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„Gute Führungskräfte zeichnen sich durch Selbstreflexion aus“

Personalwirtschaft: Herr Bergstein, was macht für Sie gute Führung aus?
Jens Bergstein:
Gute Führung basiert auf dem Wunsch, Zusammenarbeit und Wertschöpfungsprozesse nachhaltig zu verbessern und Personal zu führen. Dabei ist es wichtig, den Verbesserungsprozess nie als abgeschlossen zu begreifen. Führungskräfte sollten immer eine hinterfragende Rolle einnehmen, sowohl was den Status quo der Prozesse als auch was das eigene Verhalten und die eigenen Werte betrifft.

Wieso sollten sie das?
Wer gegen seine eigenen Werte in puncto Zusammenarbeit und Kommunikation handelt, wird dadurch weniger kraftvoll und sogar austauschbar. Diese Person entwickelt Führungsfrust. Wer in Führungssituationen mit sich selbst verbunden bleibt und die eigenen Werte für sich spürbar einbringt, lebt Führungslust. Die Lust zu führen, geht dann tatsächlich durch den eigenen Körper, ist für andere erkennbar und inspiriert und motiviert Mitarbeitende und Kollegen.

Sie schreiben dem Körper beim Führen, Lernen und bei der Führungskräfteentwicklung ja eine besondere Rolle zu …
Obwohl unser Körper die Quelle für unsere Emotionalität und damit wichtiger Input für unsere Bewertungen ist, beachten wir ihn oftmals wenig. Um als Führungskraft Seniorität aufzubauen, reicht deshalb eine Reflexion auf der rationalen Erkenntnisebene nicht aus. Das ist wie im Sport: wenn ich theoretisch weiß, wie meine neue Vorhand oder der Golfabschlag geht, kann ich dieses Wissen noch lange nicht praktisch umsetzen.

Was heißt das konkret für die Führungskräfteentwicklung?
Wir müssen bestimmte Führungssituationen mit unseren Körper trainieren, damit wir die gewünschte Führungsweise zu gegebener Zeit abrufen können. Dazu gehört etwa die Körpersprache im Personalgespräch. Durch Bodyhacks auf Basis erprobter Embodimentmethoden, können Führungskräfte ihren Körper als Resonanzinstrument einsetzen, um herauszufinden, welche Art der Kommunikation ihnen liegt, oder welche Werte im Alltag ein gutes Bauchgefühl hinterlassen. So aktivieren Führungskräfte ihre eigene Lebendigkeit in der Führung, werden durchsetzungsfähiger und führen schließlich mit mehr Lust.

„Führung findet immer im Spannungsfeld von Anforderungen von außen sowie von innen durch die Führungskraft an sich selbst statt.“

Jens Bergstein

Sie sprechen viel von Eigenverantwortung und Selbstwahrnehmung – auch in Ihrem neuen Buch „Self-Empowered Leadership – Führungslust statt Führungsfrust“, das Sie mit Julius Lassalle und Felicitas Ritter geschrieben haben. Was hat es mit Ihrem Ansatz des Self-Empowered Leadership auf sich?
Self-Empowered Leadership steht für Verantwortungsübernahme für mich und meine Führungssituation. Führung findet immer im Spannungsfeld von Anforderungen von außen sowie von innen durch die Führungskraft an sich selbst statt. Zum Beispiel gilt es im Kerngeschäft effizient zu führen, um Produktionsziele zu realisieren. Gleichzeitig können Kreativität und der Wille, Neues zu schaffen, wichtige persönliche Werte einer Führungskraft sein, was vorerst nicht effizienter ist. Im Arbeitsalltag entstehen immer wieder solche Paradoxien, die es zu lösen gilt.

Und wie hilft Ihr Workbook dabei?
Viele Führungskräfte zeichnen sich durch eine ausgeprägte Selbstreflexion aus und sind ständig auf der Suche nach Sinn in Ihrem Tun. Oft haben sie einen eigenen Leadership-Purpose oder Self-Empowerment Statements, wie wir es nennen. Auf dieser Basis gelingt die eigene Potentialentfaltung besser.

Ihr Fokus liegt auf dem „Lernen durch Selbermachen“ und bedient sich damit einer gängigen Techniken aus der Lerntheorie. Warum?
In der heutigen Welt können und müssen wir uns vor allem auf uns selbst verlassen. Deshalb ist Selbstführungskompetenz so wichtig und diese erlangen wir schlicht durch das Selbermachen. Durch unseren Ansatz leiten wir die Leserinnen und Leser wirkungsvoll an, sich mehr Selbstführungskompetenz für mehr Führungslust zu erarbeiten.

Info

Tim Stakenborg verantwortet die Heftplanung des Magazins Personalwirtschaft. Zudem betreut er das Thema Aus- und Weiterbildung (inklusive MBA und E-Learning) und beschäftigt sich mit dem Bereich Employee Experience und Retention.