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Unternehmen tappen bei Benefits oft im Dunkeln

Die Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeitenden sind Unternehmen oft nicht bekannt. Dadurch greifen Maßnahmen, mit denen sie ihre Mitarbeitenden binden möchten, zu wenig. Das zeigt der Circula Benefits-Report 2023/24, für den YouGov Deutschland im Auftrag des Technologieanbieters Circula. Hierzu wurden 1.000 deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne Führungsverantwortung sowie 251 HR- und Finanzentscheidende in Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden befragt.

Obwohl mit 86 Prozent die deutliche Mehrheit der befragten Angestellten in Deutschland Benefits von ihren Unternehmen erhält, verwendet nicht einmal die Hälfte (48 Prozent) diese regelmäßig. Das hat verschiedene Gründe: Etwa jeder zehnte Angestellte (11 Prozent) nutzt die angebotenen Benefits nicht, weil der Zugang dazu zu umständlich ist oder diese nicht zu seiner aktuellen Lebenssituation passen. Fast ebenso viele (9 Prozent) wissen gar nicht, welche Benefits ihr Unternehmen anbietet, oder ob sie Anspruch darauf haben.

„Unternehmen unterschätzen, dass attraktive Benefits für sie und ihre Mitarbeitenden eine Win-win-Situation sein können. Benefits stärken nicht nur die Mitarbeiterbindung, sondern können für beide Seiten auch finanzielle Vorteile bringen“, betont Nikolai Skatchkov, Co-Founder & CEO bei Circula. Dafür müssten Unternehmen die Benefits aber auf die individuellen Bedürfnisse der Zielgruppe zuschneiden. Die Wünsche unterscheiden sich in den verschiedenen Branchen und Altersgruppen stark und sind auch abhängig von dem Arbeitsort, wie der Report aufzeigt.

Gerade diesbezüglich besteht eine Wissenslücke: Unternehmen fragen weder die Wünsche der Belegschaft ab, noch haben sie Systeme etabliert, mit denen sie die Zufriedenheit der Talente mit den Angeboten messen können, so die Studie. In der Befragung gab nicht einmal die Hälfte (46 Prozent) der HR- und Finanzverantwortlichen an, dass sie evaluieren, welche der angebotenen Benefits ihre Mitarbeitenden nutzen. Nur rund ein Drittel (36 Prozent) fragt regelmäßig ab, wie zufrieden die Mitarbeitenden mit den Benefits sind. Immerhin fragen vier von zehn (43 Prozent) ihre Talente regelmäßig nach ihrer allgemeinen Zufriedenheit, unabhängig von den Zusatzleistungen. 16 Prozent interessieren sich allerdings gar nicht dafür, wie glücklich ihre Mitarbeitenden sind.

Mobilitätszuschuss beliebtester Benefit

Laut der Circula-Umfrage stehen auf der Liste der Wunschbenefits Mobilitätszuschüsse (40 Prozent), flexible Arbeitsformen (36 Prozent) und Benefits rund um Altersvorsorge (33 Prozent) auf den ersten drei Plätzen, gefolgt von finanziellen Benefits wie Einkaufsgutscheinen, die flexibel einsetzbar sind. Das Angebot der Unternehmen stimmt damit nur teilweise überein: Bei den Angeboten sind Zahlungen wie Weihnachtsgeld (52 Prozent), flexible Arbeitsformen und Weiterbildungsmöglichkeiten (34 bzw. 33 Prozent) die ersten drei Plätze.

Felix Anrich, Gründer und Geschäftsführer der Unternehmensberatung FAIRFAMILY, kann die Wunschliste der Arbeitnehmenden aus seiner Erfahrung bestätigen. Demnach sind unter Arbeitnehmern, auch infolge der steigenden Lebenshaltungskosten, Budgets für private Ausgaben wie Mobilität, Urlaube, Essen oder Handyrechnungen äußerst gefragt. „Arbeitnehmern ist dabei allerdings besonders wichtig, dass sie die entsprechenden finanziellen Mittel nach eigenem Ermessen einsetzen können“, betont er. Sein Unternehmen berät Unternehmen rund um die Themen Arbeitgeberattraktivität, Gesundheits-Benefit-Systeme, Employer-Branding und gesunde Unternehmenskultur.

Auch könnten laut Anrich Arbeitgeber punkten, wenn sie ihren Beschäftigten gezielt Benefits zur Gesundheitsförderung anbieten. In diesem Kontext hätten sich zudem mehr als 300 Gesundheitsleistungen als besonders beliebt herausgestellt. Dabei könne es sich beispielsweise um die Möglichkeit schnellerer Facharzttermine, Angebote zur Unterstützung der mentalen Gesundheit oder Hilfe bei körperlichen Beschwerden handeln. „Grundsätzlich ist in diesem Zusammenhang vor allem die Kostenübernahme für Leistungen relevant, die mittlerweile nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt werden.“ Besonders spannend seien zudem Benefits, von denen auch Familienangehörige der Mitarbeitenden profitieren, beispielsweise Termine bei Ärzten oder Pflegeangebote.

Mangelnde Informationen zu Versteuerung

Der Report deckt zudem gravierende Wissenslücken bei HR- und Finanzverantwortlichen rund um die Versteuerung von Benefits auf. Laut der Studie nehmen 39 Prozent der befragten Fachkräfte an, dass Gehaltsextras wie Sachbezüge genau so viel kosten wie Gehaltserhöhungen über den gleichen Betrag. 43 Prozent sind zudem davon überzeugt, dass auch Arbeitnehmer von Benefits keine finanziellen Vorteile hätten oder gegenüber einer Gehaltserhöhung sogar Einbußen machten. Beides ist nicht richtig: Vielmehr bieten Zusatzleistungen den Arbeitnehmern Vorteile, da sie dadurch oft mehr Netto vom Brutto haben als bei einer klassischen Gehaltserhöhung (Nettolohnoptimierung). Arbeitgeber profitieren, da sie weniger Steuern und Sozialabgaben abführen müssen und so Personalkosten sparen.

Auch Anrich erlebt, dass das Wissen rund um die Versteuerung von Benefits lückenhaft ist: „Was viele nicht wissen: Es gibt eine Menge Steuerfreibeträge und Förderungen. Allerdings fehlt es den meisten Firmen am nötigen Know-how, um diese verwaltungsarm abzurufen und entsprechende Leistungsangebote möglichst flexibel zu gestalten, denn schließlich müssen die Benefits individuell zugeschnitten werden.“

Kirstin Gründel beschäftigt sich mit den Themen Compensation & Benefits, Vergütung und betriebliche Altersversorgung. Zudem kümmert sie sich als Redakteurin um das F.A.Z.-Personaljournal. Sie ist redaktionelle Ansprechpartnerin für das Praxisforum Total Rewards.