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Bayer & Co.: So gehen Konzerne beim Stellenabbau vor

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Trotz Fachkräftemangels haben bereits 2023 etwa SAP und zahlreiche andere Tech-Unternehmen begonnen, Personal abzubauen. Dieser Trend geht 2024 weiter. Bayer, Volkswagen, Bosch und ZF Friedrichshafen – sie alle haben angekündigt, tausende Stellen zu streichen. Ihre Beispiele zeigen, wie Unternehmen die Restrukturierung möglichst sozialverträglich und mitarbeiterfreundlich zu gestalten versuchen.

ZF Friedrichshafen

Die Ausgangssituation: Der Autozulieferer ZF Friedrichshafen will in den kommenden sechs Jahren 12.000 Stellen in Deutschland streichen. Das macht etwa ein Viertel aller ZF-Arbeitsplätze im Inland aus. Ein hoher Spardruck aufgrund der schwachen Konjunktur und der Transformation zu elektrischen Antrieben habe das Unternehmen laut Arbeitgeberseite zu diesem Schritt gezwungen. Medienberichten zufolge soll ZF zuletzt auf rund 11 Milliarden Euro Schulden sitzen – auch weil Kooperationspartner wie BMW, Mercedes-Benz und VW nicht die ursprünglich bestellten Mengen abgenommen hatten, da sie sich ebenfalls in einer wirtschaftlich beeinträchtigten Lage befinden.

Das Vorgehen: Den Stellenabbau möchte der Konzern über den Eintritt vieler Mitarbeitenden ins Rentenalter, dem Auslaufenlassen befristeter Verträge und einer Verringerung der Zeitarbeit erreichen. Die natürliche Fluktuation sowie eine Verlagerung bestimmter Aufgaben ins kostengünstige Ausland sollen dem Unternehmen zudem dabei helfen, Personal abzubauen.

Bayer

Die Ausgangssituation: Der Chemie- und Pharmakonzern hat jüngst bekannt gegeben, einen „erheblichen Personalabbau“ vollziehen zu wollen. Um wie viele Stellen genau es sich handelt, ist unklar. Das Unternehmen betont, dass dies vor allem an der Einführung einer neuen Unternehmensstruktur liegt. Gleichzeitig ist nicht von der Hand zu weisen, dass Bayer wirtschaftlich nicht die beste Zeit durchlebt. Im Pharmageschäft hat der Konzern seit längerem kein Medikament neu auf den Markt gebracht, das sich zum Kassenschlager entpuppt hat. Im Agrargeschäft leidet der Konzern unter Milliardenkosten für US-amerikanische-Rechtsstreitigkeiten rund um mögliche Krebsrisiken glyphosathaltiger Mittel.

Das Vorgehen: Bayer-Chef Bill Anderson will im Unternehmen die Organisationsstruktur „Dynamic Shared Ownership“ einführen. Es sollen Führungspositionen und Verwaltungsstellen wegfallen, um Entscheidungsprozesse zu beschleunigen und agiler zu arbeiten. Er verspricht sich damit die operative Performance zu steigern. Den erheblichen Personalabbau will der Konzern eigenen Aussagen nach so „sozialverträglich wie möglich“ gestalten. „Neben einer attraktiven Abfindung zu marktgerechten Konditionen können Betroffene bei Bedarf nötige Unterstützung und Zeit für persönliche Orientierung erhalten, um möglichst rasch wieder eine neue Beschäftigung zu finden“, sagt Barbara Gansewendt, Vorsitzende des Konzernsprecherausschusses, der die Interessen der Leitenden Angestellten vertritt, in einer Unternehmensmitteilung.

Dafür arbeitet das Unternehmen mit einer sechsmonatigen Bedenkzeit, in der die gekündigten Führungskräfte vom Unternehmen durch „zielgerichtete Angebote zur Positionierung und externen Vermittlung“ dabei unterstützt werden, schnell eine externe Stelle zu finden. Bayer bietet ihnen auch für eine Länge von zwölf Monaten Qualifizierungsmaßnahmen für den externen Arbeitsmarkt. Bis Ende 2026 kann der Konzern allerdings niemandem kündigen, wenn es die besagte Person zu den Bedingungen nicht möchte. Bis zu dem Zeitpunkt gilt bei Bayer eine allgemeine Beschäftigungssicherung.

Bosch

Die Ausgangssituation: Der Übergang zur Elektromobilität und die schwache Weltwirtschaft setzen Bosch zu. Auch deshalb baut der Konzern in der nahen Zukunft bis zu 1.500 Stellen in seiner Antriebssparte ab. Davon sind Jobs in der Entwicklung, der Verwaltung und im Vertrieb betroffen.

Das Vorgehen: Bosch fährt beim Stellenabbau zweigleisig. Zum einen setzt das Unternehmen auf die interne Vermittlung von betroffenen Mitarbeitenden in andere Bereiche und will ebendiese Beschäftigte durch Weiterbildungsprogramme für Wachstumsbereiche qualifizieren. Zum anderen will der Konzern mittels Vorruhestandsregelungen und freiwilligen Aufhebungsvereinbarungen Stellen abbauen. Betriebsbedingt kann den knapp 80.000 Bosch-Beschäftigten allerdings bis Ende 2027 nicht gekündigt werden. Bis dahin gilt im Konzern eine Beschäftigungssicherung.

Volkswagen

Die Ausgangssituation: Der Automobilkonzern will 2026 10 Milliarden Euro einsparen. Grund dafür ist die angespannte wirtschaftliche Lage der Automobilindustrie. „Viele Märkte sind massiv unter Druck, unsere Auftragseingänge, besonders bei den Elektroautos, liegen unter unseren ambitionierten Erwartungen“, wird Thomas Schäfer, Chef der Marke Volkswagen Pkw vom NDR zitiert. Und weiter: „Mit vielen unserer bisherigen Strukturen, Prozessen und hohen Kosten als Marke VW sind wir nicht mehr wettbewerbsfähig.“

Das Vorgehen: Wie viele Stellen bei VW wegfallen sollen, ist unklar. Fest steht allerdings, dass es sich dabei überwiegend um Jobs in der Verwaltung handeln soll. Laut Personalvorstand Gunnar Kilian sollen vor allem Altersteilzeit und Ruhestandregelungen in den kommenden Jahren „maximal genutzt werden“. Einstellungsstopps gibt es bereits in einigen VW-Werken. Kilians Tenor: „Wir müssen mit weniger Personal auskommen, um zukunftsträchtiger Arbeitgeber zu bleiben“, zitiert der NDR Kilian.


Wie erfolgreich die Konzerne mit ihren jeweiligen Strategien sind, wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Interessant wird auch zu sehen sein, ob trotz des Stellenabbaus an anderen Stellen im Unternehmen verstärkt neue Positionen eingeführt werden. Diesen Balance-Akt zu halten und glaubwürdig an bestehende Mitarbeitende und potenzielle neue Beschäftigte zu kommunizieren, dass zwar Tausenden Menschen der Belegschaft gekündigt wird, während andere eingestellt werden, wird wohl eine große Herausforderung für HR in den besagten Unternehmen sein.

Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.