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CERN testet Workspace-Management-System

Das CERN ist eine Größe, nicht nur im übertragenen Sinn: Am Standort der Europäischen Organisation für Kernforschung nahe Genf sind rund 10.000 Mitarbeitende in über 20.000 Räumen tätig, die sich auf 600 Gebäude verteilen. Entsprechend hoch sind die logistischen und infrastrukturellen Anforderungen. Insbesondere, wenn sich die Arbeitszeiten und -orte vieler Mitarbeitender gleichzeitig verändern. Der Großteil der Belegschaft ist nur an bestimmten Wochentagen oder für zeitliche begrenzte Projekte vor Ort, was die Zuweisung der Schreibtische verkompliziert. Es gibt kaum fest zugewiesene Büros.

Im Kontext der Pandemie stellte das CERN, wie viele Unternehmen und Organisationen, fest, dass hybrides Arbeiten gut funktioniert. Im Vergleich zum traditionellen Büro gehen damit jedoch einige neue Herausforderungen einher. Bis 2021 wurden die Arbeitsplätze im CERN manuell zugeteilt und in einer nicht geografischen Datenbank eingetragen, teilweise per E-Mail und Telefon. Dieser Ansatz war aber nicht nur zeitintensiv, es kam schnell zu Überschneidungen. Im schlimmsten Fall wurden Räume mehrfach gebucht, oder der zugewiesene Schreibtisch stimmte nicht mit den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeitenden oder Gastwissenschaftler und  -wissenschaftlerinnen überein.  Die manuelle Verteilung der verfügbaren Arbeitsplätze hatte außerdem zur Folge, dass einige Räume überfüllt waren, während andere weitestgehend leer blieben. Einen Überblick über die tatsächliche Auslastung der Standorte zu behalten, war nahezu unmöglich.

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Zentrale Lösung für die Arbeitsplatz-Zuweisung

Um die Zuweisung der Arbeitsplätze besser organisieren zu können, bedurfte es einer zentralen Lösung. Die Führung beauftragte die auf Softwareentwicklung spezialisierte Esri Deutschland GmbH.  Das Unternehmen hat sich auf geografische Informationssysteme (GIS) spezialisiert und unter anderem das Covid-19-Dashboard des Robert-Koch-Instituts entwickelt. In Kooperation mit Esri entstand ein neues Workspace-Managementsystem, das auf der Software ArcGIS Indoors basiert. Die Großforschungseinrichtung konnte das System bereits in der Testphase nutzen und durch die Benennung der konkreten Bedürfnisse vor Ort, beispielsweise Buchungen für bestimmte Teams oder Schreibtische, die Entwicklung der Software aktiv beeinflussen.

Hierfür standen Esri und CERN in regelmäßigem Austausch. Sobald eine neue Funktion, etwa der selbstständige Check-in per App, verfügbar war, konnte CERN diese vorab testen und Feedback geben. So wurde die Software auf die Ansprüche der Mitarbeitenden zugeschnitten. Auch Esri profitiert von dieser unmittelbaren Zusammenarbeit, da das Unternehmen auf diese Weise sicherstellen kann, die Wünsche ihrer Kundinnen und Kunden bei der praktischen Nutzung nicht zu verfehlen.

Raumplanung per App

Da Gebäudepläne bereits im Vorfeld digitalisiert worden waren, war es nicht nötig, diese zu erfassen.  Der Umstieg zu ArcGIS Indoors war daher mit keinem großen Aufwand verbunden. Stattdessen konnte durch die Software ein digitaler Zwilling des Standorts und aller darauf befindlichen Gebäude erstellt werden. Insgesamt dauerte die gemeinsame Entwicklung des neuen Workspace-Managementsystems von Juni 2021 bis März 2022. Es ist als ein von Anwendungen wie Outlook unabhängiges Kalendersystem innerhalb von ArcGIS Indoors seit Ende 2021 aufrufbar.

Abbildung 1: Auf dieser beispielhaften, vereinfachten Darstellung der Software ist zu sehen, wie sich zwei Mitarbeiter per App für einen Schreibtischplatz (Jack Powell) respektive einen Raum (Carl Gray) eingeloggt haben. Über die Karte des Arbeitsplatzes können sie verortet werden. Links wird die Belegungsdichte angezeigt. (Quelle: Esri Deutschland)

Die Software sorgt nun dafür, dass Daten über verfügbare Räume und deren Attribute wie Lage, Raumgröße, Barrierefreiheit und technische Ausstattung zusammenfließen.  Ziel dabei ist es, dass alle Nutzerinnen und Nutzer der Räume durch eine App Räume buchen und dabei auf ihre persönlichen Ansprüche und Arbeitsprofile eingehen können. Das Kalendersystem zeigt an, wohin die Mitarbeitenden am jeweiligen Tag gehen müssen.  Außerdem werden sie künftig die Möglichkeit haben, die Position ihres Arbeitsplatzes anderen mitzuteilen.  So können sie auf dem großen Gelände besser gefunden werden, sollten Kollegen Bedarf an einem persönlichen Gespräch haben. Sobald die Mitarbeitenden den jeweiligen Raum betreten, können sie über die App einchecken.  Geschieht dies nicht, werden sie per Mail erinnert. Nach einer frei einstellbaren Zeit wird der Raum wieder zur Buchung freigegeben. Überbuchungen werden vermieden, im besten Fall entsteht ein produktives Arbeitsklima.

Ein Dashboard (Abbildung 1) fasst alle wichtigen Informationen an einem zentralen Ort zusammen: wie viele Personen zu diesem Zeitpunkt eingecheckt sind, wie viele Arbeitsplätze noch frei sind und wo genau sich diese befinden. Rückmeldungen vom Space-Managementteam vor Ort sind positiv.  In der Vergangenheit wurden öfter neue Gebäude für bestimmte Abteilungen geplant, obwohl mit der richtigen Organisation noch genug Platz zur Verfügung gestanden hätte. Dies lässt sich nun vermeiden. Durch die Nutzung des neuen Systems konnte die Arbeit des Space-Managementteams deutlich vereinfacht werden. Zudem werden so weniger Investitionen in zusätzliche Arbeitsplätze notwendig und Ressourcen wie Strom und Wasser geschont. Derzeit wird das Pilotprojekt in zwei Gebäuden mit etwa 60 Mitarbeitenden getestet. Sobald der Erfolg bestätigt ist, lässt es sich auch auf den gesamten Campus ausweiten.

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