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bAV effizient managen: Outsourcing als Lösung?

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Die betriebliche Altersversorgung (bAV) bleibt ein wichtiges Benefit, stellt HR aber vor Herausforderungen. Einen externen Dienstleister mit Verwaltung und Kommunikation der bAV zu betrauen, kann Unternehmen Kosten ersparen. Unternehmen sollten frühzeitig ein Outsourcing in Betracht ziehen – nicht erst im Ernstfall.

Eine attraktive bAV zählt unverändert zu den am stärksten von Mitarbeitenden und Betriebsräten nachgefragten betrieblichen Nebenleistungen. Besonders in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten, die sich auf viele Mitarbeitende auch persönlich auswirken, ist dies der Fall.

Das stellt auch die „Benefits und Wellbeing Studie 2024/25“ für Deutschland fest: Die betriebliche Altersversorgung bleibt das mit Abstand wichtigste Benefit in der Kategorie Financial Wellbeing. An der Studie haben mehr als 100 Unternehmen teilgenommen. Sie repräsentieren zusammen knapp eine Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland. 81 Prozent der teilnehmenden Unternehmen bieten eine arbeitgeberfinanzierte Altersversorgung an. 95 Prozent davon gewähren über eine Entgeltumwandlung, dass Mitarbeitende zusätzlich aus Eigenmitteln vorsorgen.

Gleichzeitig steigt der Kostendruck auf Unternehmen am Wirtschaftsstandort Deutschland dramatisch an. Unternehmenslenker und ­lenkerinnen müssen Sparmöglichkeiten identifizieren und Sparmaßnahmen umsetzen. Auch im HR­Bereich werden Führungskräfte aufgefordert, Wertbeiträge zu leisten. Das Dilemma: Während es für HR zunehmend schwieriger wird, gut ausgebildete Fachkräfte im Bereich bAV zu gewinnen, steigen die Erwartungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Leistungsempfängerinnen und ­empfängern an digitale Kommunikation und digitale Prozesse.

Vorsicht vor der gefühlten Sicherheit

Eine Möglichkeit, den vielfältigen Herausforderungen zu begegnen, ist, Verwaltung und Kommunikation der bAV an einen externen Dienstleister abzugeben. Dem sollten sich Unternehmen bewusst sein. Noch wichtiger: Am besten sind sie aufgestellt, wenn sie vorausschauend planen und schon jetzt gute Lösungsoptionen für verschiedene Szenarien vorbereiten und gegebenenfalls umsetzen.

Szenarien gibt es viele, und manchmal gerät man ohne eigenes Zutun unter Zugzwang: Der eigene Verantwortungsbereich läuft eigentlich einwandfrei, das neue HRM­Systemmodul für Betriebsrentenansprüche liefert die gewünschten Ergebnisse, die Teammitglieder arbeiten Hand in Hand, Leistungen werden jeden Monat pünktlich ausgezahlt. Doch dann kommt eine unerwartete Nachricht: Das Konzernergebnis stimmt nicht, in allen Bereichen muss gespart werden. Das HRM-System wird global ausgetauscht, das bAV­Systemmodul ist ebenfalls betroffen. Schlüsselmitarbeitende kündigen und nehmen wichtiges Fachwissen mit. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Wer sich in dieser oder einer ähnlichen Situation wiederfindet, steht vor einer akuten Herausforderung. Eine alternative Lösung muss her, zum Beispiel die Auslagerung von Verwaltung und Kommunikation der bAV an einen externen Anbieter.

Kritisch ist es, wenn diese Entscheidung ad hoc getroffen werden muss, denn es gibt valide Gründe für, aber auch gegen ein Outsourcing der bAV-Verwaltung. Zu bedenken ist dabei ebenfalls, dass die Einbindung eines externen Providers unterschiedlich stark ausgeprägt werden kann, von der Unterstützung nur bei Teilaspekten der Verwaltung bis hin zur vollumfänglichen Übernahme aller administrativen Aufgaben und der Kommunikation an die Mitarbeitenden.

Wie sieht es bei Ihnen aus: Ist Ihr bAV­-Bereich auf Szenarien wie oben beschrieben vorbereitet? Falls nicht, können Sie mithilfe der folgenden sechs Argumente für und gegen Outsourcing Ihrer Szenarienplanung einen Startimpuls geben.

Alles zum Thema

COMP&BEN

Dieser Beitrag ist zuerst im Vergütungsmagazin Comp & Ben erschienen. Das Onlinemagazin berichtet in sechs Ausgaben pro Jahr über aktuelle Themen rund um Compensation & Benefits und betriebliche Altersversorgung. Das Magazin, in dem dieser Beitrag erschienen ist, können Sie hier herunterladen.

