Die TRATON Holding (bis August 2018 Volkswagen Truck & Bus) verändert derzeit ihren Jobaufbau. Damit ist sie nicht allein: 75 Prozent der in einer Erhebung von Deloitte befragten Unternehmen gaben 2020 an, in den vergangenen fünf Jahren die Stellenarchitektur in ihrem Unternehmen neu aufgesetzt zu haben oder gerade dabei zu sein. Zum Vergleich: 2017 waren es 9 Prozent weniger.
Bei einem gemeinsamen Vortrag auf dem 6. Praxisforum Total Rewards in Frankfurt am Main mit Peter Devlin (Head of Total Rewards), Katrin Sauter (Senior Consultant Benefits und Compensation) und Julia Kuth (Consultant Benefits and Compensation) von Deloitte stellten Tobias Gnaier (Senior Project Manager HR) und Thomas Riedl (HR Specialist Controlling and Organization) von TRATON ihren Ansatz vor.
Business steht vor vielen Herausforderungen
„Das Truckbusiness befindet sich in der Veränderung“, erklärte Projektleiter Tobias Gnaier zu Beginn des Vortrags. Bei TRATON kämen jetzt öfter Fragen zur Digitalisierung und Logistik auf als früher, beispielsweise: Welche Bedeutung hat der Truck im Güterverkehr? Auch der Fachkräftemangel fordert das Business heraus. Um die Digitalisierung zu stemmen und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, hat das Unternehmen das MySuccess Program ins Leben gerufen. Ziel des Projekts ist es, die HR IT-Systeme auf cloudfähige, zukunftsfähige Applikationen wie SuccessFactors umzustellen und für die Kunden des Personalbereiches End-to-End Prozesse zu implementieren. Um den größtmöglichen Nutzen zu generieren, bedarf es dabei einer standardisierten Stellenarchitektur – also einer Vereinheitlichung der Stellenbezeichnungen. Außerdem wird die Levelstruktur für alle Beschäftigten transparent und vergleichbar.
Tobias Gnaier nannte verschiedene Herausforderungen, vor denen das Programm steht. Dazu gehört, dass neue Technologien wie Cloud-Lösungen für HR-relevante Daten oder neue Kommunikationskanäle eingesetzt und verstanden werden müssten. Außerdem waren die Jobbezeichnungen der 450 Stellen von TRATON uneinheitlich, Karrierepfade waren wenig transparent. Mitarbeitende wussten also nicht, welche Fähigkeiten und Kenntnisse sie für welche Position mitbringen müssen.
„Viele Mindestfaktoren für den Erfolg des Programms sind noch nicht vorhanden.“ Das ergab ein sogenannter „Readiness Check“ vorab. Dieser wurde vor Beginn der Workshops zur neuen Jobarchitektur durchgeführt. Es gab auch noch keine Jobfamilien.
„Die Titel der Stellen waren Wildwuchs – historisch gewachsen“, betonte Gnaier. Anschließend erläuterte Thomas Riedl die Lösung näher. Vor allem gebe es jetzt eine einheitliche Logik der Benennung: Auf das Karrierelevel (zum Beispiel „Senior“) folgen der Beitrag, den der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin leistet (beispielsweise Specialist), und danach die Jobfamilie. So könne zum Beispiel als neue einheitliche Bezeichnung „Senior Specialist Human Resources“ entstehen.
Jobarchitektur als maßgeblicher Erfolgsfaktor
Die Vortragenden von Deloitte gingen ebenfalls auf solche Veränderungsprozesse ein. Gerade neue Technologien wie Cloud-Lösungen oder Kommunikationskanäle – beispielsweise Microsoft Teams oder Slack – machten Veränderungen nötig. „Maßgeblicher Erfolgsfaktor für Transformationen in HR ist die Jobarchitektur“, fand Peter Devlin, der bei Deloitte für Total Rewards in Deutschland verantwortlich ist. Das heißt, um das Personalmanagement den veränderten Arbeitsbedingungen – zum Beispiel an neue Technologien – anzupassen, müsse die Stellenarchitektur verändert werden. „Viele Unternehmen glauben, bei Jobarchitektur handele es sich nur um Gehaltspolitik“, bedauerte Devlin. Doch es gehe dabei um mehr: Zukünftig müssten Jobs an sich anders gestaltet werden.
Katrin Sauter, Senior Consultant Benefits und Compensation bei Deloitte, erläuterte einige Ziele, die Unternehmen im Veränderungsprozess im Blick behalten sollten: Der Überblick über die Arbeit solle funktionell sein, also nicht spezifisch für einen Bereich, sondern sich auf die tatsächlich geleistete Arbeit fokussieren. Als Beispiel nannte Sauter hier eine Assistentin oder einen Assistenten. Unabhängig von dem Bereich – der Jobfamilie – bleibe der Kern der Arbeit, die diese Person leistet, immer gleich.
Weiterhin sollten laut Sauter Stellenbeschreibungen kürzer und generalistischer werden. So könnten viele verschiedene Kandidatinnen und Kandidaten angesprochen werden – eine wichtige Stellschraube in Zeiten des Fachkräftemangels. Sauter nannte auch die Speicherung von Informationen als oft überarbeitungswürdig: Statt dezentralisiert sollten Informationen – gerade solche, die für HR wichtig sind – zukünftig zentralisiert aufbewahrt werden. Das könnten Unternehmen zum Beispiel mit Hilfe einer Cloud-Lösung realisieren.
Stefanie Jansen ist Volontärin in der Redaktion der Personalwirtschaft. Ihre Themenschwerpunkte sind Aus- und Weiterbildung, der Job HR und neue Arbeitszeitmodelle.