Der Zeitpunkt, sich einen neuen Job zu suchen, scheint sich durch die Corona-Krise nach hinten verschoben zu haben. So fiel der fast schon traditionelle Anstieg der Suchanfragen auf der Jobplattform Indeed im vergangenen Jahr deutlich geringer aus als sonst um diese Zeit – und erreichte seinen Höhepunkt erst im März. Diese Entwicklung wird sich vermutlich auch dieses Jahr fortsetzen, heißt es in einem Report des Unternehmens.
Ende 2021 fast 50 Prozent mehr Jobinserate als vor zwei Jahren
Für diesen wertet das „Hiring Lab“ von Indeed regelmäßig die Stellenausschreibungen und Suchanfragen auf der Jobseite aus. Außerdem wurden zuletzt vom 8. bis 18. November 2021 4.000 Menschen im Alter von 18 bis 64 Jahren befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Unternehmen hierzulande zum Stichdatum 31. Dezember 49,2 Prozent mehr Jobinserate veröffentlicht hatten als vor der Krise. Die sonst übliche Weihnachtspause habe in den Personalabteilungen nicht stattgefunden, heißt es.
Höchster Zuwachs in Sozialwesen, HR und bei Fahrdiensten
Der stärkste Zuwachs an Stellenangeboten wurde dabei bei Sozialdiensten und Sozialarbeit verzeichnet: In diesem Bereich stieg die Anzahl der freien Jobs mit 95,6 Prozent gegenüber der Zeit vor Corona fast auf das Doppelte an. Ebenfalls stark zugenommen mit einem Plus von 78 Prozent haben die Stellenausschreibungen im Personalwesen. Bei Fahrdiensten ergab sich mit 76,9 Prozent mehr Inseraten eine ähnliche Entwicklung. Auch in Berufsfeldern, die unmittelbar von den Maßnahmen betroffen waren, wurde eine Zunahme an freien Stellen im Vergleich zum Dezember 2019 registriert; dieser Trend sei inzwischen aber aufgrund der vierten Welle und der bevorstehenden Omikron-Welle wieder rückläufig, so das Hiring Lab. Gegenüber Mitte November des letzten Jahres nahm das Angebot im Bereich Lebensmittelzubereitung, -herstellung, -verkauf und Gastronomie um 4,7 Prozent und im Segment Tourismus, Beherbergung und Veranstaltungen um 4,6 Prozent ab. Allerdings waren in vielen dieser Branchen in den Lockdowns auch zahlreichen Menschen gekündigt worden – die nun wiedereingestellt oder ersetzt werden müssen.
Suchinteresse verlagert sich vom Januar in den März
Gleichzeitig ist seit Anfang 2021 die Tendenz zu beobachten, dass sich das ansonsten hohe Suchinteresse der Deutschen im Januar in die folgenden Monate verlagert. So war im vergangenen Jahr war der März der suchstärkste Monat. Laut Dr. Annina Hering, Ökonomin beim Indeed Hiring Labs, ist der Andrang nach der bisherigen Auswertung auch diesen Januar etwas schwächer. Das sei für Jobsuchende eine gute Nachricht, da der Wettbewerb dann weniger ausgeprägt sei. Für Recruiter in Unternehmen ist es freilich eine schlechte, und zwar aus dem selben Grund.
35- bis 44-Jährige am häufigsten auf Jobsuche
Mehrere Studien haben in den vergangenen Wochen und Monaten ermittelt, dass sich die Situation hier bald ändern könnte. So vermeldete EY kürzlich, dass die Zahl derjenigen Beschäftigten, die ihren Arbeitgeber verlassen wollen, so hoch ist wie noch nie in den letzten zehn Jahren.
Aktiv auf der Suche sind nach den Zahlen der Indeed-Befragung momentan Beschäftigte zwischen 35 und 44 Jahren: Fast ein Drittel (31,6 Prozent) dieser Altersgruppe gibt dies an. Von der jüngsten Arbeitsmarktgeneration, den 18- bis 24-Jährigen, suchen nur 18,4 Prozent aktiv eine neue Stelle. Beschäftigte zwischen 55 und 64 Jahren, die sich in der letzten Phase ihres Berufslebens befinden, suchen mit lediglich 9,9 Prozent am seltensten nach einem neuen Arbeitgeber. Akademiker sind mit 39,6 Prozent fast doppelt so häufig an einer neuen Stelle interessiert wie Menschen mit abgeschlossener Berufsausbildung (16,4 Prozent).
Besseres Gehalt auf Platz eins der Gründe für Wechsel
Gefragt nach den Gründen für die Absicht, sich ein anderes Unternehmen zu suchen, geben die meisten Wechselwilligen den Wunsch nach einem höheren Gehalt an: Von den Teilnehmern mit Universitätsabschluss sind es 29,9 Prozent und von jenen mit Berufsausbildung 32 Prozent. An zweiter Stelle steht der Wunsch, die eigene Karriere voranzutreiben; dies gilt für 28,2 Prozent der Akademiker und Akademikerinnen und für 23,2 Prozent der beruflich Ausgebildeten. Darüber hinaus gehören auch bessere Zusatzleistungen zu den Motiven, sie spielen für immerhin Ein Fünftel der Befragten eine Rolle (Akademiker und Akademikerinnen: 21,8 Prozent, Menschen mit Ausbildung 20,1 Prozent). Des Weiteren würden 14,1 Prozent der Beschäftigten mit Hochschulabschluss und 19,3 Prozent der anderen Gruppe mit einem Arbeitgeberwechsel gern die Pendelzeiten reduzieren. Für Unternehmen eine wichtige Information: 17 Prozent der Beschäftigten mit abgeschlossener Ausbildung und 11,4 Prozent der Akademiker und Akademikerinnen wollen wechseln, weil sie sich in ihrem Betrieb nicht wohlfühlen.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.