Ein Kirchenmusiker hatte Anfang Februar 2023 eine außerordentliche Kündigung von seinem Arbeitgeber erhalten, einer Kirchengemeinde, bei der er seit mehr als 15 Jahren beschäftigt war. Der Anlass: Der Mann war unentschuldigt nicht zu einer Trauerfeier erschienen. Auch hatte er im Jahr 2022 bereits mehrere Abmahnungen erhalten. Gegen die Kündigung hatte er Klage eingereicht. Nun hat er vom Arbeitsgericht Lübeck Recht erhalten.
Der Musiker hatte vier Tage vor einer Trauerfeier im Gemeindebüro verbindlich zugesagt, die musikalische Begleitung zu übernehmen. Am gleichen Tag unterrichtete der Pfarrer den Musiker über die ausgewählten Lieder: per Anrufbeantworter. Doch am Tag der Trauerfeier im Dezember 2022 erschien der Kläger nicht an seinem Arbeitsplatz. Auch telefonisch war er nicht erreichbar. Der Bitte um Rückruf kam er nicht nach. Erst drei Tage später entschuldigte sich der Mann bei seinem Arbeitgeber. Als Grund für sein Nichtkommen zur Trauerfeier nannte er einen „anhaltenden Dauereinsatz für ein Kindermusical“. Die Kirchengemeinde kündigte dem Mitarbeiter nach Anhörung im Gemeinderat außerordentlich. Aus ihrer Sicht zeichnete sich das Verhalten des Mannes durch Vorsatz aus.
Vor Kündigung konkretes Fehlverhalten abmahnen
Das sieht das Arbeitsgericht Lübeck anders. Es urteilte, dass die Pflichtverletzung für die ausgesprochene fristlose Kündigung nicht ausreiche. Zwar sei das Fehlverhalten nicht das erste des Kirchenmusikers gewesen: Drei Abmahnungen hatte der 61-Jährige innerhalb weniger Monate erhalten, allerdings wegen anderer Sachverhalte. Daher könnten diese „nicht zur Begründung der Kündigung herangezogen werden“, so das Gericht. Die Gemeinde hätte zunächst das konkrete Verhalten des Fernbleibens abmahnen müssen. Zudem sei zu erwarten, dass der Musiker sein Verhalten künftig ändere, so die Auffassung der Richter. Diese waren auch „nicht überzeugt, dass der Kläger den Termin vorsätzlich verpasst“ habe.
Darüber hinaus führte die lange Beschäftigungsdauer zum Ausschluss der ordentlichen Kündigung: Der Mann ist nach dem Tarifvertrag kirchlicher Arbeitnehmer (KAT) angestellt. Dieser schließt eine ordentliche Kündigung nach dieser langen Dauer des bestehenden Arbeitsverhältnisses aus (§ 27 Abs. 3 KAT). Der Musiker ist somit weiterhin bei der Gemeinde zu beschäftigten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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Info
Arbeitsgericht Lübeck, Urteil vom 15.06.2023, Aktenzeichen: 1 Ca 323 öD/23
Kirstin Gründel beschäftigt sich mit den Themen Compensation & Benefits, Vergütung und betriebliche Altersvorsorge. Zudem kümmert sie sich als Redakteurin um das Magazin "Comp & Ben". Sie ist redaktionelle Ansprechpartnerin für das Praxisforum Total Rewards.

