Die Zahl der Langzeitarbeitslosen in Deutschland ist gestiegen. Lag sie im Vorkrisenjahr 2019 bei 727.000, gab es 2021 etwas mehr als eine Million Menschen, die länger als ein Jahr keiner bezahlten Arbeit nachgegangen sind. Sie stellen einen Pool an potenziellen Arbeitskräften dar – wenn sie denn benötige Skills für die offenen Positionen mitbringen oder diese durch Aus- und Weiterbildung erlernen. Natürlich müssen sie auch wirklich an einer Stelle interessiert sein und es muss die Bereitschaft der Unternehmen da sein, sie einzustellen.
Wie es um die Bereitschaft der Arbeitgeber steht, zeigt eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die auf einer repräsentativen Unternehmensbefragung des IAB basiert, an der sich jährlich zwischen 11.500 und 20.000 Betriebe und Verwaltungen beteiligen. Das Ergebnis: Der Anteil der Betriebe, die bei der Rekrutierung auch Bewerbungen Langzeitarbeitsloser berücksichtigen, hat im ersten Krisenjahr 2020 geringfügig um 1,2 Prozent zugenommen und liegt bei 39 Prozent.
Langzeitarbeitslose werden weniger stigmatisiert als zuvor
Als Grund für die leicht erhöhte Bereitschaft der Unternehmen, Langzeitarbeitslose einzustellen, mutmaßen die Studienverfasser und -verfasserinnen, dass Unternehmen Langzeitarbeitslosigkeit in Rezessionen etwas stärker auf die nachteilige wirtschaftliche Lage zurückführen und weniger auf ein geringeres Leistungsvermögen besagter Menschen. Das Stigma langzeitarbeitsloser Menschen falle in Krisenzeiten aufgrund einer allgemein höheren Arbeitslosigkeit geringer aus.
Gut jeder zweite Betrieb schließt Langzeitarbeitslose beim Recruiting aus
Demgegenüber stehen allerdings die 54 Prozent der Arbeitgeber, die generell keine neuen Beschäftigten einstellen wollen, die mehr als ein Jahr erwerbslos waren. Und 16 Prozent der Betriebe wollen überhaupt keine Arbeitslosen berücksichtigen.
Von den Unternehmen, die sich prinzipiell gegen die Rekrutierung von Langzeitarbeitslosen aussprechen, räumt jedoch mehr als die Hälfte (55 Prozent) ein, dass sie diese Haltung im Einzelfall revidieren würden, wenn ihnen entsprechende Kandidaten und Kandidatinnen über persönliche oder berufliche Kontakte empfohlen würden.
„Die Bedeutung sozialer Kontakte zeigt, dass die Unsicherheit der Betriebe hinsichtlich des Leistungsvermögens und der Motivation Langzeitarbeitsloser ein wichtiges Einstellungshemmnis darstellt“, sagt Nicole Gürtzgen, Leiterin des Forschungsbereichs „Arbeitsmarktprozesse und Institutionen“ beim IAB. Vorbehalte und Stigmatisierung könnten über persönliche Empfehlungen abgebaut werden.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.