HR ist unabdingbar, wenn es darum geht, Transformationsprozesse zu gestalten, zu begleiten und umzusetzen. Allerdings ist das Personalmanagement hierzulande in großen Unternehmen auf Geschäftsführungs- und Vorstandsebene nicht immer strategisch einbezogen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Transformationsberatung HR Pioneers, die im Juli und August 2022 die Internetseiten und Geschäftsberichte von 120 großen Unternehmen daraufhin untersucht hat, ob und wie der HR-Bereich durch Mitglieder des Vorstands oder der Geschäftsführung im Topmanagement vertreten ist.
Analysiert wurden die 40 DAX-Unternehmen, die 40 umsatzstärksten deutschen Familienunternehmen sowie zum Vergleich die 40 umsatzstärksten US-amerikanischen Unternehmen. Gleichzeitig erfasst der Report zum Vergleich auch, wie stark der IT-Bereich im Topmanagement vertreten ist.
In den USA gibt es häufiger einen CHRO oder CPO im Vorstand
Die Analyse zeigt, dass in Deutschland das HR-Ressort als Einzelverantwortung in einer Vorstands- oder Geschäftsführungsposition nur in einem Drittel (33 Prozent) der DAX 40-Unternehmen vertreten ist. Bei den 40 untersuchten Familienunternehmen liegt der Anteil bei 35 Prozent. In den USA haben dagegen drei Viertel (74 Prozent) der Firmen einen CHRO oder CPO. Als Teilbereich einer Vorstands- oder Geschäftsführungsposition ist HR bei gut der Hälfte (55 Prozent) der DAX-Unternehmen und bei knapp einem Drittel (30 Prozent) der hiesigen Familienunternehmen vorhanden.
Dabei ist der Personalbereich in den DAX-Vorständen am häufigsten bei Vorständen angesiedelt, die auch Recht und/oder Kommunikation verantworten, gefolgt von Compliance und Strategie. Auch Nachhaltigkeit, Innovation und Forschung, Mergers and Acquisitions (M&A) sowie Beziehungen werden oft mit dem HR-Fachbereich kombiniert. In acht DAX-40-Unternehmen verantworten die CEOs das HR-Ressort mit.
Die Hälfte im HR-Topmanagement ist weiblich
Wenn der Personalbereich gleichzeitig mit einem anderen Ressort geführt wird, könnte das nach Ansicht der Studienautoren ein Indikator dafür sein, dass HR keine große Rolle in Vorstandsthemen einnimmt. Bei strategischen Entscheidungen vertrete das entsprechende Vorstandsmitglied zu einer höheren Wahrscheinlichkeit eher den anderen Geschäftsbereich als die Position von HR. In fast 13 Prozent der DAX-40-Unternehmen und 35 Prozent der Familienunternehmen wird HR gar nicht im Topmanagement erwähnt.
Zum Vergleich: In den USA wird der Personalbereich auf dieser Ebene nur in zehn Prozent gar nicht repräsentiert. Über alle untersuchten Gruppen in beiden Ländern hinweg gibt es jedoch eine Gemeinsamkeit: Die Hälfte der Vorstands- und Geschäftsführungspositionen im HR-Bereich ist mit Frauen besetzt.
„In den USA hat man bereits erkannt, dass HR im Topmanagement eine bedeutende Rolle für die digitale Transformation und somit für die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen spielt“, kommentiert André Häusling, Gründer und Geschäftsführer der HR Pioneers, die Ergebnisse. Deutsche Firmen müssten hier nachziehen, so die Studienverfasserinnen und -verfasser, und HR als wichtigen strategischen Partner im Vorstand oder in der Geschäftsführung positionieren. Die Verantwortungsverteilung und -besetzung der Vorstandspositionen müsse insgesamt neu gedacht werden, ergänzt Häusling. Das gelte auch und erst recht für den IT-Bereich, denn auch diesem Ressort werde im Topmanagement nicht der für Zukunftsthemen nötige Stellenwert beigemessen.
CIOs oder CTOs ebenso selten als Einzelposition im Vorstand
Lediglich rund 18 Prozent der DAX 40-Unternehmen haben eine ausgewiesene Einzelposition als CIO oder CTO auf Vorstandsebene – das ist der niedrigste Anteil aller Ressorts. In den Familienunternehmen gibt es immerhin 48 Prozent IT-Repräsentantinnen und -Repräsentanten im Topmanagement – so hoch liegt auch der Anteil in den untersuchten US-amerikanischen Unternehmen. Bei mehr als jedem zweiten DAX-Unternehmen verantwortet das Vorstandsmitglied für Finanzen und Controlling auch das IT-Ressort. Gleichzeitig bleibt die IT im Topmanagement im Unterschied zu HR männlich dominiert: Insgesamt nur ein Fünftel (21 Prozent) der Spitzenpositionen wird von einer Frau verantwortet.
Die Analyse „Transformationspotenzial im Topmanagement“ kann hier zum Download angefordert werden.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.