Gehören Defined-Benefit(DB)-Pläne der Vergangenheit an? In der jüngeren Zeit haben die Niederlande per Gesetz von leistungsorientierten auf Defined-Contribution(DC)-Pläne, also auf beitragsorientierte umgestellt; auch japanische Unternehmen haben sich von DB-Plänen abgewendet. In den meisten international tätigen Unternehmen wurden mit Einführung der Rechnungslegung nach IFRS (IAS 19) Governance-Richtlinien eingeführt, die DB-Pläne nur dann für zulässig erklären, wenn es einen regulatorischen Zwang dafür gibt. Im internationalen Kontext basieren die meisten gesetzlich vorgeschriebenen DB-Pläne auf einer Einmalzahlung bei Austritt und/oder Pensionierung.
Nur wenige existieren als Rentenpläne, die lebenslange Zahlungen an Pensionäre beziehungsweise ihre Hinterbliebenen vorsehen. Gemessen am Umfang der Unternehmensverbindlichkeiten gibt es im Wesentlichen weltweit noch drei große verbleibende Märkte für leistungsorientierte betriebliche Altersversorgung: nämlich Deutschland, Großbritannien (UK) und die USA. Dabei ignorieren wir in diesem Rahmen das ewige Mysterium der Schweiz, in der das BVG-System nach lokalen Rechnungslegungsvorschriften zwar beitragsorientiert, doch nach internationaler Rechnungslegung IFRS sowie nach US-GAAP leistungsorientiert ist.
Warum leistungsorientierte Pensionsverpflichtungen auf Drittanbieter übertragen?
Alle drei oben genannten Märkte unterscheiden sich zwar stark in ihren Regeln und Vorschriften zu bAV-Anlagen, aber der Hauptgrund für die beobachtete Entwicklung ist, dass der Preis für die Übertragung von Verbindlichkeiten erheblich günstiger geworden ist. Während an den Kapitalmärkten im Jahr 2022 im Wesentlichen Verluste vorherrschten, sind die Kosten von DB-Plänen gemessen an Staatsanleihen als korrespondierendem Vermögenswert noch stärker gesunken.
Ein wichtiger Aspekt dabei ist: Die Rechnungslegungsvorschriften nach IFRS beziehungsweise USGAAP stellen die Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit leistungsorientierten Plänen akkurater dar, doch die ausgewiesenen Verbindlichkeiten darüber hinaus anfallender Zahlungsanforderungen werden weiterhin nicht berücksichtigt. Zum Beispiel
- verpflichtende Beiträge an den Pensions-Sicherungs-Verein (PSV),
- administrative Kosten (unter anderem auch für den Aktuar),
- Governance-Kosten wie zum Beispiel die Kosten der Treuhänder im UK und in den USA sowie
- Langlebigkeitskosten (die in Großbritannien und den USA wesentlich differenzierter dargestellt sind als in Deutschland, wo es seit jeher zu einer nahezu universellen Verwendung der „Standard“-Sterbetafeln ohne Anpassung kommt).
Nicht Teil dieser Liste, aber vielleicht die wichtigsten nicht aufgeführten Kosten sind die Opportunitätskosten, die mit der Administration der bAV verbunden sind. Ein Beispiel: Im Geschäftsbericht 2022 eines großen DAX-30-Unternehmens betrug die Anzahl der Seiten des Anhangs zum Konzernabschluss, die leistungsorientierten Plänen gewidmet waren, rund neun Prozent des gesamten Anhangs.
Gegen diese Unterschätzung der Kosten von DB-Planverbindlichkeiten in Geschäftsberichten könnte natürlich argumentiert werden, dass die Verwendung eines Zinssatzes im Einklang mit den Renditen von hochwertigen Unternehmensanleihen, wie ihn IFRS und USGAAP vorschreiben, ebenfalls nicht angemessen ist. Die Rechnungslegungsregeln geben aber den Rahmen vor und werden zu einer vergleichbaren Bemessung der Verbindlichkeit verwendet, auch wenn theoretisch eine effektivere Kapitalanlage möglich wäre.
