Frage an die HR-Werkstatt: Wie gelingt es, mit einem Mobilitätsbudget Talente auf sich aufmerksam zu machen?
Es antwortet: Axel Schäfer, Geschäftsführer und Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Betriebliche Mobilität e.V.
Personalverantwortliche wissen es: Sie müssen sich etwas einfallen lassen, um Talente zu gewinnen und zu halten. Eine Möglichkeit ist, ihnen ein attraktives Mobilitätsbudget anzubieten und damit als Arbeitgeber zu punkten. Doch wie viel wert ist Talenten ein solches Budget?
Das ist nicht einfach zu beantworten, denn dazu müsste HR die konkreten Auswahlkriterien potenzieller Bewerberinnen und Bewerber kennen, und diese sind natürlich individuell. Bewerber berücksichtigen eine Mischung aus finanziellen, beruflichen, kulturellen und persönlichen Faktoren bei der Auswahl eines Arbeitgebers. Je nach individuellen Prioritäten können einige dieser Aspekte mehr oder weniger Gewicht haben. Unternehmen, die eine breite Palette dieser Bedürfnisse ansprechen, haben oft eine bessere Chance, talentierte Mitarbeitende anzuziehen und zu halten.
Wenn mehrere Unternehmen also einem Kandidaten einen Arbeitsplatz anbieten, bei dem der Job selbst und die Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten passen, das Unternehmen nicht unsympathisch ist, der Standort gut und der Arbeitsweg machbar ist, dann kann bei der Entscheidung ein Mobilitätsbudget das Zünglein an der Waage sein.
Warum? Das Angebot zeigt, dass der Arbeitgeber sich Gedanken macht, dass er innovative Instrumente einsetzt oder zumindest testet. Doch laut dem „Fleet Barometer 2023“ des Arval Mobility Observatory offerieren bisher nur 16 Prozent aller großen Firmen in Europa ihren Mitarbeitenden ein Mobilitätsbudget und heben sich somit im Employer Branding positiv von der Konkurrenz ab. Wir wissen aber von unseren Mitgliedern, dass sich viele derzeit intensiv mit dem Thema auseinandersetzen.
Im Fokus: Nachhaltigkeit und Kostensparen
Sprechen wir mit Talenten über Arbeitgeber, werden zwei Dinge klar:
- Die Menschen sind sensibilisiert und wollen überwiegend bei Unternehmen arbeiten, die das Thema Nachhaltigkeit ernst nehmen.
- Die privaten Budgets sind begrenzt, denn nicht nur die Inflation, sondern auch steigende Zinsen und Energiekosten lassen die Menschen noch stärker auf das Geld achten.
Die Mitarbeitenden möchten also nachhaltig sein und Kosten sparen – das matcht hervorragend mit Unternehmenszielen. Darum setzen sich Unternehmen immer stärker mit der Mobilität ihrer Mitarbeitenden auseinander. Nur: Wie kann HR den flexiblen Anfahrtsweg zum Büro oder zum Kunden aus Mitarbeitersicht attraktiv gestalten?
Der Weg zum Mobilitätsbudget
Ein Mobilitätsbudget ist eine flexible, monetäre Zuwendung des Arbeitgebers, die den Mitarbeitenden ermöglicht, aus verschiedenen Mobilitätsoptionen frei zu wählen und diese nach ihren individuellen Bedürfnissen zu nutzen. Der Arbeitgeber bestimmt den Berechtigtenkreis, die zur Verfügung stehende Auswahl der Mobilitätsformen (wie Carsharing, ÖPNV, Taxi oder Fahrrad) und die Höhe des Budgets, während die Mitarbeitenden die Verkehrsmittel nach ihren aktuellen Bedürfnissen auswählen und kombinieren können, sofern sie regional nutzbar sind.
Zukünftig werden sich umweltbewusste Stellenbewerber – aber auch Investoren, Presse und Kunden – in der Nachhaltigkeitsberichterstattung ein Bild von der betrieblichen Mobilität eines Unternehmens machen: Denn ab diesem Jahr sind die zur CSRD-Berichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive) verpflichteten Unternehmen in der EU gesetzlich aufgefordert, darzulegen, welche Emissionsmengen (Scope 3) durch ihre betriebliche Mobilität wie Dienstreisen aber auch Wege zur Arbeit entstehen, wobei die Daten vor allem für die Pendlermobilität in vielen Unternehmen noch gar nicht vorhanden sind.
