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„Die Generation Z sucht Spaß bei der Arbeit – aber keine Inszenierung“

Personalwirtschaft: Herr Munkes, Sie sind Managing Director sowie Personalverantwortlicher beim Marktforschungsinstitut GIM. Das Institut forscht unter anderem zur Generation Z. Bei Ihrer Forschung haben Sie Spaß als Glücksformel der jungen Erwachsenen identifiziert. Was genau ist damit gemeint?
Dr. Jörg Munkes: Bei der Generation Z handelt es sich um junge Erwachsene, die jetzt gerade bis etwa 25 Jahre alt sind. Sie sind meist Studenten oder Berufseinsteigerinnen, für die Spaß und Freude eine große Rolle spielt. Sie nur als Party- und Spaßgeneration abzustempeln, wird ihnen allerdings nicht gerecht.

Was zeichnet sie noch aus?
Schaut man sich beispielsweise das G8 -Schulsystem, bei dem Schülerinnen und Schüler in nur acht Jahren das lernen, wofür sie zuvor neun Jahre Zeit hatten, oder das mittlerweile nicht mehr ganz so neue Bachelor-Master-Studiumssystem an, wird klar, wie hart die Generation Z zu arbeiten bereit ist. Durch ihre Ausbildung ist sie eine sehr enge Taktung der Arbeit sowie ständige Leistungskontrollen, kontinuierliches Feedback sowie klare Entwicklungspläne gewohnt. Das ist für sie allerdings kein Problem, im Gegenteil: Sie wünscht sich so etwas mitunter auch von ihrem Arbeitgeber. Die Generation ist zudem mit Optionen aufgewachsen und erwartet deshalb, dass man ihnen diese bietet, sie aber selbst die Autonomie haben, zwischen diesen frei wählen zu können.

Spaß und harte Arbeit schließen sich für einige Menschen aus. Wie passen die beiden Dinge für die Generation Z zusammen?
Für die Generation Z kommt es auf eine Kombination aus starken sozialen Werten, Gemeinschaft, Freude und Erfolg an. Diese Dinge schließen sich für sie nicht aus, sondern werden zum Ziel, gemeinsam und mit Freude Erfolg zu haben. Wer junge Talente für sich begeistern will, muss folglich auch Humor in seine Unternehmenskultur integrieren.

Ist Spaß und Freude bei der Arbeit schon so weit verbreitet, dass es in den meisten Unternehmen Platz dafür gibt?
Der Wert von Freude und Leichtigkeit ist in der Arbeitswelt bisher noch nicht wirklich angekommen. Einzelne Firmen brechen hier langsam etwas aus und machen Platz für Gemeinschaft und Spaß. In anderen Unternehmen geht es dahingegen noch sehr viel um das Durchsetzen von Macht und die Organisation durch Hierarchien. Dort wird das Motto ,Lehrjahre sind keine Herrenjahre‘ noch gelebt. Wo das herkommt, kann ich nicht sagen. Es hat sich über die Jahre besonders in traditionellen Unternehmen verfestigt.

Wie kann man in diese Unternehmenskulturen mehr Spaß bringen?
Spaß muss aus der Haltung des Unternehmens heraus kommen. Was die Generation Z nicht möchte, ist inszenierter Spaß. Es ist nicht damit getan, ihr einen Kicker hinzustellen. Das wirkt unauthentisch und zu gewollt. Und die Generation ist ein Meister darin, Inszenierungen zu dekodieren, denn die jungen Leute inszenieren sich täglich selbst.

Worum geht es dann?
Darum, eine Lockerheit, eine gewisse Leichtigkeit und positive Grundhaltung in die Arbeit zu bringen. Dazu gehört auch eine gute Fehlerkultur und damit verbunden das Wissen, dass man keine Angst vor den Konsequenzen eines Fehlers haben muss. Wird das von der oberen Etage vorgelebt, entsteht psychologische Sicherheit, die auch der Nährboden von Spaß ist.

Das heißt, die Haltung und das Verhalten der Führungskraft sind sehr wichtig, wenn es darum geht, die Mitarbeitenden mehr Freude auf der Arbeit verspüren zu lassen?
Ja, die Führungskraft muss den Mitarbeitenden zeigen, dass es okay ist, Spaß und Freude bei der Arbeit zu haben und sich selbst nicht immer zu ernst zu nehmen. In diesem Zuge ist es allerdings essenziell, dass Humor nie auf Kosten von Mitarbeitenden stattfindet. Im Gegenteil: Witze und Getränke gehen immer auf Kosten des Chefs. Eine Führungskraft sollte nie Späße über Mitarbeitende machen, Beschäftigte können aber einen Witz über den Chef machen. Das ist dann wieder ein Zeichen von Offenheit und Toleranz. Es geht aber nie darum, irgendwelche Sprüche zu kloppen.

Was, wenn der Chef zum Klassenclown mutiert? Ist dies auch förderlich für eine gute Stimmung im Team?
Einen Klassenclown braucht es im Arbeitskontext nicht. Dennoch benötigt es mindestens eine Person, die eine lockere Stimmung fördert. Und ja, das sollte am besten der Vorgesetzte sein. Denn er oder sie muss vorleben, welches Verhalten im Team akzeptiert und als angemessen gilt. Idealerweise ist es eine Grundhaltung der Führungskraft, dass Spaß und Lockerheit im Team gelebt, aber nicht exzessiv zur Schau gestellt werden. Im Optimalfall beschränkt sich diese Grundeinstellung nicht auf den Chef oder die Chefin, sondern wird von so vielen Mitarbeitenden wie möglich gelebt. Nur so verankert sie sich in der Kultur, was sich dann daran zeigt, dass im Unternehmen viel gelacht oder gelächelt wird.

Ist Spaß vielleicht auch ein Luxusbedürfnis der Generation Z, das nur entsteht, weil ihre anderen Grundbedürfnisse gestillt sind – wie beispielsweise wirtschaftliche Mittel und Sicherheit?
Die ökonomischen Bedürfnisse sind bei den meisten der Generation Z befriedigt. Klar kommen dann Themen wie Selbstverwirklichung, Purpose und Spaß sowie die Vereinbarkeit von Arbeit und Beruf verstärkt auf. Andererseits gibt es auch historische Beispiel, die diesen Zusammenhang negieren: Nach dem Ersten Weltkrieg gab es ja auch erstmal die Roaring Twenties. Deswegen glaube ich nicht, dass die Generation Z nach Spaß sucht, weil sie zu behütet aufgewachsen ist.

Wie hat sich die Pandemie auf die Suche der Generation Z nach Lockerheit ausgewirkt?
Die Generation Z war besonders während und um den ersten Lockdown herum recht stark von der Pandemie betroffen. Die jungen Leute hatten vor der Ausbreitung des Corona-Virus das Gefühl, dass ihnen die Welt offen steht. Als Unternehmen im ersten Lockdown eher wenige bis keine Praktika und offene Stellen angeboten haben, wurde den jungen Erwachsenen ein Dämpfer verpasst. Sie hatten nicht mehr ihre gewohnten Optionen, das hat sie unruhig werden lassen. Nach den ersten Pandemiemonaten war aber wieder alles beim Alten. Der Fachkräftemangel bietet der Generation Z viele Möglichkeiten, einen Job zu finden und lässt ihre Mitglieder als Arbeitnehmer die Zügel in der Hand haben.

Info

Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.