Ausstieg aus DB-Plänen
Im Wesentlichen sieht der „Game-Plan“ aus den DB-Plänen ähnlich aus:
- Unternehmen schließen bestehende Pläne für neu eintretende Mitarbeitende (in der Regel ein einfach umsetzbarer Schritt). Dies wird oft mit der Einrichtung von DC-Plänen für Neueintritte kombiniert. Arbeitgeber beenden die Möglichkeit des Aufbaus zukünftiger bAV-Bestandteile in bestehenden Plänen. Dabei haben einige Beschäftigtengruppen immer noch entweder Verhandlungsmacht oder Rechtsschutz, um dies zu verhindern. Zukünftige bAV-Bestandteile werden dann wiederum über einen DC-Plan bereitgestellt, häufig mit besonderen Besitzstandsregelungen zur Abmilderung des Übergangs von DB auf DC.
- Arbeitgeber beenden die Möglichkeit des Aufbaus zukünftiger bAV-Bestandteile in bestehenden Plänen. Dabei haben einige Beschäftigtengruppen immer noch entweder Verhandlungsmacht oder Rechtsschutz, um dies zu verhindern. Zukünftige bAV-Bestandteile werden dann wiederum über einen DC-Plan bereitgestellt, häufig mit besonderen Besitzstandsregelungen zur Abmilderung des Übergangs von DB auf DC.
- Unternehmen bringen über einen längeren Zeitraum ausreichend Vermögen in die Pläne ein, um sicherzustellen, dass die Verbindlichkeiten auf Dritte übertragen werden können.
Beispiel USA
Das Land ist beim De-Risking-Prozess den erwähnten Routinen gefolgt. In mehr als 40 Prozent der DB-Pläne ist ein zukünftiger Aufbau von Leistungen eingefroren worden. Weniger als fünf Prozent der Fortune-500-Arbeitgeber bieten neuen Mitarbeitenden leistungsorientierte Pläne an. In drei Viertel der Pläne ist es zu Abfindungsangeboten an die Berechtigten gekommen, um die Verbindlichkeit durch Einmalzahlungen an die Mitglieder zu eliminieren. Ein aussagekräftiger Indikator für diese Entwicklung: Die Zahl der von einzelnen Arbeitgebern versicherten Pläne beim PBGC (Pflichtversicherer von Plänen bei Insolvenz) ist von circa 112.000 im Jahr 1985 auf derzeit rund 23.000 gesunken.
Bereits im Jahr 2021 hat eine Umfrage von Deloitte ergeben, dass die Kosten einer Versicherung eines Plans etwa 103 Prozent der Projected Benefit Obligation (also der Bruttoverbindlichkeit nach US-GAAP vor Berücksichtigung des Planvermögens) betragen. Die Renditen von hochwertigen Unternehmensanleihen sind in den USA von etwa 2,8 Prozent zu Ende des Jahres 2021 auf aktuell über fünf Prozent erheblich gestiegen. Das bedeutet: Der Betrag, der erforderlich ist, um einen Pensionsplan mit einer Duration von 15 Jahren zu versichern, ist um circa 25 Prozent gefallen.
Dies erklärt, warum der Versicherungs-Buyout eine attraktive Option geworden ist. Das Vermögen eines Pensionsplans kann dabei für nichts anderes als Leistungszahlungen verwendet werden. Daher ist bei der Übertragung lediglich eine Aufstockung des Planvermögens auf den benötigten Versicherungsbeitrag erforderlich.
Beispiel Großbritannien
In Großbritannien werden neue Regeln zur Finanzierung von Pensionsplänen eingeführt. Im Wesentlichen wird jeder Pensionsplan eine Finanzierungs- und Anlagestrategie darlegen müssen. Diese muss sicherstellen, dass der Plan eine geringe Abhängigkeit vom Arbeitgeber auszeichnet, wenn er eine „wesentliche Zahlungsreife“ (bei einer Duration von zwölf Jahren oder weniger) hat. Pensionspläne sollten zu diesem Zeitpunkt folgende Bedingungen erfüllen:
- Zum einen muss eine Vermögensallokation mit geringem Risikoprofil, die weitgehend den erwarteten Cashflows des Plans entspricht (mit angemessener Liquiditätsvorsorge für unerwartete Cashflow-Anforderungen), nachgewiesen werden. Zum anderen müssen die Pläne gegenüber einer kurzfristigen nachteiligen Entwicklung der Marktbedingungen äußerst resilient sein.
