Die Rechnung erscheint logisch: Wenn es mehr öffentliche Kitaplätze gibt, können Mütter schneller wieder arbeiten gehen und haben damit auch eine erhöhte Chance, trotz Kind Karriere zu machen. Dass diese Kalkulation nicht ganz aufgeht, zeigen nun Forschungsergebnisse der Wissenschaftlerinnen Geske Rolvering von der Universität Passau und Katrin Huber, Universität Potsdam. Demnach sorgt zwar ein größeres Angebot an Kinderbetreuung dafür, dass mehr Mütter schneller nach der Geburt wieder ihrem Beruf nachgehen. Allerdings tun dies die meisten von ihnen in Teilzeit. Das zieht wohl auch meist mit sich, dass besagte Mütter keine verantwortungsvollen Tätigkeiten oder Führungspositionen übernehmen.
Im Detail sehen die Ergebnisse folgendermaßen aus: In Regionen, in denen es mehr Kitaplätze gibt, kehren Mütter zwei Jahre nach der Geburt zu einer 5,5 Prozentpunkten höheren Wahrscheinlichkeit zurück in den Beruf als in Regionen mit einer dünneren Betreuungsabdeckung. In den Gebieten mit einer hohen Anzahl an Kitaplätzen arbeiten die Mütter zu einer 4,6 Prozentpunkte höheren Wahrscheinlichkeit in Teilzeit. Auf die Anzahl der Mütter, die in Vollzeit tätig sind, wirkt sich das Angebot an Kinderbetreuung nicht aus.
Einkommensverlust ist geringer
Unabhängig vom Angebot an Kitaplätzen verzeichnen die Mütter in den ersten zehn Jahren nach der Geburt ihres Kindes im Vergleich zu ihrer vorherigen Vergütung grundsätzlich einen Einkommensverlust. Er ist bei Müttern, deren Kinder einen Kitaplatz haben, nach dem ersten Lebensjahr ihres Kindes lediglich geringer als bei den Frauen, die keine Kinderbetreuung in Anspruch nehmen können – und zwar um 4,3 Prozentpunkte.
Keinen Effekt hat das Angebot an Kitaplätzen laut der Forschung der beiden Wissenschaftlerinnen auf die Wahrscheinlichkeit, dass Mütter ihren Arbeitgeber oder den Beruf wechseln. Ebenfalls wirkt sich die Verfügbarkeit der Kinderbetreuung nicht auf die Karriereentwicklung der Mütter aus.
Das Resümee der Forscherinnen: „Unsere Ergebnisse sind keinesfalls so zu deuten, dass öffentliche Kinderbetreuung nichts bringt. Vielmehr braucht es offenbar im deutschen Kontext weitere Anstrengungen auf mehreren Ebenen, um die Gleichstellung der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt voranzutreiben.“
Info
Die Datengrundlage
Rolvering und Huber haben mithilfe von mikroökonometrischen Methoden Daten von Müttern in Westdeutschland analysiert, die zwischen 2005 und 2019 ihr erstes Kind zur Welt gebracht haben. Für die Einordnung von Regionen, in denen es tendenziell mehr Kitaplätze gibt, und solche, in denen das Angebot schlechter ausfällt, haben sie analysiert, wie schnell die Landkreise auf die zwischen 2005 und 2008 stattgefundenen familienpolitischen Reformen, die auch für einen Ausbau an öffentlicher Kitaplatzbetreuung sorgten, reagierten. Um die Arbeitsmarktsituationen der Frauen wiederzugeben, werteten Rolvering und Huber Sozialversicherungsdaten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Daten aus der Erwerbstätigenbefragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sowie Daten des Bundesinstituts für Berufsbildung aus dem Jahr 2018 aus.
Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.