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Full Flex Office bei Vodafone: Von Homeoffice im Ausland und Ergebniskultur

Vodafone Schriftzug.
Vodafone hat am 1. Oktober das Full Flex Office eingeführt. Foto: Tobias Arhelger/AdobeStock

Das Telekommunikationsunternehmen Vodafone führt eine Ergebniskultur ein. Der Plan: Mit dem sogenannten Full Flex Office, können die Mitarbeitenden frei entscheiden, wann sie von wo aus arbeiten. Damit sollen in der Unternehmenskultur nicht mehr Prozesse wichtig sein, sondern die Arbeitsergebnisse. Wie die Mitarbeitenden dort hingekommen sind, spielt nur noch eine untergeordnete Rolle. Pressesprecherin Dr. Ute Brambrink erklärt, wie der Wandel vollzogen werden soll. Eine Basis gab es bei Vodafone schon. Denn bereits seit Ende 2012 arbeiteten konnten die Vodafone-Mitarbeitenden bis zu 50 Prozent von zu Hause aus arbeiten, wenn sie es denn wollten. 2020 machte es dann die Pandemie erforderlich, die Homeoffice Regelung unternehmensweit auf „full remote“ auszuweiten. Auch die Vodafone-Shops wurden geschlossen, nur noch die nötigsten Wartungs- und Anschlussarbeiten wurden vom technischen Personal umgesetzt.

„Die Corona-Pandemie warf die Frage auf, ob wir noch den Arbeitsplatz der Zukunft leben, oder uns weiterentwickeln müssen“, erklärt Ute Brambrink, den Ursprung des Projektes. „Wir kamen zu dem Schluss, dass wir weitergehen wollen. Und um die für uns beste Lösung zu finden, haben wir unsere Mitarbeitenden gefragt. Das Ergebnis ist, dass sie nun frei entscheiden können, wann sie von wo arbeiten.“ Am 1. Oktober hat Vodafone sein umfangreiches Projekt eingeführt. Zuvor wurde es seitens HR über eindreiviertel Jahr geplant und vorbereitet. Es soll die Unternehmenskultur maßgeblich beeinflussen. Das sogenannte „Full Flex Office“ basiert auf einer neuen Betriebsvereinbarung, die 15.000 Mitarbeitenden Autonomie über den Arbeitsalltag gewährt. Auch Angebote rund um das Thema „digitales Führen“, „Gesundheit“ und die Möglichkeit, bis zu 20 Tage pro Jahr aus dem EU-Ausland zu arbeiten, gehören dazu.

Denn es gibt Führungskräfte und Mitarbeitende, die sich an die  neue Art des Arbeitens gewöhnen müssen. Zudem muss im Homeoffice auch auf  gesundheitliche Aspekte geachtet werden, damit der falsche Stuhl oder zu wenig Bewegung nicht zum Problem werden. Auch gibt es Mitarbeitende, die sich allein fühlen und mehr persönliche Kontakte wünschen. Deshalb ist es wichtig, nicht nur den Wunsch der Mitarbeitenden nach mehr Flexibilität zu erfüllen, sondern auch die Rahmenbedingungen für ein gutes „Full Flex Office“ zu bieten.

Großer Wunsch nach Selbstbestimmung

In mehreren Umfragen, die zusammen von der Unternehmensleitung und HR, dem Betriebsrat sowie von Betriebsärzten aufgesetzt wurden, kristallisierte sich heraus, dass Mitarbeitende gerne selbstbestimmt arbeiten – auch was die Arbeitszeit und den -ort betrifft. „Mit unserer neuen Regelung kommen wir allen Wünschen nach. Denen, die ausschließlich oder fast ausschließlich Homeoffice wünschen und denen, die nur zu bestimmten Teilen oder gar nicht remote arbeiten wollen“, erklärt Brambrink. Grundsätzlich gelte: „Alles ist okay, egal ob Du mittags eine Stunde spazieren gehst, ob Du lieber abends oder aus dem EU-Ausland arbeiten möchtest, Hauptsache, das Arbeitsergebnis stimmt und Dir geht es gut.“

Gute Leistungen trotz der Pandemie

Während der durch Corona bestimmten Homeoffice-Zeit habe Vodafone gute Erfahrungen gemacht was die Produktivität angeht, sagt die Pressesprecherin: „Wir haben gesehen, das die Arbeitsergebnisse gleich, wenn nicht sogar besser geworden sind, als in der Vor-Corona-Zeit.“ Zusätzlich wirke sich insbesondere das Vertrauen der Führungskräfte und die Möglichkeit positiv auf die Mitarbeitenden aus, ihren Arbeitsalltag und das Privatleben besser koordinieren zu können. „Wenn Führungskräfte den Mitarbeitenden Vertrauen schenken, werden sie intrinsisch motiviert und vertrauen ihrerseits auch den Führungskräften“, so Brambrink. Dadurch würden die Mitarbeitenden an das Unternehmen gebunden, weil sie sich gut aufgehoben und geschätzt fühlten, sagt sie.

Führungskräfte in einer neuen Rolle

Das hinge allerdings auch stark von den Führungskräften ab. Der Telekommunikationsanbieter sieht vor allem die Führungskräfte in der Pflicht und in der Rolle, ihren Führungsstil an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Denn die Führungskräfte seien mehr als je zuvor das Bindeglied zwischen Unternehmen und den Mitarbeitenden. Generell gilt für alle Kolleginnen und Kollegen, dass sie durch Videocalls nicht selten in das private Umfeld der Mitarbeitenden eintauchen und zum Beispiel Wohnzimmer, Küchen, Kinder und Haustiere sehen.

