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Mehr Dankbarkeit im Job: 5 Dinge, die Führungskräfte und HR wissen und tun sollten

Mal ganz ehrlich: Bedanken Sie sich eher zu viel oder zu wenig bei Ihren Mitarbeitenden, Kollegen, Ihrer Führungskraft? Und wenn Sie jetzt Ihre Mitarbeitenden, Peers oder Vorgesetzten fragen: Würden die das genau so sehen? Na also! Danke schon jetzt für Ihre Ehrlichkeit!

In dieser Folge der Kolumne geht es um Dankbarkeit im Job: Was heißt das eigentlich – und was nicht? Wozu als Führungskraft dankbar sein? Welche Missverständnisse und Mythen machen uns die Dankbarkeit im Job häufig schwer? Und wie geht das, dankbarer führen und organisieren?  

Was Dankbarkeit ist

Dankbarkeit ist eigentlich so etwas wie eine Art soziales Schmieröl: Es erleichtert das Miteinander. Dankbarkeit ist eine jener zehn positiven Emotionen wie Freude, Interesse, Gelassenheit, die sich nicht nur angenehm anfühlen, sondern die auch unsere Denk- und Handlungsoptionen weiten – das hat die Emotionsforscherin Barbara Fredrickson nachgewiesen. Zudem ist Dankbarkeit natürlich eine Eigenschaft, zu der wir eher oder weniger neigen.

Vor allem aber ist Dankbarkeit eine Praxis, etwas, das man bewusst lernen, tun und trainieren kann. Denn wer Dankbarkeit empfindet und ausdrückt, tut eigentlich zwei Dinge – diese Unterscheidung trifft Robert Emmons, der wohl renommierteste Dankbarkeitsforscher überhaupt: Dankbar sein heißt, das Positive bemerken. Und dankbar sein heißt häufig, die Quelle der Positivität außerhalb von uns selbst zu verorten, sprich: Ich bin dankbar FÜR etwas, und ich bin JEMANDEM dafür dankbar.     

Was Dankbarkeit nicht ist

Ein mechanisches, antrainiert-höfliches „Danke“-Sagen, wie es einem vielleicht als Kind gegenüber den hässlichen Geschenken entlegener Tanten oder Onkels abverlangt wurde: Das ist mit Dankbarkeit nicht gemeint. Auch eine muskelschwache, unterwürfige Akzeptanz miserabler Arbeits- und sonstiger Bedingungen, die Barbara Ehrenreich unter Dankbarkeit verstanden wissen will, ist nicht das, was Dankbarkeit eigentlich ist. Und damit sind wir schon beim Nutzen von Dankbarkeit.

Was Dankbarkeit nützt

Dankbarkeit in Unternehmen stärkt die Produktivitität, die Qualität, erhöht den Profit, fördert die Innovation und die Kunden- und Mitarbeiter-Loyalität. Chester Elton führt diese und viele weitere empirische Belege aus Studien in seinem Buch „Leading with gratitude“ an. Auch ethisches Verhalten wird durch Dankbarkeit gefördert: Untersuchungen in einem Londoner Krankenhaus haben ergeben, dass sich die Zahl der Beschäftigten, die sich vor dem Betreten eines Patientenzimmers die Hände desinfizierten, verneunfachte, nachdem man ihnen Dankbarkeitsnachrichten am Spendergerät anzeigte. Vor allem junge Menschen erwarten viel Wertschätzung und Dankbarkeit von ihren Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzten! Sonst suchen sie sich einen anderen Job. 

Dankbarkeit ist ein starkes, mächtiges mentales Allzweck-Tool, das auch außerhalb des Jobs viele Auswirkungen auf viele Lebensbereiche hat. Menschen, die Dankbarkeitsübungen durchführen, berichten von weniger Stress und Depressionssymptomen als Vergleichsgruppen – und sie verfolgen ihre Ziele konsequenter, berichten über bessere mentale und körperliche Gesundheit und höhere Lebenszufriedenheit.

Wieso es Dankbarkeit so schwierig hat im Job

Neulich traf ich auf einer Party eine Führungskraft aus der Gastronomie. Sie klagte über die Leistung ihrer Mitarbeiter und fragte mich, ob ich als Coach nicht noch andere Tipps hätte als „Wertschätzung, Anerkennung und dieser ganze Kram“ – den habe sie nämlich schon erfolglos ausprobiert. Ihre Leute reagierten nur auf Druck. Mein Eindruck: Viele Führungskräfte glauben das. Dankbarkeit würde sie in irgendeiner Weise schwach machen, ihre Mitarbeitenden würden sich erst und nur dann wirklich reinhängen, wenn sie Druck verspürten.

Ich zumindest kenne niemanden, die oder der wegen zu viel Wertschätzung gekündigt hätte. In Studien berichtet die überwältigende Mehrheit der Befragten, dass sie dankbare Vorgesetzte für erfolgreicher halten, dass ein „Dankeschön“ sie motiviere – allerdings auch, dass sie selten oder nie Dankbarkeit im Job ausdrückten. 

Wie dankbarer führen und organisieren

Echte Dankbarkeitskultur muss von oben kommen. Gerade weil es Dankbarkeit häufig eher schwer hat in der Arbeit, muss sie von der Spitze der Organisation vorgelebt werden. Vielleicht führen Sie daher für sich selbst immer mal wieder eine Dankbarkeitsliste, in der Sie zwei, drei Mal die Woche einchecken und sich bewusst machen, wem Sie alles wofür alles dankbar sein können und wollen!?

Mit echten Post-Ist oder virtuellen Kudo-Karten können Sie Menschen mit einer kleiner Botschaft Ihre Anerkennung und Wertschätzung ausdrücken – zum Beispiel immer dann, wenn Sie den Computer morgens hochfahren oder ihn abends in den Feierabend entlassen. Gerade in Organisationen mit viel Stress und Zeitdruck scheint Dankbarkeit unter die Räder zu kommen – da wäre sie besonders wichtig und hilfreich!

Und danken Sie nicht nur denen, die auf der und für die Galerie arbeiten: Machen Sie es wie Alan Mulally, der frühere Chef von Ford: Über ihn wird berichtet, dass er in seiner ersten Autovorstellung jene auf das Podium bat, die an dem neuen Auto noch eben die Scheiben gewienert und den Font gestaubsaugt hatten – und eben nicht nur wie sonst üblich Entwicklungsvorstand X und Marketingvorstand Y. Danken Sie auch jenen, denen sonst selten gedankt wird!

Was mir noch bleibt zu sagen: Danke für die Aufmerksamkeit!

Ausführlicher über konkrete Tipps für dankbareres Führen berichtet Christian Thiele in seinem Podcast „Positiv führen“.

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Kolumne „Konstruktiv positiv“

Alle bisher erschienenen Beiträge der Kolumne finden Sie auf dieser Übersichtsseite.

Christian Thiele ist Autor und Coach für positive Leadership. Sein Buch „Positiv führen für Dummies“ ist gerade im Wiley-Verlag erschienen, sein Podcast „Positiv Führen“ lässt sich auf allen großen Podcast-Plattformen abrufen.
https://positiv-fuehren.com/