Argumente für Outsourcing der bAV-Verwaltung

  1. Risiken managen, Kompetenzen stärken: Die Verwaltung der bAV birgt gewisse Risiken. Zum Beispiel verändern sich regulatorische Anforderungen und Compliance-­Richtlinien regelmäßig und müssen rechtzeitig umgesetzt werden. Auch der Verlust von zentralen Wissensträgern kann operative Krisen auslösen. Die Absicherung gegen solche bAV­spezifischen Risiken ist für die meisten Unternehmen eine industriefremde Herausforderung. Spezialisierte Provider für bAV haben Erfahrung im Umgang mit diesen Risiken im Rahmen ihres Kerngeschäfts. Auslagernde Unternehmen können sich durch diesen Schritt wieder auf ihre Kernkompetenzen fokussieren.
  2. Unternehmensstrategie und Transformation von HR: Die deutsche Wirtschaft steht unter besonders hohem Druck, organisatorische Transformationen zu beschleunigen und Prozesse in allen Unternehmensbereichen effizienter und kostengünstiger zu gestalten. Dazu gehören beispielsweise konzernweite, globale Harmonisierungen von HRM- und Payroll­Systemen oder der Wechsel von klassischen On­Premise- zu Cloud­Applikationen. Derartige Transformationsprojekte bedingen in der Regel auch, bestehende Lösungen für die bAV­Verwaltung zu überdenken und zu modernisieren, und sind damit ein opportuner Zeitpunkt für Outsourcing-Initiativen.
  3. Technologische Skaleneffekte: Spezialisierte bAV­Provider investieren im Rahmen ihres Kerngeschäfts in branchenspezifische Technologien und Systeme, die eine effiziente Verwaltung und moderne Kommunikation ermöglichen. Die Kosten können auf das gesamte Kundenportfolio verteilt werden. Kunden profitieren vollständig von den Investitionen, tragen aber nur einen Bruchteil der Kosten.
  4. Flexibilität und Skalierbarkeit: Die Übernahme der Verwaltung durch einen externen Provider ermöglicht es dem Auftraggeber, den Scope der ausgelagerten Themenbereiche nach Bedarf anzupassen und bei Zu- oder Verkäufen von Konzerngesellschaften zu skalieren, ohne dafür interne Strukturen umstellen oder Personal verschieben zu müssen.
  5. Gesteigerte Wertschätzung: Die Erwartungshaltung von Mitarbeitenden an die User Experience von Benefits richtet sich nach den Standards, an die wir uns im privaten Bereich schon lange gewöhnt haben – zum Beispiel durch Banking­Apps, die den Besuch einer Bankfiliale vollständig ersetzt haben und Überweisungen oder das Einrichten von Aktiensparplänen zum Kinderspiel machen. Mitarbeitende erwarten auch von der bAV einen einfachen und schnellen Zugang zu persönlichen Informationen in Echtzeit und umfassenden Online­Self-Services. Einmal im Jahr per Post eine Standmitteilung zu erhalten, reicht nicht aus, um in der täglichen Informationsflut noch wahrgenommen zu werden. Externe Provider bieten moderne, mobiloptimierte Portallösungen an, die den Informationsbedarf der Mitarbeitenden abdecken und die bAV stärker in den Fokus der persönlichen Vorsorgeplanung rücken.
  6. Kosteneinsparungen: Das Thema Kosten zieht sich durch alle Argumente. Personalkosten und Aufwendungen für Verwaltung und Technik können intern reduziert werden. Externe Provider arbeiten spezialisiert, effizient, und können Kosten für fachliche Weiterbildungsmaßnahmen, Service Lines, Hosting, Wartung und Weiterentwicklung von Administrationssystemen auf ihr gesamtes Kundenportfolio verteilen. Das ermöglicht einen positiven Business Case für jeden einzelnen Kunden. Externe Dienstleister gehen mit Teilaspekten der Dienstleistungserbringung (zum Beispiel Service Lines oder Ticketsystemen) auch immer stärker den Weg zu Shared Service Centern im europäischen oder außereuropäischen Ausland (Nearshoring und Offshoring), um weitere Einsparpotenziale zu heben. Besonders für Unternehmen, die auch intern und vor allem für HR­Prozesse auf solche Modelle setzen, kann das interessant sein, weil Diskussionen und Freigaben rund um Datenschutz und IT­Sicherheit im internationalen Kontext schon intern gelöst wurden.

