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Wann ist ein Aufhebungsvertrag sinnvoller als eine Kündigung?

Wir haben für Teil 9 unserer Kolumne “So ist’s Arbeitsrecht” mit Dr. Barbara Reinhard, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin bei KLIEMT.Arbeitsrecht, gesprochen.

Personalwirtschaft: Frau Dr. Reinhard, wann ist ein Aufhebungsvertrag sinnvoller als eine Kündigung?
Barbara Reinhard:
Ein Aufhebungsvertrag ist eigentlich immer die bessere Lösung. Mit dem Aufhebungsvertrag als beiderseitige Beendigung des Vertragsverhältnisses können Streitigkeiten vermieden werden, die bei einer einseitigen Kündigung durch den Arbeitgeber in manchen Fällen zu erwarten wären. Denn der Aufhebungsvertrag schafft nicht nur abschließende Sicherheit zur Beendigung des Vertrags, sondern bietet im Rahmen des Verhandlungsgespräches die Möglichkeit, unklare Aspekte wie offene Urlaubs- oder Lohnansprüche durch Boni und variable Vergütungen oder Überstundenzahlungen zu klären.

Ist das bei einer einfachen Kündigung nicht möglich?
Die Kündigung als solche bringt diese Themen nicht auf den Tisch und regelt sie auch nicht. Hierfür müssten gesonderte Absprachen getroffen werden. Versäumt der Arbeitgeber dies, landen offene Ansprüche sowie die generelle Wirksamkeit der Kündigung unter Umständen vor Gericht. Es ist es also ratsam, es nicht auf ein Kündigungsschutzverfahren hinauslaufen zu lassen, denn dabei muss der Arbeitgeber sozusagen die Zügel aus der Hand geben und im Zweifel Gerichtskosten zahlen. Außerdem bietet die Rechtssicherheit eines Aufhebungsvertrages auch eine Planungssicherheit bezüglich der Stelle, die so ohne Bedenken nachbesetzt werden kann.

Der Aufhebungsvertrag geht aber auch mit Kosten durch die Abfindung einher, oder?
Es wird in der Praxis meistens eine Abfindung vereinbart, denn die Vermeidung eines Kündigungsrechtsstreits und die insgesamt gütliche Einigung lässt sich der Arbeitgeber in der Regel etwas kosten. Gezahlt wird als Abfindung üblicherweise ein halbes Brutto-Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr – das ist als Gedanke im Kündigungsschutzgesetz verankert. Dies ist rechtlich aber kein Muss. Gerade bei Trennungsgründen im verhaltensbedingten Bereich, also Fehlverhalten des Angestellten, ist so mancher Arbeitnehmer überhaupt froh darum, dass der Kündigungsgrund nicht in einem Gerichtsverfahren oder in einer Betriebsratsanhörung bekannt wird. Vielmehr kann die Beendigung des Arbeitsverhältnisses per Aufhebungsvertrag quasi „hinter den Kulissen“ erfolgen. In diesen Fällen wird nicht über eine Abfindung diskutiert.

Landet ein Aufhebungsvertrag denn nie vor Gericht?
Es gab Fälle, in denen die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages gerichtlich angefochten wurde, allerdings sind Kündigungsschutzverfahren viel häufiger. Wenn Arbeitnehmer im Nachhinein das Gefühl hatten, der Arbeitgeber sei zu billig weggekommen, versuchten manche mit dem Aspekt der Überrumpelung zu argumentieren. Der Arbeitgeber hätte seine Machtposition und Verhandlungsstärke ausgenutzt. Oder sie behaupteten sogar, sie seien widerrechtlich bedroht worden. Hierzu gibt es aber eine klare Rechtsprechung. Zu sagen, dass die fristlose Kündigung in Erwägung gezogen wird, wenn es keine Einigung zu dem Aufhebungsvertrag gibt, ist eher ein rechtmäßiges Aufzeigen von Konsequenzen als eine widerrechtliche Drohung – und zwar dann, wenn tatsächlich aus Sicht des Arbeitgebers hinreichende Kündigungsgründe im Raum stehen.

