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Quarantäne-Pflicht soll doch weiterhin bestehen

Update 6. April: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat die Entscheidung, die Quarantäne-Pflicht aufzuheben und auf eine freiwillige Isolation von Infizierten und Kontaktpersonen zu setzen, zurückgenommen. Auf Twitter schrieb der Bundesgesundheitsminister: „Die Beendigung der Anordnung der Isolation nach Coronainfektion durch die Gesundheitsämter zugunsten von Freiwilligkeit wäre falsch und wird nicht kommen. Hier habe ich einen Fehler gemacht. Das entlastet zwar die Gesundheitsämter. Aber das Signal ist falsch und schädlich.“

Kritiker hatten zuvor angemerkt, dass mit dem Wegfall der Quarantäne-Pflicht die Erkrankung an dem Virus verharmlost werde und vulnerable Gruppen in Gefahr gebracht würden. Dies scheint Lauterbach nun auch selbst realisiert zu haben. Er habe mit der neuen Regelung nicht vermitteln wollen, dass eine Corona-Infektion mit einer Erkältung gleichzusetzen sei. Vielmehr sei es ihm darum gegangen, die Gesundheitsämter mit der neuen Regelung von dem bürokratischen Aufwand zu entlasten. Im ZDF hatte Lauterbach bekannt gegeben, dass er dennoch an der Heruntersetzung der Quarantäne-Pflicht auf fünf Tagen festhalten wolle.

Was zuvor geschah

Update 5. April : Die Pflicht, sich bei einer Corona-Infektion zu isolieren, wird zum 1. Mai aufgehoben. Darauf haben sich der Gesundheitsminister Karl Lauterbach sowie Vertreterinnen und Vertreter der Länder geeinigt. Statt der bisherigen Quarantäne-Pflicht gilt dann eine „dringende Empfehlung“, sich als Infizierte oder Infizierter fünf Tage freiwillig in eine Isolation zu begeben. Ausgeschlossen hiervor sind Mitarbeitende der Gesundheits- und Pflegebranche. Sie müssen bei einer Infektion weiterhin fünf Tage lang in Quarantäne und danach symptomfrei sein sowie einen negativen Schnell- oder PCR-Test vorzeigen, um die Arbeit unter Menschen wieder aufnehmen zu dürfen. Was die neue Regelung für HR bedeutet, lesen Sie am Ende dieses Artikels.

Ursprüngliche Meldung vom 1. April: Mit dem Corona-Virus Infizierte könnten zukünftig nicht mehr gezwungen sein, sich in Quarantäne zu begeben. Das sieht ein Regelentwurf vor, den das Gesundheitsministerium gemeinsam mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) den Bundesländern vorgelegt hat. Demnach soll eine Isolation und Quarantäne für Infizierte freiwillig sein. Für die Dauer des Rückzugs werden zudem nicht mehr die bisherigen sieben bis zehn Tage empfohlen, sondern nur noch fünf.

Der Grund: Die Vorgaben zur Isolation und Quarantäne seien in der jetzigen Corona-Welle nicht praktikabel, wird Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Handelsblatt zitiert. Aufgrund der hohen Infektionszahlen befänden sich zahlreiche Mitarbeitende derzeit in Quarantäne. Das führe zu Ausfällen im Betrieb. Mit der Lockerung der Quarantäne-Regelungen sollen vor allem Personalausfälle in wichtigen Versorgungsbereichen vermieden werden.

Trotzdem empfehlen das Gesundheitsministerium und das RKI weiterhin, im Falle einer Infektion mit dem Corona-Virus freiwillig den Kontakt mit anderen Menschen zu vermeiden und nach fünf Tagen wiederholt Tests zu machen.

Ausnahme in der Pflege

Ausgenommen von der Regelung ist medizinisches Personal. Infizierte Mitarbeitende im Gesundheits- und Pflegebereich sollen sich weiterhin für mindestens fünf Tage in Quarantäne begeben müssen. Des Weiteren sollen sie erst  48 Stunden nach Wegfall der Symptome und mit einem negativen Test die Isolation aufheben dürfen.

Eine mögliche Aufhebung der Quarantäne-Pflicht lässt mehr Spielraum für Diskussionen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Was das richtige Vorgehen bei einer Infektion eines Beschäftigten ist, wird damit immer mehr zur Auslegungssache.

Dabei können sich arbeitsrechtliche Fragestellungen ergeben, auf die Johannes A. Höft, Rechtsanwalt bei der Kanzlei Taylor Wessing Partnergesellschaft, mögliche Antworten parat hat:

Personalwirtschaft: Kann ein Arbeitgeber den Beschäftigten dazu zwingen, trotz einer Infektion im Betrieb zu arbeiten?
Johannes A. Höft: Führen die Symptome des Beschäftigten zu einer Arbeitsunfähigkeit, so kann er sich krankschreiben lassen. In diesem Fall besteht keine Arbeitspflicht, weder im Betrieb noch zu Hause. Bei einer symptomfreien, aber nachgewiesenen Infektion wäre die Rechtslage beim Wegfall einer Isolationspflicht weniger eindeutig. Sofern der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin bei der Arbeit direkten Kontakt zu Kollegen hat, dürfte die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber anderen Mitarbeitenden wohl überwiegen und die Anordnung von Präsenz daher problematisch sein. Wenn betriebliche Kontakte dagegen ausgeschlossen werden können, wäre ein Einsatz trotz bestehender Infektion wohl denkbar. Hier sind jedoch stets die Gesamtumstände zu betrachten: Wie kommt der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin zur Arbeit? Mit dem privaten Kfz oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln? Handelt es sich um eine körperlich anstrengende Tätigkeit?

Kann der Arbeitgeber darauf bestehen, dass der infizierte Beschäftigte von Zuhause aus arbeitet?
Der Arbeitgeber ist weiterhin verpflichtet, ein betriebliches Infektionsschutzkonzept zu implementieren und die sich aus einer Gefährdungsbeurteilung ergebenden, erforderlichen Maßnahmen umzusetzen. Darüber hinaus müssen und dürfen Arbeitgeber auch ihren Betriebsablauf durch ein hierfür geeignetes Infektionsschutzkonzept schützen. Infektiösen Mitarbeitenden im Rahmen dieses Infektionsschutzkonzeptes den Zugang zum Betrieb zu verwehren, dürfte eine angemessene Maßnahme darstellen. Die Anordnung von Homeoffice ist generell seit dem 20. März 2022 nicht unproblematisch. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, denn der Arbeitnehmer kann nicht einfach auf das Homeoffice verwiesen werden. Hier sollten vernünftige und einvernehmliche Regelungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gefunden werden.

Würde der Betriebsrat mit dem Wegfall der Quarantäne-Anordnung mehr Mitspracherecht erhalten?
Ja. Maßnahmen des Gesundheitsschutzes unterliegen der betrieblichen Mitbestimmung. Je enger hier die gesetzlichen Vorgaben waren, desto einfacher war es für den Arbeitgeber, Infektionsschutzmaßnahmen gegebenenfalls auch gegen den Willen des Betriebsrats umzusetzen. Mit dem Wegfall vieler Maßnahmen steigt also der Einfluss der Betriebsräte.

Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.

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