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Mehrheit der Arbeitnehmer sieht Arbeitszeiterfassung positiv

Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, in ihrem Unternehmen ein Arbeitszeiterfassungssystem zu haben. Das hat kürzlich ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) erneut betont. Die klare Aussage der Richter überraschte viele Personalerinnen und Personaler und rief die Sorge hervor, dass Vertrauensarbeitszeit und flexibles Arbeiten zukünftig nur noch eingeschränkt möglich sind und dass die Erfassung einen erheblichen bürokratischen Aufwand mit sich zieht. Diese Sorge teilen allerdings nur wenige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das zeigt eine aktuelle Umfrage der Jobplattform Indeed aus dem September.

Demnach machen sich nur rund 15 Prozent der circa tausend befragten Erwerbstätigen Sorgen darum, durch die Arbeitszeiterfassung weniger flexibel tätig sein zu können. Rund 12 Prozent machen sich zudem Gedanken, dass die Erfassung der Arbeitszeit ein zusätzlicher Zeitaufwand für sie wird. Allerdings sind es nicht die Sorgen, die bei den Mitarbeitenden überwiegen. Vielmehr erhoffen sich 47 Prozent von ihnen durch die Arbeitszeiterfassung besser nachweisen zu können, wie viele Überstunden sie leisten. Beschäftigte denken zudem, dass es ihnen durch die neue Pflicht besser möglich ist, Überstunden abzubauen (23 Prozent) oder für sie entlohnt zu werden (37 Prozent).

Die Arbeitszeiterfassung wird laut den Umfrageergebnissen folglich als eher positiv angesehen. Rund 70 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen eine Arbeitszeiterfassung wichtig ist –31 Prozent ist sie „eher wichtig“ und 40 Prozent empfinden sie als „sehr wichtig“. Dabei stehen besonders jüngere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer positiv zur Erfassung der Arbeitszeit.

In vielen Unternehmen wird Arbeitszeit bereits erfasst

Dennoch werden einige von ihnen in Kürze bei ihrem aktuellen Arbeitgeber erstmals ihre Arbeitszeit erfassen. In den Unternehmen von rund einem Drittel der Befragten gibt es derzeit kein Arbeitszeiterfassungssystem, das angewandt wird. Wie genau sich das in Zukunft ändern soll, ist noch unklar. Denn in seiner Grundsatzentscheidung erklärte das BAG nur, dass die Arbeitszeit erfasst werden muss, nicht aber, wie. Hier warten Arbeitnehmer und Arbeitgeber gespannt auf die Urteilsbegründung des BAG, die für November erwartet wird.

Bis dahin können sich Arbeitgeber, in denen es kein Arbeitszeiterfassungssystem gibt, von Unternehmen mit einem solchen inspirieren lassen. In den Unternehmen, in denen die Arbeitszeit bereits erfasst wird, geschieht dies auf digitalen Wegen (rund 27 Prozent), per elektronischer Chip-Karte (knapp 17 Prozent) oder per Stift und Papier (circa 20 Prozent).

Ein interessantes Ergebnis der Studie ist auch, dass die Arbeitszeiterfassung im Blue- und White-Collar-Bereich jeweils anders bewertet wird. Im Blue-Collar-Bereich steht man der Arbeitszeiterfassung tendenziell positiver gegenüber. Dort werben Unternehmen laut den Indeed-Expertinnen und -Experten oftmals in Stellenanzeigen mit einer Arbeitszeiterfassung, um so den Schutz der Beschäftigten vor Überstunden zu betonen. In der Wissensarbeit dahingegen wird eine Erfassung der Arbeitszeit eher als eine mögliche Bedrohung von flexiblen Arbeitsmodellen angesehen. Dort betonen Arbeitgeber im Recruiting immer öfter, dass es bei ihnen eine Vertrauensarbeitszeit gibt. Etwa 4 Prozent aller Stellenanzeigen mit dem Zusatz Vertrauensarbeitszeit beziehen sich auf IT-Managerinnen. Ähnlich hoch ist der Anteil bei den Projektmanagern und allgemeinen Beraterinnen (jeweils mehr als 2 Prozent).

Inwieweit und ob letztere durch die Erfassung der Arbeitszeit betroffen ist, bleibt abzuwarten. Indeed-Arbeitsmarktökologin Annina Hering rät allerdings schon einmal: „Für die weitere Umsetzung und Akzeptanz der Zeiterfassung ist es sicherlich wichtig, die Vorteile der Regelung mit neuen Arbeitskonzepten und -modellen in Einklang zu bringen, die sich gerade unter Wissensarbeitern einer großen Beliebtheit erfreuen.“  

Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.