Aktuelle Ausgabe

Newsletter

Abonnieren

IW-Report zu HR-Analytics: Ein Blick in die Zukunft

HR-Analytics ist in den Personalabteilungen angekommen – zumindest ist das Feld seit Jahren Thema auf Podien und in Artikeln Thema. Wie verbreitet entsprechende Technologien und Skills allerdings in den Unternehmen sind, darüber fehlen allerdings nach wie vor Zahlen. Das liegt auch daran, dass oft nicht einmal die Begriffe klar definiert sind. Helfen kann hier eine dieser Tage erscheinende Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln, die uns exklusiv vorab vorlag.

Auch wenn die Forschenden Andrea Hammermann, Judith Lehr und Alexander Burstedde, die den Report verfasst haben, nur bedingt mit scharfen Abgrenzungen dienen können. „Tatsächlich sind zum Beispiel die Begriffe HR-Analytics und HR-Controlling nicht trennscharf“, sagt Andrea Hammermann, die beim IW als Senior Economist für Arbeitsbedingungen und Personalpolitik tätig ist, im Gespräch. HR-Analytics sei in vielen Fällen eine Weiterentwicklung des Personalcontrollings, wobei aber die Beziehung von Ursache und Wirkung mehr im Mittelpunkt stehe. „Es geht zum Beispiel nicht mehr nur um die Frage, wie viele Mitarbeitende das Unternehmen verlassen, sondern auch um das Warum“, erklärt sie.

Bessere Voraussetzungen in großen Unternehmen

Zudem stehe bei HR-Analytics ein prädiktiver – in die Zukunft gerichteter – Ansatz im Vordergrund. „Ein Rückblick hilft in vielen Bereichen nur bedingt“, hat Hammermann beobachtet. „Insbesondere Betriebe, die aktuell tiefgreifende Transformationen durchlaufen, stellen sich die Frage, welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit welchen Kompetenzen in Zukunft benötigt werden.“ Solche Problemstellungen könne HR-Analytics zumindest teilweise beantworten. Wobei die „Ergebnisse jedoch nur so gut sein [können] wie die verwendeten Daten und Analysemethoden“, wie es im Report heißt, der noch weitere Erfolgsfaktoren ausmacht: „Die Einführung von HR-Analytics erfordert neben technischen Kompetenzen auch einen konkreten Nutzen fürs Business, den Rückhalt des Managements und eine geschickte Präsentation der Ergebnisse. Eine enge Abstimmung von Personalwesen, IT- und Finanzabteilung sowie den betroffenen Fachbereichen ist erforderlich. Für den Projekterfolg ist zudem eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Interessensvertretung der Beschäftigten essenziell. Die Einhaltung von Datenschutz und ethischen Leitlinien muss stets gewahrt bleiben“, heißt es darin.

Alles zum Thema

HR-Analytics

HR-Analytics oder auch Workforce-Analytics bezeichnet die Analyse HR-bezogener Daten zur Optimierung von Entscheidungsprozessen. Daten aus dem Personalwesen werden dabei mittels Analysetools mit anderen relevanten Unternehmensdaten in Beziehung gesetzt.

Insgesamt scheinen die Voraussetzungen in großen Unternehmen eher gegeben, wie auch Andrea Hammermann bestätigt. Oft brauche man zeitliche und fachliche Ressourcen, die in großen Unternehmen eher vorhanden seien. Auch die Frage nach dem Business Case lasse sich bei einer größeren Belegschaft einfacher bejahen. „Es macht für die Frage, ob sich HR-Analytics etwa im Recruiting lohnen, einen Unterschied, ob sie 300 oder 3 Menschen im Jahr einstellen“, erklärt die Wissenschaftlerin. Zudem sei die Verfügbarkeit von Daten und der für die Auswertungen nötigen digitalen Infrastruktur in Konzernumfeldern eher gegeben.

Bislang vor allem Testballons

Überhaupt haben größere Unternehmen bei allen datenbasierten Fragen einen Vorteil. Denn je mehr Mitarbeitende es gibt, desto mehr Daten gibt es, und desto besser können sie ausgewertet werden. Das gilt umso mehr für Machine Learning, KI und Co. Kleinere Unternehmen können hier lediglich auf allgemeinverfügbare Daten – zum Beispiel vom statistischen Bundesamt oder anderen Behörden – zurückgreifen oder auf Kooperationen setzen. Das sei zwar aufgrund der Konkurrenzsituation zwischen den Unternehmen oft schwer. Denkbar sind allerdings gemeinsame Projekte im Rahmen von Branchenverbänden. „Da geht es dann ja etwa darum, Talente für die Branche und das Berufsfeld zu gewinnen“, sagt Hammermann. Deshalb böte es sich dort an, zusammenzuarbeiten.

Bislang scheinen allerdings auch in größeren Unternehmen viele HR-Analytics-Projekte Testballons zu sein. Doch das könnte sich bald ändern: „Der große und vermutlich weiter steigende Fachkräftemangel wird eine weitere Professionalisierung von HR erfordern“, heißt es im IW-Report. „Ein Teil davon kann HR-Analytics sein, etwa um den Personalbedarf exakter zu bestimmen, die Personalentwicklung passgenau auszurichten oder die Mitarbeiterbindung zu erhöhen.“ Und die nötigen Technologien und entsprechende Skills könnten in Zukunft ebenfalls verbreiteter sein als heute.

Info

Matthias Schmidt-Stein koordiniert als Chef vom Dienst die Onlineaktivitäten der Personalwirtschaft und leitet die Onlineredaktion. Thematisch beschäftigt er sich insbesondere mit dem Berufsbild HR und Karrieren in der Personalabteilung sowie mit Personalberatungen. Auch zu Vergütungsthemen schreibt und recherchiert er.