- Außerdem müssen sie auf der Grundlage eines geringen Risikoprofils vollständig ausfinanziert sein, sodass in Bezug auf aufgelaufene Leistungen keine weiteren Arbeitgeberbeiträge zu erwarten sind. Es besteht keine Verpflichtung, Leistungen abzufinden, und die Pläne können wie bisher weitergeführt werden. Die Strategie muss jedoch darlegen, wie die Treuhänder beabsichtigen, langfristig die Leistungen zu erbringen und diesbezüglich den Fortschritt zu überwachen.
Diese Regeln zwingen Treuhänder und Trägerunternehmen geradezu, die Verbindlichkeiten so schnell wie möglich zu versichern, da es keinen Anreiz mehr gibt, risikobehaftete Vermögenswerte wie Aktien zu halten. Es wird erwartet, dass im Jahr 2023 Transaktionen im Wert von bis zu 60 Milliarden Euro auf dem Versicherungs-Buyout-Markt stattfinden werden.
Tatsächlich ist eines der Haupthindernisse bei der Umsetzung der Mangel an Kapazitäten der Anbieter in Bezug auf bAV-Spezialisten, die die Arbeit erledigen.
Beispiel Deutschland
Deutschland ist aus unserer Sicht mittlerweile das interessanteste Land hinsichtlich der bAV. Zwar haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen, die für die Verpflichtungserfassung nach internationaler Rechnungslegung relevant sind, in den letzten 20 Jahren kaum verändert. Aber der Rechnungslegungsanreiz ist sowohl nach HGB als auch nach IFRS beziehungsweise US-GAAP weiterhin gegeben. Im oben skizzierten globalen „Game Plan“ ist Schritt 1, das Schließen von Plänen für Neueintritte, leicht zu bewerkstelligen. Schritt 2, also den Aufbau zukünftiger leistungsorientierter Bestandteile zu beenden, ist allerdings schwierig umzusetzen. Darüber hinaus sind reine DC-Pläne (ohne Garantien) erst durch Einführung des Sozialpartnermodells, von dem es bisher sehr wenige Umsetzungen gibt, möglich geworden.
Aufgrund des sehr niedrigen Garantiezinssatzes, den die Versicherungsindustrie bei der Preisgestaltung anwenden muss, sowie der konservativeren Sterbetafeln der Versicherungswirtschaft sind die Kosten für eine Versicherung von Verbindlichkeiten viel höher als der Bruttoverbindlichkeitswert nach IFRS oder US-GAAP.
Somit ist der Preis das Haupthindernis in diesem Bereich des Markts. Andererseits besteht abgesehen von der generellen Verpflichtung zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens nach HGB keine Verpflichtung zur Ausfinanzierung von Versorgungszusagen (Direktzusagen). Hierin besteht ein langfristiges Problem, da solche Pensionszusagen im Wesentlichen zu 100 Prozent im eigenen Unternehmen investiert sind. Das Risiko des Scheiterns wird dann umso mehr zunehmen, wenn Altverbindlichkeiten von einer im Inland immer geringeren Geschäftstätigkeit des ehemaligen Arbeitgebers abhängen. In schwierigen Zeiten für das Unternehmen fallen als Erstes die Rentenerhöhungen weg, was für Berechtigte in Zeiten hoher Inflation ein Problem darstellt.
Zu beobachten ist der Trend, die Verpflichtungen in sogenannte Rentnergesellschaften, die angemessen finanziert werden können, zu überführen. Dies erlaubt die Eliminierung aller Risiken und minimiert die Kosten im Vergleich zu einer Versicherung. Wir gehen davon aus, dass diese und andere Formen des De-Riskings von alten Pensionsplänen in Deutschland in naher Zukunft erheblich zunehmen werden.
Autor
Peter Devlin
Partner Benefits & Compensation, Deloitte Consulting GmbH
pdevlin(*)deloitte(.)de
www.deloitte.de
Vinayaka Pandit
Senior Manager, Aktuar DAV, Deloitte Consulting GmbH
vipandit(*)deloitte(.)de
www.deloitte.de