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So überzeugen Sie Bewerber mit Incentives

HR-Werkstatt: Incentives

Frage an die HR-Werkstatt: „Als Arbeitgeber in einer Großstadt sagen uns Bewerber manchmal ab, weil für sie aufgrund der hohen Mieten kein Umzug infrage kommt. Mit welchen Incentives können wir solche Kandidaten überzeugen?“

Es antwortet: Sabine Märten, Inhaberin der Personalberatungsgesellschaft SABINE MÄRTEN Executive Search

Wechselwillige Kandidaten stellen oftmals hohe Gehaltsforderungen – insbesondere dann, wenn der Jobwechsel mit einem Umzug in die Großstadt verbunden ist. Schließlich geht mit dem neuen Job auch die Anmietung oder der Kauf einer Immobilie einher. Viele Unternehmen in Großstädten können oder möchten diese Mehrkosten nicht mit in das Gehalt einbeziehen. Die Auswahl an geeigneten Kandidaten schränkt sich dadurch ein. Eine Besserung ist in vielen Branchen vorerst nicht in Sicht. Um sich dennoch als attraktiver Arbeitergeber zu präsentieren, können Sie als Alternative Incentives anbieten.

Schritt 1: Gewinnbeteiligungsmodell

Um auf monetärer Ebene etwas anzubieten und gleichzeitig die Fixkosten unverändert zu belassen, können Sie ein Gewinnbeteiligungsmodell einführen. Dies ist auch für Mitarbeiter unterhalb der Geschäftsführungsebene interessant. Das kann eine prozentuale Beteiligung am (Projekt-)Gewinn oder an den Gesellschaftsanteilen des Unternehmens sein. Meine Erfahrung zeigt: Unternehmen, die diese Komponente als Teil der Vergütungsstruktur anbieten, können talentierte Kandidaten nicht nur leichter gewinnen, sondern auch langfristig halten. Am häufigsten setzen dieses Entlohnungsmodell kleinere mittelständische Firmen, partnergeführte Beratungsgesellschaften sowie innovative Aktiengesellschaften und Start-ups ein.

Schritt 2: Home-Office und flexible Arbeitszeiten

Das Thema Home-Office steht bei rund 80 Prozent der Mitarbeiter aktuell an nahezu erster Stelle, wenn es um einen Jobwechsel geht. Dessen Bedeutung sollten Sie deshalb keinesfalls unterschätzen. Die verstärkte Nachfrage ist insbesondere auf das gestiegene Verkehrsaufkommen in den Großstädten und die daraus resultierenden langen Fahrzeiten zur Arbeit zurück zu führen. Gerade Nachwuchskräfte und die Generationen Y und Z sind nicht mehr bereit, täglich ein bis zwei oder gar mehr Stunden Fahrzeit zur Arbeitsstätte in Kauf zu nehmen. Während viele Großkonzerne bereits eine 5-Tage Home-Office-Woche anbieten, reagieren mittelständische Unternehmen auf derartige Forderungen sehr zögerlich. Fordern Führungskräfte Home-Office-Angebote ein, werden diese häufig besonders stark ausgebremst.

Fällt auch Ihnen die Einführung schwer, wäre eine starke Flexibilisierung der Arbeitszeit eine mögliche Alternative. Starre Arbeitszeiten passen heute nicht mehr in das Familienmodell, in dem beide Eltern berufstätig sind und das Renteneintrittsalter mit 67 Jahren beginnt. Junge Eltern müssen sich um ihre Kinder, ältere Arbeitnehmer um ihre Eltern kümmern. Oder aber sie sind mit gesundheitlichen Einschränkungen oder Schlafproblemen konfrontiert, die sich durch individuell gewählte Arbeitszeiten, zum Beispiel auch samstags, verringern ließen. Kleine Alternativen könnten die Übernahme eines Jobtickets oder das Angebot von Parkplätzen sein.

Schritt 3: Unterstützung bei der Wohnungssuche, Werkswohnungen

Das Investment in einen professionellen Relocation-Consultant kann eine gute Rendite bringen. Sie kennen in der Regel den lokalen Markt sehr gut, sind mit vielen Vermietern im Kontakt und daher oft in der Lage, attraktive Wohnungen zu akzeptablen Mieten zu finden. Als Übergangszeit können Sie den Aufenthalt in einem Boarding-House oder in Serviced Appartements übernehmen. Auch das Thema Werkswohnungen können Sie wiederbeleben. Unternehmen mieten Wohnungen an oder forcieren den Neubau von Werkswohnungen um diese den Mitarbeitern so günstig wie möglich zu überlassen – steuerlich ist der geldwerte Vorteil zu berücksichtigen.

Schritt 4: Eröffnung eines neuen Standortes

Sie können Büros im Speckgürtel anmieten, um für die Mitarbeiter leichter erreichbar zu sein und ihnen so die Möglichkeit bieten, außerhalb der Großstädte zu günstigeren Mieten zu wohnen. Sinnvoll wäre es, im Vorfeld eine Analyse der Wohnorte des Mitarbeiterbestandes und der künftigen Zielmitarbeiter durchzuführen. Im Bedarfsfall unterstützen Sie große Immobilienberatungen beziehungsweise Maklerunternehmen dabei.

Schritt 5: Kürzere Arbeitszeiten, mehr Urlaub

Können Sie die Gehaltsvorstellung eines Kandidaten nicht erfüllen, könnten Sie diese durch mehr Urlaub oder kürzere Arbeitszeiten ausgleichen. Auch längere Anfahrtszeiten mit dem Zug rechnen manche Unternehmen bereits zu 50 Prozent als Arbeitszeit an, sofern der Mitarbeiter in dieser Zeit für das Unternehmen tätig ist.

Schritt 6: Teilnahme an strategischen Projekten

Als Gehaltskompensation könnten Sie die Mitarbeiter in strategische Projekte der Geschäftsführung oder in relevante, fachbereichsübergreifende Projekte einbinden. Gerade intrinsisch motivierte Kandidaten, die einen größeren Beitrag zur Unternehmensentwicklung leisten könnten, können Sie mit dieser (kostenlosen) Methodik erfolgreich anwerben und binden.

Schritt 7: Weiterbildungs-, Sportangebote, Family Service, Kantine & Co.

Auch klassische Angebote wie die Übernahme von Weiterbildungskosten, Angebote für Sportprogramme oder -portale, individuelle Weiterentwicklungsprogramme, Bahncard, Altersvorsorgebeiträge, betriebliche Pflegeversicherung, Betriebskindergarten, kostenlose Nutzung des Family Services sowie ein gesundes und gutes Essen in der Kantine sind Bausteine, die Kandidaten inhaltlich und monetär positiv bewerten.

Um Ihre Abschlusschancen mit Kandidaten zu erhöhen, sollten Sie sich vor dem Interview bereits intensiv Gedanken machen, welches der Angebote für sie interessant sein könnte, um diese dann im Gespräch gezielt einfließen lassen zu können. Idealerweise haben Sie diese Präferenzen schon in einem Vorabtelefoninterview erfragt.

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