Deshalb nutzt Vodafone einen großen Teil seines 5 Millionen Euro-Weiterbildungsbudget, um Führungskräfte dabei zu unterstützen und für das hybride Arbeiten sowie ihre neue Rolle als Betreuer, Coach und Befähiger der Mitarbeitenden fortzubilden. „Allen Führungskräften wird nahegelegt, eine einjährige Schulung zu absolvieren, in denen sie lernen, wie sie stärker auf die Bedürfnisse der einzelnen Mitarbeitenden eingehen, sich nach ihrem Wohlbefinden erkundigen, zusammen mit ihren Teams Regeln, beispielsweise zu den Kernarbeitszeiten, aufstellen und sie zum optimalen Arbeiten befähigen“, erklärt Brambrink.

Hin zur Ergebniskultur

Aber nicht nur die Führung steckt im Unternehmen in der Transformation. „Auch unsere Unternehmenskultur wird weiter transformiert“, erklärt Brambrink. „Wir haben schon in den letzten rund neun Jahren den Weg von der Präsenz- zur Ergebniskultur beschritten. Nun erweitern wir dieses nochmal. Bei uns zählt das Arbeitsergebnis und wir stellen unsere Mitarbeitenden in den Mittelpunkt.“ Dabei soll alles so unbürokratisch wie möglich ablaufen, die Teams sollen sich selbst organisieren. Mitarbeitende wiederum müssten diese neue Verantwortung annehmen und ihrerseits das Selbstbewusstsein entwickeln „ihren Mund aufzumachen“. „Sie müssen sagen, was sie zum Arbeiten brauchen, egal ob es um technische Ausrüstung, Probleme oder die Arbeitszeit ginge“, sagt sie.

Ganz so frei sind die Mitarbeitenden in ihrer Wahl dann aber doch nicht. Jeder Mitarbeiter und jeder Mitarbeiterin sollte hin und wieder ins Büro kommen. Führungskräfte könnten Mitarbeitende mit zweiwöchiger Vorlaufzeit bei wichtigen Terminen in das Unternehmensbüro bitten: „Wir sind uns  sicher, dass die Unternehmenskultur vor allem in persönlichen Treffen gespürt wird und dass die Menschen ihre Kolleginnen und Kollegen in Präsenz sehen möchten. Der Mensch ist nun mal ein soziales Wesen“, so Brambrink.

Fokusthema Mitarbeitergesundheit

Zum Full-Flex-Office-Paket gehören auch Gesundheitsangebote für die Mitarbeitenden. Die beiden Betriebsärztinnen und ihr 6-köpfiges Team auf dem Unternehmens-Campus in Düsseldorf bieten Sehtest, Grippe- und Corona-Schutz-Impfungen sowie diverse andere Vorsorgeuntersuchungen an. Zudem werden Online Vorträge zum Beispiel zum Thema Sitzen und virtuelle Sprechstunden angeboten. An den anderen Standorten werden durch externe Betriebsärzte ebenfalls diverse Vorsorgeuntersuchungen, virtuelle Sprechstunden und Online Vorträge angeboten.

Unter dem Slogan #bekindtoyourself will HR bei Vodafone die Mitarbeitenden dazu ermutigen, auf sich selbst zu achten und Bedürfnisse zu kommunizieren. Wer beispielsweise eine Pause von der Arbeit braucht und einen ausgedehnten Spaziergang macht, wird dazu eingeladen, ein Foto davon unter dem Hashtag zu posten. „Auch der Vodafone-Deutschland CEO Hannes Ametsreiter macht mit“, sagt Brambrink.

Unterstützung der Mitarbeitenden im mobilen Office

Rechtlich gesehen arbeiten die Mitarbeitenden im „Full Flex Office“ mobil und damit nicht an Heimarbeitsplätzen, die einer genauen Regulation unterliegen. Dafür wurde zusammen mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung aufgesetzt. „Außerdem wurde für alle Mitarbeitenden ein umfassender Versicherungsschutz abgeschlossen, der auch beim berüchtigten Stolpern über das Lan-Kabel greift, und eine Arbeitsunfähigkeitsversicherung, die Vodafone für alle Mitarbeitenden abschließt und bezahlt“, sagt die Unternehmenssprecherin. „Vodafone finanziert zudem die Büroausstattung des Homeoffices und in Kürze auch den Internetanschluss.“ Ihr eigens gewähltes Büro könnten Mitarbeitende auch im EU-Ausland aufbauen und somit aus dem Ausland arbeiten. Allerdings nur für maximal 20 Tage im Jahr. Ein länger eingerichtetes Homeoffice im Ausland würde sonst die Regelung der Sozialabgaben verkomplizieren.  

Mehr Collaboration Hubs

Die zwar nicht verwaisten, aber leerer gewordenen Büros gestaltet das Unternehmen um: „Natürlich bleiben noch Schreibtische stehen, es gibt jetzt und in Zukunft aber mehr Flächen, die den kreativen Austausch fördern und mit Sofas, Sesseln, Schreib-Boards sowie technischen Voraussetzungen ausgestattet sind“, erklärt Ute Brambrink.

Fazit

Aus der Belegschaft vernehme HR größtenteils nur positives Feedback. Die Mitarbeitenden fühlen sich ernst genommen und freuen sich über die neue Flexibilität und die neue selbstbestimmte Arbeitsweise. Auch die Möglichkeit, remote aus dem Ausland zu arbeiten, nehmen die Mitarbeitenden als positiv wahr.

Tim Stakenborg verantwortet die Heftplanung des Magazins Personalwirtschaft. Zudem betreut er das Thema Aus- und Weiterbildung (inklusive MBA und E-Learning) und beschäftigt sich mit dem Bereich Employee Experience und Retention.