In Aufhebungsverträgen können die Parteien eine allgemeine Erledigungsklausel regeln. Worum geht es dabei?
Genau, eine solche gibt es häufig und sie ist auch zu empfehlen. Sie besagt, dass sich beide Parteien darüber einig sind, das mit Abschluss des Aufhebungsvertrages und Erfüllung der dort festgelegten Ansprüche alle weiteren bekannten oder unbekannten Ansprüche erledigt und abgegolten sind. Diese „Generalquittung“ ist aber nur dann etwas wert, wenn mögliche noch offene Restansprüche zuvor klar definiert wurden. Findet sich im Aufhebungsvertrag eine Formulierung wie „Der Arbeitgeber wird das Arbeitsverhältnis für die Restlaufzeit ordnungsgemäß abwickeln“, bleibt er genau hierzu verpflichtet. Und dann können die Parteien trefflich darüber streiten, was denn alles zu einer solchen ordnungsgemäßen Abwicklung zählt (Überstunden, Boni, Sonderzahlungen).

Auch bei solchen Verträgen gilt aber das Gebot fairen Verhandelns. Was bedeutet das?
Dies kommt unter anderem dann zum Tragen, wenn der Arbeitnehmer einen Vertreter des Betriebsrates oder gar einen Anwalt in dem Gespräch über die Aufhebung neben sich wünscht. Vor allem, wenn der Arbeitgeber selbst jemanden aus der Rechtsabteilung mit im Gespräch hat, ist es ja nur fair, dies dem Arbeitnehmer auch zu gewähren. In manchen Fällen, also je nach Grund und Umständen der gewünschten Trennung, würde ich unter dem Aspekt Fairness auch empfehlen, dem Arbeitnehmer eine Bedenkzeit einzuräumen.

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So ist’s Arbeitsrecht

Die Kolumne „So ist’s Arbeitsrecht“ erscheint alle zwei Wochen und klärt HR-relevante Fragen im Recht. Gibt es bei Ihnen Unklarheiten zu arbeitsrechtlichen Themen? Dann schreiben Sie gerne an unsere Redakteurin Gesine Wagner: gesine.wagner@faz-bm.de.

Gibt es formelle Anforderungen zu beachten?
Viele Vorgaben gibt es da nicht: Der Aufhebungsvertrag muss in Schriftform erfolgen und bedarf von Arbeitgeberseite die Unterschrift einer vertretungsberechtigten Person, also von jemandem, der die Gesellschaft in arbeitsvertraglichen Themen vertreten darf. In der Regel ist das nicht der direkte Vorgesetzte, sondern der Personalleiter, die Personalleiterin, Geschäftsführung oder Vorstand.

Muss der Arbeitgeber bei der Verhandlung der Abfindungshöhe über die Sperrfrist durch die Agentur für Arbeit informieren?
Der Arbeitgeber hat keine zwingenden umfassenden Aufklärungspflichten gegenüber dem Arbeitnehmer. Ihn trifft jedoch die Obliegenheit, den Arbeitnehmer darüber zu informieren, dass er sich bei der Agentur für Arbeit melden muss, sobald dieser weiß, dass das Arbeitsverhältnis endet. Zudem können den Arbeitgeber gesteigerte Fürsorge- und damit auch Hinweispflichten treffen, wenn zum Beispiel besondere Nachteile drohen (Verlust von Versorgungsansprüchen) und der Arbeitgeber einen Wissensvorsprung hat. Und selbstverständlich müssen sämtliche Aussagen des Arbeitgebers zu den Folgen eines Aufhebungsvertrags korrekt sein – er darf den Arbeitnehmer nicht mit falschen Versprechungen in einen Aufhebungsvertrag locken. Daher sollte der Arbeitgeber vorsichtig sein, wenn er den Arbeitnehmer belehrt oder ihn aufklärt. Wenn der Arbeitgeber hier falsche Angaben macht, droht sogar eine Schadensersatzzahlung.

Gesine Wagner ist hauptverantwortlich für die Themen Arbeitsrecht, Politik und Regulatorik und ist Ansprechpartnerin für alles, was mit HR-Start-ups zu tun hat. Zudem schreibt Sie über Recruiting und Employer Branding.