Auch wenn das Mobilitätsbudget in der Theorie gut klingt, scheuen sich dennoch viele Unternehmen vor der Einführung, wie eine Befragung des Bundesverbandes Betriebliche Mobilität im Rahmen des neuen Verbandsnetzwerks Future Mobility gezeigt hat. In vielen Fällen ist die Hemmschwelle vor allem deswegen hoch, weil Unternehmen Bedenken hinsichtlich des personellen und finanziellen Aufwands haben. Die zahlreichen lohnsteuerlichen Vorschriften für die Besteuerung der verschiedenen Mobilitätsleistungen sowie der hohe Verwaltungsaufwand für HR stellen aus Sicht vieler Unternehmen ein großes Problem dar. Im Steuerrecht existierte das Mobilitätsbudget bisher nicht und die Abrechnung war daher komplexer als bei Dienstwagen. Aber Linderung scheint in Sicht: Vor kurzem wurde eine Pauschalbesteuerung von bis zu 2.400 Euro im Jahr zum Sondersatz von 25 Prozent beschlossen.
Andere Unternehmen haben das Mobilitätsbudget zwar eingeführt, beschweren sich aber, dass es von den Mitarbeitenden nicht genutzt wird. Das liegt daran, dass kein Bedarf besteht beziehungsweise es keine Nutzungsmöglichkeiten gibt. Wenn die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beispielsweise auf dem Land wohnen, die Anbindung an den ÖPNV nicht gegeben und der Weg mit dem Fahrrad nicht möglich ist, dann macht die Einführung eines Mobilitätsbudgets wenig Sinn.
Mobilitätsbedarf der Mitarbeitenden abfragen
Deswegen ist es zwingend notwendig, als ersten Schritt noch vor der Einführung – ja sogar noch vor der Planung – den Mobilitätsbedarf der Mitarbeitenden abzufragen. Eine Übersicht über die benötigten Mobilitätsformen kann die Einführung des Mobilitätsbudgets erleichtern. In einem zweiten Schritt müssen sich Unternehmen mit der Frage auseinandersetzen, wie das Mobilitätsbudget eingeführt werden kann – entweder durch das Unternehmen selbst oder indem das Unternehmen das Thema outsourct und einen externen Dienstleister mit der Abwicklung beauftragt, damit kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entsteht und das erforderliche Know-how zu Steuerfragen und Ähnlichem bereits vorhanden ist. Außerdem bieten viele Dienstleister die Möglichkeit, die Plattform für das Mobilitätsbudget direkt in das bestehende HR-Tool des Unternehmens zu integrieren.
Aber egal wie sich das Unternehmen entscheidet: Die Mitarbeitenden sollten von Anfang an daran teilhaben. Nicht nur, damit der Bedarf abgefragt wird, sondern auch, damit von Anfang an Akzeptanz geschaffen wird, denn die Einführung eines Mobilitätsbudgets erfordert häufig eine Veränderung der Gewohnheiten und Arbeitsweisen der Mitarbeitenden. Daher ist es wichtig, die Beschäftigten in den Prozess einzubinden und sie ausreichend zu informieren. Wie so häufig ist es auch hier so, dass das beste Konzept nichts bringt, wenn die Mitarbeitenden es nicht annehmen.
Info
Weiterer Input zum Thema Mobilitätsbudget
Ein Mobilitätsbudget einzusetzen hat viele Vorteile – von einer besseren CO2-Bilanz bis hin zur Motivation der Mitarbeitenden –, bringt aber auch Herausforderungen mit sich. Der Bundesverband Betriebliche Mobilität bietet einen Onlinekurs an mit Tipps, wie Unternehmen ein solches Budget im Unternehmen einführen können. Kursinhalte sind unter anderem:
- Definition von Mobilitätsbudget
- Unterstützte Mobilitätsformen
- Voraussetzungen für Einsatz im Unternehmen
- Aspekte der Besteuerung
- Rechen- und Anwendungsbeispiele
- Checkliste Mobilitätsbudget
Fazit
In jedem Fall bedeuten Mobilitätsbudgets eine Veränderung des klassischen Fuhrparks im Hinblick auf Größe und Zusammensetzung der Flotte, aber auch in Bezug auf die Kosten- und Verwaltungsstruktur. Wie bei allen Aspekten der Nachhaltigkeit entscheiden auch hier die individuelle Situation und die Mobilitätsanforderungen eines Unternehmens, ob die Umsetzung eines Mobilitätsbudgets überhaupt Sinn macht.
Eines ist aber klar: Mobilitätsbudgets sind bei richtiger Anwendung effizient, flexibel und klimaschonend. Damit spricht ein Mobilitätsbudget verschiedene Altersgruppen an: junge Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern, die möglicherweise kein eigenes Auto haben, ebenso wie zu erfahrene Mitarbeitende, die alternative Transportmittel bevorzugen. Das Mobilitätsbudget kann deshalb ein wichtiger Wettbewerbsfaktor im Kampf um neue Talente sein.
Autor
Axel Schäfer ist Geschäftsführer und Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Betriebliche Mobilität e.V. Der Bundesverband hat mehr als 650 Mitgliedsunternehmen und ist damit das größte Netzwerk rund um Themen der nachhaltigen betrieblichen Mitarbeitermobilität in Deutschland.

