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Deutscher Human Resources Summit: Wer will HR sein?

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Wirtschafskrise, politische Spaltungen und KI-Transformation: Die Arbeitswelt ist heute wohl mehr denn je von schnellen, konstanten und extremen Transformationen geprägt. Diese Umbrüche, die unweigerlich zu Spannungen führen, gilt es von Arbeitgebern zu navigieren – und genau dabei kann HR helfen. Wie und welche Rolle muss HR dafür einnehmen? Das wurde beim 16. Deutschen Human Resources Summit der Personalwirtschaft sichtbar.

Für das Event haben sich mehr als 280 HR-Führungskräfte im RheinMain CongressCenter in Wiesbaden zusammengefunden. „HR ist Enabler für Transformation“, sagte Nicole Engenhardt-Gillé, ehemalige Personalvorständin von Freenet, in ihrer Keynote. „Transformation ist ein menschlicher Prozess, der mit den Strukturen beginnt und mit den Menschen gelingt.“

Nicole Engenhardt-Gillé, ehemalige Personalvorständin bei Freenet, hielt eine Keynote zum Thema Transformation und Restrukturierung. (Foto: Dirk Beichert)

Welchem Narrativ will HR folgen?

Der Mensch im Mittelpunkt: Das gilt auch für Restrukturierungen und Stellenabbau, mit denen aufgrund der wirtschaftlichen Situation in Deutschland viele Personalerinnen und Personaler zu schaffen haben. Wichtig hierbei ist es, die Bleibenden, die Gehenden und die Führungskräfte im Blick zu haben und transparent zu informieren. „Das Narrativ solle an den Beginn des Projektes gestellt werden“, sagte Annette Nachbar, Director bei der Brunswick Group. Denn neben der arbeitsrechtlichen Perspektive sollten betroffenen Arbeitgeber auch immer die Kommunikation fokussieren.

Personalwirtschaft-Redakteurin Gesine Wagner (li.) ging mit Simone Schrön, Personalchefin von Börlind, und Martin Allerchen, Arbeitsdirektor und Geschäftsführer von Lindt & Sprüngli Deutschland in den Austausch. (Foto: Dirk Beichert)

Doch wenn HR mitnavigieren und gestalten möchte, dann müssen Personalerinnen und Personaler auch mit einer klaren Haltung dem Business gegenübertreten. Das wurde in der Diskussionsrunde zum CHRO Panel der Personalwirtschaft sichtbar. „Viele HRler scheitern nicht an fehlenden Fähigkeiten“, sagte Martin Allerchen, Arbeitsdirektor und Geschäftsführer von Lindt & Sprüngli Deutschland, „vielmehr müssen sie den Mut haben, auch unliebsame Themen zu vertreten.“

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Business Case oder Fair Case?

Diese Einstellung kann ihnen auch in der aktuellen Debatte rund um Diversity, Equity & Inclusion (DEI) helfen. Einige Unternehmen verringerten Anfang des Jahres ihre DEI-Aktivitäten aufgrund von politischen Stimmungen. Andere reagierten mit „Jetzt erst recht!“. „Wir haben eine Empathiekrise“, fasste Cawa Younosi, Geschäftsführer der Charta der Vielfalt das Thema größer. Wenn DEI- aber auch Nachhaltigkeitsthemen von der Agenda in Unternehmen verschwinden, könne das zur Folge haben, dass Grassroot-Bewegungen – politische und gesellschaftliche Initiativen – aussterben. HR müsse Widerstand leisten.

Personalwirtschaft-Redakteurin Lena Onderka (v.li.) im Gespräch mit Margit Lehwalder (CHRO von Union Investment), Lea Klauk (Head of Learning & Development bei Körber), Saba Kascha (CHRO von Canon) und Cawa Younosi (Geschäftsführer der Charta der Vielfalt). (Foto: Dirk Beichert)

Wenn es nach Saba Kascha, CHRO von Canon, geht, dann aber eher, in dem sich Personalerinnen und Personaler auf das Positive, das bereits Erreichte fokussieren und Taten statt Worte verwenden. Auch sollte DEI in einen Business Case verpackt werden. Younosi hält dagegen, sieht DEI eher als Fair Case an: „Wenn ich erst erklären muss, warum es wichtig ist, ist die Entscheidung schon früher gefallen.“

KI als zukünftige Basistechnologie

Kommunikativ stark und handlungsorientiert sollte HR auch bei der KI-Transformation sein. Wer als HR hier nicht gezielt die KI-Kompetenzen der Mitarbeitenden aufbaue und bezüglich der KI-Nutzung psychologische Sicherheit fördere, verhindere, dass im Unternehmen „die nächste Basistechnologie“ Anwendung findet. Das machte Holger Schmidt, Redaktionsleiter Verticals und Newsletter bei der Frankfurter Allgemeine Zeitung sowie Honorarprofessor an der TU Darmstadt, deutlich.

