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Ist die Total-Rewards-Funktion zukunftsfähig aufgestellt?

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Makrotrends, wie etwa die weltweite Ausweitung des Zugangs zu digitalen Produkten und Dienstleistungen oder die immer schnellere Adaption neuer zukunftsweisender Artificial-Intelligence (AI)-Technologien gepaart mit aktuellen geopolitischen Ereignissen, können weiterhin als Treiber einer sich zunehmend rascher wandelnden Arbeitswelt betrachtet werden. Diese Trends rücken den Fokus auch auf die zukunftsfähige Ausrichtung und den adäquaten Aufbau der Human-Resources-Funktion im Allgemeinen und der Reward-Funktion im Besonderen.

Von der Reward-Funktion wird erwartet, dass ihre Vergütungs- und Anreizsysteme stets den aktuellen Anforderungen entsprechen, im Einklang mit den Unternehmenszielen stehen und in direkter Folge die Attraktivität, Bindung sowie die Motivation von Mitarbeitenden fördern. Entsprechend soll eine effektive Vergütung nicht nur wettbewerbsfähig sein, sondern auch die individuellen Bedürfnisse und Präferenzen der Beschäftigten berücksichtigen und die richtigen Verhaltensanreize setzen. Die Vergütungsbestandteile umfassen neben der monetären Entlohnung ebenso Zusatzleistungen wie flexible Arbeitszeitmodelle, Gesundheitsvorsorge, Weiterbildungsmöglichkeiten und weitere Benefits. Diese steigern den Wert der Gesamtvergütung und deren Passgenauigkeit, erhöhen gleichzeitig jedoch die Komplexität der Abstimmung (auch mit anderen Abteilungen) und damit die Anforderungen an die Reward-Funktion maßgeblich. Zudem folgt aus dem auch durch jüngste Gesetzgebung gesteigerten Ruf nach transparenten und leicht verständlichen Informationen zu Vergütungsthemen eine weitere Zunahme der Anforderungen.

Es kann festgehalten werden, dass die Zukunftsfähigkeit der Reward-Funktion einen entscheidenden Beitrag für den Erfolg eines Unternehmens leisten kann. Die an sie gestellten Anforderungen haben in jüngster Vergangenheit jedoch stark zugenommen. Dies wirft unmittelbar die Frage auf, welche Elemente einen zukunftsfähigen Aufbau und damit die Erfüllung der Aufgabenstellungen begünstigen. Darüber hinaus ist fraglich, inwieweit AI die Arbeit der Reward-Funktion vereinfacht, neu gestaltet oder gegebenenfalls sogar in Teilen obsolet macht.

TREC – Der Total Rewards Effectiveness Check

Antworten hierauf liefert der „Total Rewards Effectiveness Check – TREC“. Hierbei können Unternehmen im Online-Self-Assessment anhand von 25 repräsentativen Fragen testen, inwieweit ihre Reward-Funktion und die existierenden Vergütungsprozesse und -instrumente zeitgemäß oder – noch besser – marktführend sind. Anders ausgedrückt: Inwieweit ist der eigene Reward-Bereich „On-Track“?

Ein erster Blick in die TREC-Datenbank mit mehr als 260 teilnehmenden Unternehmen weltweit zeigt einige überraschende Ergebnisse über alle Branchen und Unternehmensgrößen hinweg. Die Mehrzahl der Teilnehmer kommt aus den Branchen Hightech, Konsumgüter und Produktion.

Verantwortungsbereich der Reward-Funktion

Ausschlaggebend für den Wirkungsradius der Vergütungsrolle sind die bei ihr verorteten Themenbereiche, Aufgabenbündel und Strukturmerkmale. Erwartungsgemäß zeigt sich hier ein relativ einheitliches Bild: In der Mehrheit kümmern sich die HR-Organisationen federführend um die eigentliche Vergütung der Mitarbeitenden, kurzfristige Boni sowie langfristige Leistungsanreize und entsprechende jährliche Prozesse wie Gehaltserhöhungsrunden. Zudem sind die Verantwortlichen für die Erstellung von Funktionsbewertungen und Stellenbeschreibungen zuständig. Auch fallen unter ihre Aufgaben das Managen der betrieblichen Nebenleistungen wie etwa Dienstwagen, Versicherungen oder Altersversorgungssysteme. Nur knapp die Hälfte gibt an, die Bereiche Leistungsbeurteilung und Vorstandsvergütung zu betreuen, was auf eine oftmals noch immer isolierte Betrachtung dieser Themenbereiche hinweist.

