ist völlig in Ordnung. Sie zielen aber nicht auf die Beziehung als solche, sondern auf etwaige Interessenskonflikte und Sicherungsmechanismen ab.
Welche Sicherungsmechanismen kann es geben?
Recht nahe liegt eine Versetzung einer der beiden Liebenden in eine andere Abteilung. Spielen die beiden dabei nicht mit, wird es allerdings schwierig. Schließlich könnte so etwas auch als Bestrafung empfunden werden, wenn es gar nicht zu einer Benachteiligung der Kollegen kam und er oder sie sich völlig korrekt verhalten hat. Im Idealfall regelt man zum Beispiel in einer Compliance-Richtlinie den Umgang im Falle solcher Interessenkonflikte. So wird nicht nur anlassbezogen für Einzelne entschieden, sondern es gibt klare Regeln, die immer zur Anwendung kommen. Aber auch sonst sollte zumindest geklärt werden, inwiefern die Personen zum Beispiel Rechnungen des anderen gegenzeichnen und ob eine unabhängige Prüfung noch gewährleistet werden kann.
Gibt es wirksame Richtlinien dazu, dass eine innerbetriebliche Beziehung in der Personalabteilung gemeldet werden muss?
Dazu gibt es meines Wissens zwar verschiedentlich Ansätze, aber auch das ist in der Praxis sehr schwer zu definieren. Denn es fängt ja schon bei der Frage an, ab wann genau ein Paar sich melden muss. Wann spricht man schon von einer Beziehung? Am Ende ist auch das Privatsache der Beschäftigten.
Gesine Wagner ist hauptverantwortlich für die Themen Arbeitsrecht, Politik und Regulatorik und ist Ansprechpartnerin für alles, was mit HR-Start-ups zu tun hat. Zudem schreibt Sie über Recruiting und Employer Branding.