Weniger als die Hälfte der Beschäftigten bekommt Urlaubsgeld. Genau wie 2021 sind es in diesem Jahr 46 Prozent der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die die Sonderzahlung erhalten. Das zeigt eine Online-Befragung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Dabei analysierte das WSI Angaben von mehr als 66.000 Beschäftigten zwischen Anfang Mai letzten Jahres und Ende April dieses Jahres. Zwar ist die Umfrage nicht repräsentativ, doch laut dem Institut aufgrund der hohen Zahl von Befragten durchaus aussagekräftig.
Ob ein Angestellter oder eine Angestellte Urlaubsgeld erhält, hängt demnach maßgeblich von der Tarifbindung ab: 74 Prozent der Beschäftigten in Unternehmen mit Tarifvertrag erhalten das Geld gegenüber gut einem Drittel bei Betrieben ohne Tarifvertrag. Dieser Unterschied ist eine Erklärung dafür, dass weniger Leute in Ostdeutschland (32 Prozent) Urlaubsgeld erhalten als in Westdeutschland (48 Prozent). Schließlich ist auch der Anteil der tariflich Beschäftigten geografisch unterschiedlich.
Auch die Größe des Unternehmens hat einen Einfluss: 61 Prozent der Beschäftigten in größeren Betrieben (über 500 Mitarbeitende) erhalten die Zahlung – bei kleineren Arbeitgebern (unter 100 Mitarbeitende) sind es 37 Prozent. Dies liegt allerdings ebenfalls unter anderem daran, dass größere Unternehmen eher mit Tarifverträgen arbeiten als kleinere.
Weil es im Niedriglohnsektor weniger Tarifbindung gibt, erhöht sich mit höherem Einkommen auch die Wahrscheinlichkeit, Urlaubsgeld zu beziehen: Bei einem Bruttolohn über 2.300 Euro erhält die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Geld für den Urlaub; bei der darunter liegenden Entgeltgruppe sind es lediglich 36 Prozent – 14 Prozentpunkte weniger.
Branche bestimmt Höhe des Urlaubsgeldes
Wie viel Urlaubsgeld es gibt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. So erhalten tarifgebundene Beschäftigte, die zwischen 2.300 und 4.000 Euro verdienen, 180 bis 2.627 Euro – eine große Spanne. Die durchschnittliche Höhe der Sonderzahlung ändert sich je nach Branche. Am wenigsten tarifvertraglich vereinbartes Urlaubsgeld bekommen Beschäftigte in der Landwirtschaft (195 Euro in Westdeutschland, 180 Euro in Ostdeutschland) und im Hotel- und Gaststättengewerbe (240 Euro in Westdeutschland, 195 Euro in Ostdeutschland). Nach Tarifvertrag die höchsten Gelder gibt es in den verarbeitenden Industrien von Holz- und Kunststoff oder Papier, der Metallindustrie, der Druckindustrie und im KFZ-Gewerbe.
Im öffentlichen Dienst und in der Eisen- und Stahlindustrie erhalten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kein gesondertes tarifliches Urlaubsgeld. Das Geld wird in diesen Bereichen mit dem Weihnachtsgeld zu einer Jahressonderzahlung zusammengefasst. Im Bankgewerbe und in einigen Branchentarifverträgen der Energiewirtschaft gibt es hingegen gar kein tarifliches Urlaubsgeld.
Doch anderswo gibt es nicht nur Urlaubsgeld, sondern es wird auch mehr: Den höchsten Zuwachs gab es im ostdeutschen Baugewerbe (plus sechs Prozent) und im brandenburgischen Einzelhandel (plus fünf Prozent). Damit verkleinerte sich hier der Abstand zu den entsprechenden westdeutschen Branchen erheblich.
Stefanie Jansen war 2022 und 2023 Volontärin in der Redaktion der Personalwirtschaft. Ihre Themenschwerpunkte waren Aus- und Weiterbildung, der Job HR und neue Arbeitszeitmodelle.