Öffentliche Arbeitgeber haben spezielle Pflichten zugunsten von schwerbehinderten Bewerbern und Bewerberinnen zu erfüllen. Bei einer internen Stellenausschreibung stellt sich die Frage: Müssen die Bewerbenden auf die Schwerbehinderung extra hinweisen oder liegt es am jeweiligen Personalentscheider oder der entsprechenden -entscheiderin, sich gegebenenfalls intern über eine mögliche Schwerbehinderteneigenschaft zu informieren? Eine Antwort darauf gab jüngst das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt.
Es entschied mit seinem Urteil: Ja, bei einer internen Stellenausschreibung muss sich die Abteilung, die über die Bewerbungen entscheidet, gegebenenfalls bei der Personalverwaltung über eine mögliche Schwerbehinderung des Bewerbers oder der Bewerberin informieren. Im vorliegenden Fall ging es um zwei interne Stellenausschreibungen an einer Universität.
Sekretärin gab nicht an, dass sie eine Schwerbehinderung hat
Für zwei naturwissenschaftliche Fakultäten wurde jeweils eine Sekretärin gesucht. Eine Arbeitnehmerin, die schon bei der Universität beschäftigt war, bewarb sich auf beide Stellen. Sie reichte ihre Bewerbungen – wie es in der Stellenausschreibung verlangt wurde – direkt bei den entsprechenden Instituten ein. Die Frau hat einen Behinderungsgrad von 40 und ist einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Auf ihre Behinderung und ihre Gleichstellung wies sie im Bewerbungsschreiben nicht hin.
Beide Institute reagierten auf die Bewerbung der Mitarbeiterin nicht. Die Frau klagte daraufhin auf Zahlung von Schadensersatz gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Sie argumentierte, sie sei entgegen der gesetzlichen Verpflichtung des Paragraf 165 Satz 3 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Dieser besagt: Öffentliche Arbeitgeber müssen Bewerbende mit einer Schwerbehinderung zu einem Vorstellungsgespräch einladen, sofern dem Bewerber oder der Bewerberin die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlt. Weitere Voraussetzung dafür ist, dass dem Arbeitgeber die Schwerbehinderung entweder bekannt ist oder er sie kennen müsste.
Dass sie im Bewerbungsschreiben nicht auf ihre Behinderung hingewiesen habe, tue nichts zur Sache. Da es sich jeweils um eine interne Stellenausschreibung gehandelt habe, habe sie auf die bestehende Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nicht hinweisen müssen, denn diese sei der Universität bekannt gewesen.
Urteil: Diskriminierung
Die Klage auf Entschädigung hatte vor dem LAG Sachsen-Anhalt Erfolg. Das Gericht kam zu der Überzeugung, dass im vorliegenden Fall der Arbeitgeber gegen seine Verpflichtung, schwerbehinderte Menschen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, verstoßen und dadurch die Mitarbeiterin wegen ihrer Behinderung diskriminiert hatte. Dass die Gleichstellung der Bewerberin mit einem Schwerbehinderten nur der zentralen Personalverwaltung bekannt war und nicht der über die Bewerbung entscheidenden dezentralen Stelle, befreite nach Auffassung des LAG den Arbeitgeber nicht von seiner Pflicht gemäß Paragraf 165 Satz 3 SGB IX.
Da es sich um eine interne Stellenausschreibung handelte, hätte sich die über die Bewerbung entscheidende Stelle bei der Personalverwaltung über eine mögliche Schwerbehinderteneigenschaft oder über eine mögliche Gleichstellung der Bewerberin informieren können. Dagegen sprechen nach LAG-Ansicht auch nicht die Vorschriften zum Datenschutz. Ansonsten könnte sich ein öffentlicher Arbeitgeber seinen Verpflichtungen aus Paragraf 165 Satz 3 SGB IX durch eine dezentrale Organisation seines Auswahlverfahrens entziehen, so das LAG.
ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.

