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Welche Rolle spielt das Gehalt im Praktikum?

Wer vor zehn Jahren in Deutschland ein Praktikum absolvierte, bekam im Schnitt ein Gehalt von 737 Euro im Monat. Seitdem ist die Vergütung für Praktikanten und Praktikantinnen deutlich gestiegen. Im zweiten Halbjahr 2022 lag das durchschnittliche Gehalt bei 1.164 Euro – das sind 58 Prozent mehr als 2013. Das geht aus dem aktuellen „Future Talents Report“ der Unternehmensberatung Clevis hervor. Für die Studie wurden hierzulande im zweiten Halbjahr des letzten Jahres 1.947 freiwillige Praktikanten und Praktikantinnen befragt.

„Das stark angestiegene Gehaltsniveau im Praktikantenumfeld hat sicherlich auch mit der Entwicklung des Mindestlohns zu tun, der 2015 eingeführt und im letzten Jahr noch einmal angepasst wurde“, kommentiert Studienleiterin Kristina Bierer von Clevis die Gehaltsentwicklung.

Gehaltsanstieg seit 2013 hat Zufriedenheit mit Bezahlung kaum verbessert

Trotz der Steigerung von 58 Prozent haben die jungen Menschen heute faktisch nicht auch so viel mehr Geld in der Tasche wie vor zehn Jahren. Die Lebenshaltungskosten sind in dieser Zeit stark angestiegen und die Inflation lässt auch einen Teil der Bezahlung schmelzen. Vielleicht hat sich deshalb die Zufriedenheit der Praktikanten und Praktikantinnen mit ihrem Gehalt seit 2013 kaum geändert: Hielten vor zehn Jahren noch knapp 57 Prozent ihre Vergütung für angemessen, sind es derzeit mit rund 58 Prozent nur etwa genauso viele. Interessant ist außerdem, dass heute weniger Praktika vergütet werden als damals: Der Anteil der bezahlten Praktika ist von rund 88 Prozent auf 78 Prozent im 2023 zurückgegangen und damit immerhin um zehn Prozent.

Gutes Gehalt erwünscht, doch Praktikum soll sich vor allem gut im Lebenslauf machen

Auch wenn die Zufriedenheit mit dem Gehalt trotz Anstieg der Vergütung so gut wie nicht zugenommen hat, ist das Geld nicht die Hauptmotivation, sich für das Praktikum bei einem bestimmten Unternehmen zu bewerben. Lediglich ein Sechstel (16 Prozent) der Befragten gab das Gehalt als wesentlichen Grund dafür an, sich für einen Arbeitgeber zu entscheiden. Stattdessen stehen andere Kriterien im Vordergrund. So ist der Ruf des Unternehmens für 55 Prozent der Studienteilnehmer und -teilnehmerinnen das treibende Argument für oder gegen einen Arbeitgeber. Auch die individuellen Entwicklungsmöglichkeiten spielen für 48 Prozent eine Rolle. Ebenfalls ein wichtiger Aspekt mit 39 Prozent der Nennungen ist der Wert des Arbeitsverhältnisses für den eigenen Lebenslauf.

Die Bedeutung dieser Kriterien zeigt, dass das Praktikum vor allem Chancen für das spätere Berufsleben eröffnen und als Sprungbrett für die Karriere dienen soll. Eine gute Bezahlung stelle für den beruflichen Nachwuchs eher ein Hygienekriterium das und werde vorausgesetzt, so Kristina Bierer, andere Kriterien seien für die Praktikumswahl deutlich wichtiger.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.