Im öffentlichen Dienst mangelt es aus Sicht zahlreicher Beschäftigter an Wertschätzung seitens der Vorgesetzten. Das zeigt eine aktuelle Studie, für die die Beschäftigten befragt wurden, wie zufrieden sie sind und was sie in ihrem Job hält oder aber ihre Wechselbereitschaft erhöht. Anhand der identifizierten Schwachstellen formuliert die Studie
Handlungsempfehlungen für die Verwaltung.
In den kommenden Jahren werden über 1,3 Millionen der insgesamt 4,9 Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes in den Ruhestand gehen. Derzeit fehlen bereits allein zur Umsetzung der Verwaltungsdigitalisierung mindestens 33.000 IT-Fachkräfte. Dazu kommt Fluktuation auch in die Privatwirtschaft. Daher ist für die öffentlichen Arbeitgeber neben der Rekrutierung auch die Mitarbeiterbindung besonders wichtig. Doch welche Faktoren binden Beschäftigte in der Verwaltung?
Die Studie „Bleibebarometer Öffentlicher Dienst“ ist dieser Frage nachgegangen. Für die Studie der Beratungsagentur Next:Public wurden die Fragebögen von 7.490 Mitarbeitenden aus dem Öffentlichen Dienst in Bund, Ländern und Kommunen ausgewertet. Die Erhebung wurde von der Hertie School wissenschaftlich beraten und begleitet.
Beschäftigte zufriedener mit ihrer Arbeit als mit Arbeitgebern
Immerhin ist mit rund zwei Dritteln die Mehrheit der Beschäftigten in der Verwaltung derzeit mit ihrem Arbeitgeber zufrieden: Fast jeder Zweite (46 Prozent) stimmt eher zu, zufrieden zu sein, und rund jeder Fünfte (19 Prozent) ist sogar sehr zufrieden. Die Zufriedenheit mit dem Arbeitgeber ist allerdings nicht ganz so hoch wie die mit der eigenen Tätigkeit, die insgesamt drei Viertel der Befragten positiv bewerten: 48 Prozent sind zufrieden mit ihrer Arbeit und 28 Prozent sind sehr zufrieden. Auch mit dem Arbeitsklima ist die Mehrheit zufrieden.
Was macht die Arbeitszufriedenheit aus? Für die Mitarbeitenden in der Verwaltung stehen die gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben (92 Prozent), und – nicht erstaunlich – ein sicherer Arbeitsplatz (90 Prozent) ganz vorne auf der Wunschliste. Es folgt der Wunsch zur Weiterentwicklung (82 Prozent), allerdings ist es nur für 60 Prozent wichtig, Karriere zu machen. Für weitere 80 Prozent ist ein hohes Gehalt entscheidend und 74 Prozent möchten mit Ihrer Arbeit einen gesellschaftlichen Beitrag leisten.
Acht von zehn Mitarbeitenden sind wechselbereit
Obwohl die meisten Befragten ihre Zufriedenheit positiv bewerten, können sich 80 Prozent vorstellen, den Arbeitgeber zu wechseln, wobei vor allem jüngere Mitarbeiter offen dafür sind. Altersübergreifend würden mit 48 Prozent die meisten einen neuen Arbeitgeber innerhalb des Öffentlichen Dienstes bevorzugen. Gut ein Viertel (27 Prozent) kann sich sowohl einen Arbeitgeber in der Verwaltung als auch in der Privatwirtschaft vorstellen. Explizit in die Privatwirtschaft würden nur vier Prozent wechseln.
Befragt nach den erwarteten Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in der freien Wirtschaft, nannten die Studienteilnehmer vor allem folgende Aspekte: eine bessere Bezahlung, höhere Flexibilität, eine bessere Ausstattung sowie Anerkennung und Wertschätzung. Am stärksten auf die Wechselbereitschaft wirken sich folgende Faktoren aus: persönliche Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb der Organisation, die Bezahlung, interessante und abwechslungsreiche Aufgaben, respektvolle Vorgesetzte, eine als wichtig empfundene Tätigkeit, das Vorhandensein benötigter Informationen und die Kenntnis der Ziele der eigenen Behörde.
Fehlende Identifizierung und mangelnde Wertschätzung
Zwei Drittel (67 Prozent) der Mitarbeitenden ist es wichtig bis sehr wichtig, sich mit den Zielen und dem Auftrag des Arbeitgebenden zu identifizieren, aber nur 59 Prozent sind diese bekannt. Darunter leidet laut Studie auch die Identifizierung mit dem Arbeitgebenden, was mit einer verminderten Bereitschaft einhergeht, diesen weiterzuempfehlen. Auch die Wechselbereitschaft steigt, wenn die Beschäftigten mit wichtigen Anforderungen nicht zufrieden sind. So fühlt sich nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten (54 Prozent) ausreichend von ihrer Führungskraft wertgeschätzt, was die Bereitschaft, einen neuen Arbeitgebenden zu suchen, deutlich erhöht.
Verbesserungswürdig ist auch die Feedback-Kultur: Lediglich 43 Prozent der Beschäftigten bekommen regelmäßig Lob oder Kritik zu ihrer Leistung. Mehr als ein Drittel (35 Prozent) erhält gar keine Rückmeldungen. Außerdem gibt nur jeder Fünfte an, dass Vorgesetzte individuelle Karrieremöglichkeiten aufzeigen. Das liege jedoch nicht zwangsweise an den Führungskräften, so die Studie, sondern es hapere oft generall an Entwicklungsmöglichkeiten: Jeder zweite Befragte sieht bewertet sie als negativ. Auch der Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten und Freiräumen wird nicht so häufig erfüllt wie erwartet.
Die größte Diskrepanz zwischen gewünschten und tatsächlichen Arbeitsbedingungen besteht hinsichtlich der Berücksichtigung von eigenen Änderungsvorschlägen: Mehr als 80 Prozent der Beschäftigten wünschen sich dies, doch nur 30 Prozent erleben, dass ihre Ideen tatsächlich einbezogen werden. „Das Bleibebarometer zeigt, dass der Öffentliche Dienst die Themen Personalbindung und Steigerung der Zufriedenheit seiner Beschäftigten noch zu häufig vernachlässigt und dadurch wertvolle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verliert. Das Ziel muss sein zukünftig eine wertschätzende Organisationskultur zu verankern und die Beschäftigten individuell zu fördern“, sagt Carsten Köppl, Geschäftsführer von Next:Public und verantwortlich für die Studie.
Handlungsempfehlungen zur Erhöhung der Mitarbeiterbindung
Aus den durch die Befragung gewonnenen Erkenntnissen leitet die Studie Handlungsempfehlungen ab, um die Zufriedenheit und Bindung der Beschäftigten in Verwaltungen zu erhöhen:
- Implementierung individueller Karriereförderung/Talent Management
- Entwicklung wertebasierte Arbeitgebermarken für jede Behörde
- Nachhaltiges Onboarding für eine frühzeitige Mitarbeiterbindung ebenso wie professionelles Offboarding
- Verankerung einer wertschätzenden Organisationskultur
- Ermöglichung von Fortschritt durch Feedback
- Förderung des Austauschs und Ermöglichung von Querwechseln
- Bereitstellung von Fördertöpfen für moderne Arbeitsplätze
- Schaffung einer Stelle für internes Personalmarketing als Ansprechpartner für die Wünsche und Sorgen der Mitarbeiter.
Die vollständigen Studienergebnisse stehen > hier zum Download bereit.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.