Prof. Dr. Holger Schmidt Digital Economist und Redaktionsleiter Verticals und Newsletter Frankfurter Allgemeine Zeitung, und Honorarprofessor TU Darmstadt stellte aktuelle Zahlen zu KI und dem Arbeitsmarkt vor. (Foto. Dirk Beichert)

Einige HR-Abteilungen machen beeindruckend vor, wie das geht. Bei IBM werden 95 Prozent aller HR-Anfragen über den Chat-Bot „Ask HR“ bearbeitet. Selbst bei einer Versetzung sei kein Personaler oder keine Personalerin mehr involviert, erzählte IBM-Personalvorstand Frank Kohls.

Auch Covestro und Infineon arbeiten mit KI-Bots in HR. Konsequent, aber trotzdem setzen sie parallel auf Weiterbildung. „Wir versuchen, Mitarbeitende zu ermutigen, sich bei der Transformation einzubringen“, sagte Sophie von Saldern, Globale Head of Human Resources bei Covestro. „Upskilling und Empowerment sind die wichtigsten Aspekte, um den Mitarbeitenden die Angst und Sorge vor KI zu nehmen.“

Wie tiefgreifend verändert KI schon die Personalarbeit? (Foto: Dirk Beichert)

Doch wo sind die Grenzen? Welche Aufgaben möchte HR zukünftig noch selbst machen und welche soll die KI übernehmen? Sophie von Saldern traut der KI eigenen Aussagen nach sehr viel zu, aber eine Sache sieht sie noch ganz klar bei den HR-Professionals: die finale Selektion von Einstellungen und Entscheidungen zu Beförderungen. „Das bestprogrammierteste Modell kann einen Menschen als Ganzes nicht bewerten“, sagte sie.

Leistung generieren: Tipps von Carsten Maschmeyer

KI soll aber auch für Produktivitätsgewinne sorgen, die in Zeiten des Fachkräftemangels wichtig sind, und so die Leistung der Mitarbeitenden fördern. Doch Leistung kann auch anders gefördert werden – und das sollte HR laut Unternehmer und Star-Investor Carsten Maschmeyer berücksichtigen. Ihm zufolge ist Leistung nicht an Arbeitsstunden oder einen Arbeitsort gebunden.

Unternehmen und Investor Carsten Maschmeyer im Bühnengespräch. (Foto: Dirk Beichert)

Vielmehr könne sie durch Wertschätzung, Vertrauen, Raum für Kreativität und Verantwortungsdelegation ans Team und transparente Aufstiegschancen gefördert werden. Zudem sei Weiterbildung essenziell, um langfristig leistungsfähig zu sein. „Fortbildung ist das beste Fortbewegungsmittel“, sagte Maschmeyer. Und: Mit einer One-Person Show komme man nicht weiter. Vielmehr sollte HR Menschen zusammenbringen, die sich in ihrer Expertise und in ihrem Charakter ergänzen.

Genau diesem Ansatz versuchte auch der HR Summit selbst gerecht zu werden: CHROs unterschiedlicher Branchen, HR-Professionals mit verschiedenen Expertise-Bereichen, Arbeitsrechtlerinnen und Arbeitsrechtler sowie neue innovative HR-Projekte, welche beim Deutschen Personalwirtschaftspreis am Abend des Events ausgezeichnet wurden, an einen Ort bringen. Denn nur gemeinsam kann HR die Zukunft der Arbeitswelt bestmöglich gestalten.

Wir danken unseren Mitveranstaltern Umantis, Advant Beiten, BDAE Consult und der Techniker Krankenkasse sowie unseren Award-Partnern Azubiyo, Görg und der Techniker Krankenkasse.

Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.