Nach wie vor bestehen separierte Verantwortungen im Rewards-Bereich. Gleichzeitig sollen Verantwortliche aber Rewards-Themen ganzheitlich und vollumfänglich kommunizieren. Damit dies gelingt, muss die Kollaboration der Rewards-Funktion mit weiteren Zentralbereichen funktionieren.

Der Natur der Sache geschuldet und damit wenig überraschend ist an dieser Stelle die enge Zusammenarbeit mit dem Finanzbereich. Lokale und regionale HR-Business-Partner können als der Kommunikationskanal Nummer eins im Bereich Total Rewards in Richtung Business und Belegschaft betrachtet werden. 78 Prozent der Unternehmen würden ihre Zusammenarbeit mit anderen HR-Funktionen als kooperativ bezeichnen.

Viele Unternehmen ohne Vergütungsstrategie

Im Lichte der Bestrebungen, die Vergütung an den Präferenzen der Mitarbeitenden auszurichten, verwundert die Aussage, dass gerade einmal 40 Prozent der Organisationen ein Feedback der Mitarbeitenden zu ihrem Compensation-&-Benefit-Angebot einholen. Noch erstaunlicher ist das vollständige Fehlen einer übergeordneten Total-Rewards-Strategie in jedem fünften Unternehmen; nur knapp die Hälfte verfügt über einen global einheitlichen Ansatz. Entsprechend sind auch die verfügbaren Vergütungsangebote nur bei der Hälfte der Befragten global vereinheitlicht. Eine stringente Verknüpfung zur Unternehmens- und HR-Strategie haben lediglich 61 Prozent der Unternehmen, die mit einem ganzheitlichen Vergütungsansatz arbeiten. Dies ist zu großen Teilen sicherlich auch der Tatsache geschuldet, dass viele Unternehmen über keine dezidierte HR-Strategie verfügen.

Entwicklungspotenziale nicht ausgenutzt

Ein Blick in die aktuellen Trendthemen zeigt zunächst, dass 56 Prozent der Unternehmen Policies zum Thema Pay Equity aufgesetzt haben. Bei genauerem Hinsehen wird jedoch deutlich, dass nur 27 Prozent im letzten Jahr eine globale Pay-Equity-Analyse durchgeführt haben. Hier ist sicherlich noch viel Raum für eine zielgerichtete Ausgestaltung und regelmäßige Analysen – insbesondere vor dem Hintergrund der gesetzlichen Änderungen der EU.

Ähnlich viel Luft nach oben zeigt sich hinsichtlich des Innovationspotenzials der Reward-Funktion: 40 Prozent der Unternehmen sehen sich in keinem inhaltlichen Bereich als Marktführer oder Thought Leader. Die Innovationskraft der Rewards-Funktion beschränkt sich zumeist auf flexible Arbeitszeiten. Folglich überrascht es nicht, dass in 73 Prozent der Unternehmen auch die Mitarbeitenden ihre Benefits nicht flexibel auswählen können. Nur fünf von 100 Unternehmen nutzen derzeit AI-Lösungen im Vergütungsbereich. Noch ist völlig unklar, ob und welche AI-Anwendungen die Reward-Arbeit unterstützen oder ersetzen werden.

Fazit

Die Frage, ob Rewards on-track und für die Zukunft gerüstet ist, lässt sich nicht ohne Weiteres bejahen. Auch wenn viele Unternehmen im Reward-Bereich die Standardleistungen in puncto Vergütung und Nebenleistungen anbieten, fehlen häufig die alle Vergütungsaspekte umfassenden Verantwortlichkeiten sowie die Vorbereitung auf zukünftige Herausforderungen. Themen wie Pay Equity, Pay for Skills sowie flexible und innovative Vergütungslösungen kommen mit hoher Geschwindigkeit auf das Total-Rewards- und HR-Management zu, wobei die richtigen und umfassenden Maßnahmen noch nicht ergriffen wurden. Mit einer nahezu gänzlich fehlenden Nutzung der bestehenden AI-Möglichkeiten reiht sich Rewards in das Gesamtbild von HR als digitales Schlusslicht im Unternehmen ein.

Die Reward-Verantwortlichen sind gut beraten, sich selbst, die Vergütungsangebote und ihre Zukunftsfähigkeit auf den Prüfstand zu stellen, um auch künftig ihrer essenziellen Rolle bei der Rekrutierung, Bindung und Motivation von Mitarbeitenden nachzukommen.

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