Argumente für eine interne bAV-Verwaltung

  1. Identität und Selbstverständnis: Des Weiteren betreiben viele Unternehmen die bAV aus dem Anspruch heraus, einen sozialen Auftrag für die Belegschaft auszuführen. Sie blicken stolz auf Mitarbeitende, die dem Unternehmen von der Ausbildung bis zur Rente verbunden bleiben. Ein internes Team, das die Anwärter und Rentnerinnen verlässlich betreut, kann einen wertvollen Beitrag zu diesem Arbeitgeberimage liefern. Dieses Team ist im Übrigen auch bei einem anstehenden Outsourcing der Garant für Erfolg und übernimmt, gegebenenfalls in verkleinerter Form, eine zentrale Aufgabe bei der Providersteuerung.
  2. Unterschied der Unternehmenskulturen: Dieser Aspekt ist eng mit Identität und Selbstverständnis des Auftraggebers verknüpft. Externe Provider haben möglicherweise eine andere Kultur oder andere Unternehmenswerte, was zu Missverständnissen und Irritationen führen kann, sowohl zwischen den Ansprechpartnern auf operativer Ebene als auch bei Anwärtern und Leistungsempfängern. Deshalb empfehlen wir, bei der Auswahl eines Providers auch die kulturelle Passung zu bewerten.
  3. Kontrolle behalten: Outsourcing bedeutet auch, Kontrolle über Prozesse und Ergebnisse abzugeben. Das kann Abhängigkeiten zum ausgewählten Provider schaffen, was schwierig werden kann, wenn nicht die vereinbarte Leistung und Qualität erbracht werden. Die frühzeitige Steuerung der internen Leistung über KPIs und Service­Level ist heute schon gängige Praxis in den meisten Shared Service Centern großer Unternehmen im HR­Bereich und bildet eine ausgezeichnete Basis für die künftige Provider­Steuerung.
  4. Optionen offenhalten: Damit durch das Outsourcing interne Kosten sinken, müssen Unternehmen mittel- bis langfristig interne fachliche Expertise im Bereich der bAV zurückfahren. Das gilt besonders für die operative Ebene und mitunter auch für die strategische. Diese Reduktion interner Expertise kann dazu führen, dass bestimmte Lösungsoptionen perspektivisch wegfallen. Zum Beispiel wird die Rückabwicklung des Outsourcings – also ein Insourcing – in der Regel herausfordernder, je länger Verwaltungsprozesse und Fachwissen externalisiert waren. Gleichzeitig wird aber perspektivisch der Wechsel zu anderen externen Dienstleistern einfacher, weil das Unternehmen seine Prozesse bei der Erstauslagerung bereits verschlankt und optimiert hat.
  5. Längere Abstimmungs- und Change-Prozesse: Um große Kundenportfolios effizient bedienen zu können, setzen spezialisierte Provider auf kundenübergreifende, skalierbare Prozesse und Systeme. Kundenspezifische Wünsche, die von standardisierten Administrationsprozessen abweichen, müssen der Prüfung standhalten, nicht die kundenübergreifende Effizienz zu gefährden. Entscheidungen, die intern gegebenenfalls noch von einem kleinen Personenkreis getroffen werden konnten, durchlaufen nun entsprechend längere Prüfschleifen. Eine hohe Prozessstandardisierung und umfassende Dokumentation helfen auch der internen bAV­Administration, eine hohe Effizienz zu erzielen, und bilden eine wichtige Basis, um eine Auslagerung der Administration wirksam zu unterstützen.
  6. Versteckte Kosten: Wenn alle kurz- und langfristigen sowie direkten und indirekten Kosten passend eingepreist werden, sollte Outsourcing im Regelfall Kosteneinsparungen generieren. Entscheidend ist, das Honorarmodell des Providers zu verstehen, um ausschließen zu können, dass unerwartete oder versteckte Kosten auftreten, die die Einsparungen übersteigen. Sichergestellt werden sollte zudem, dass im Rahmen des Outsourcings langfristig planbare Kosten vereinbart werden.

Vorausschauend planen lohnt sich

Die Ausführungen zeigen, dass es Argumente für beide Modelle gibt. Auch wenn das Outsourcing der bAV­Verwaltung eine Möglichkeit bietet, Risiken und Kosten zu reduzieren und die Mitarbeiterkommunikation zu professionalisieren, kann die Entscheidung für oder gegen das Outsourcing nicht pauschal getroffen werden.

Entscheidend für eine zukunftssichere Gestaltung der bAV ist, dass sich Unternehmen rechtzeitig mit den Szenarien beschäftigen, die eintreten können, und passende Lösungen bereithalten. Eine interne Analyse der Argumente kostet zwar Zeit, verursacht aber nicht zwangsläufig externe Kosten. Hohe Kosten und ein eventueller Qualitätsverlust werden erst dann zu einem Risiko, wenn sich Unternehmen nicht frühzeitig mit möglichen Szenarien und Lösungsoptionen beschäftigen. Deshalb empfehlen wir, vorausschauend zu planen, um im Fall der Fälle kurzfristig richtig reagieren zu können.

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