Ein Kind verändert alles? Zumindest bei vielen Frauen die Karriere. Nach der Elternzeit nimmt nur knapp jede zweite Frau (48 Prozent) ihren Job in gleicher Position wieder auf, während von den Vätern wieder 85 Prozent in ihrer bisherigen Rolle arbeiten. Ein Drittel der Mütter kehrt sogar gar nicht mehr ins Unternehmen zurück und ist nicht mehr berufstätig. Weitere 17 Prozent sind für den bisherigen Arbeitgeber tätig, allerdings in einer neuen Position. Das sind Ergebnisse der Studie „Working Parents & Beyond“ der Online-Jobplattform Stepstone. Dafür wurden im Oktober dieses Jahres rund 12.000 Menschen in Deutschland repräsentativ befragt, darunter rund 6.000 Elternteile, 2.000 mit Kindern unter zehn Jahren.
Karriereknick durch Mutterschaft
Abgesehen von der Position im Unternehmen ändern sich die Arbeitsrahmenbedingungen bei vielen Frauen nach der Geburt ihres Kindes. Mit der Rückkehr ins Berufsleben reduzieren drei Viertel der Mütter ihre Arbeitszeit – unabhängig davon, ob sie in der alten oder in einer neuen Position tätig sind. Von den Vätern hingegen verringern nur 17 Prozent ihre Arbeitsstunden. Gefragt nach den Gründen für das berufliche Kürzertreten geben zwei Drittel (66 Prozent) der Eltern an, dass sie mehr Zeit mit dem Nachwuchs verbringen möchten. Ebenso viele (65 Prozent) sagen, dass sie die Doppelbelastung aus Kinderbetreuung und Job vermeiden wollen, denn auch unzureichende außerhäusliche Betreuungsmöglichkeiten spielen eine Rolle. Vorausgesetzt, die Kinderbetreuung wäre gesichert, würden zwei von drei Frauen (65 Prozent), die nach der Elternzeit ihre Arbeitszeit reduziert haben, gerne wieder in Vollzeit oder in einer vollzeitnahen Stelle mit 30 bis 35 Stunden arbeiten.
Tatsächlich bietet bislang nur eine Minderheit von Unternehmen entsprechende Hilfen für Eltern an, wie die aktuelle repräsentative Befragung „Arbeit und Karriere. Gleiche Chancen für alle?“ der IU Internationalen Hochschule unter 4.480 Berufstätigen zeigt. Demnach geben lediglich rund zehn Prozent der befragten Frauen und 13 Prozent der Männer an, dass sie von ihren Unternehmen bei der Kinderbetreuung unterstützt werden. Hilfe gibt es eher, was flexible Arbeitszeiten und -formen betrifft: Mehr als vier von fünf Befragten sagen, dass ihr Unternehmen eine gewisse Flexibilität bei der Arbeitsgestaltung bietet.
Männer sehen sich als Versorger
Die IU-Studie bestätigt ansonsten, dass Frauen ihre beruflichen Ziele aufgrund von Elternschaft eher neu ausrichten als Männer und dass die Geburt eines Kindes bei Müttern eher zu einem Karriereknick führt als bei Vätern. Mehr als dreimal so viele Frauen (elf Prozent) als Männer (drei Prozent) haben wegen der Geburt eines Kindes ihre bisherige Führungsverantwortung aufgegeben.
Die Untersuchung zeigt insbesondere, dass in Deutschland häufig noch traditionelle Rollenbilder vorherrschen. So ist fast ein Drittel der Frauen (30 Prozent) allein für die Kinderbetreuung zuständig und 41 Prozent der erwerbstätigen Frauen geben an, den Großteil der Care-Arbeit zu leisten. Männer sehen sich dagegen häufiger in der klassischen Versorgerrolle. So geben 43 Prozent der Väter an, dass sie mehr Geld verdienen wollen, um ihren Kindern einen gewissen Lebensstandard zu ermöglichen, während dies von den Frauen nur 27 Prozent sagen. „Durch Elternschaft verfestigen sich oft Rollenbilder, die vor der Familiengründung im wahrsten Sinne des Wortes keine Rolle gespielt haben“, sagt Prof. Dr. Malte Martensen, Studiengangsleiter MBA und Professor für Personal & Organisation an der IU Internationalen Hochschule.
Männer befürchten finanzielle Nachteile durch Elternzeit
Auch bei der Inanspruchnahme und Aufteilung der Elternzeit bestehen Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Während von den Müttern 71 Prozent mindestens einmal in Elternzeit waren, sind es bei den Vätern lediglich 28 Prozent. 96 Prozent der Frauen gegenüber nur 19 Prozent der Männer haben allein oder mehrheitlich Elternzeit genommen. Ein Grund dafür, dass Männer vergleichsweise selten Elternzeit nehmen, könnten laut den Studienverfasserinnen und -verfassern jedoch finanzielle Bedenken sein, denn ein nicht unerheblicher Teil der Befragten glaubt, dass sich das Nehmen von Elternzeit negativ auf ihren finanziellen Haushalt auswirken kann. Für fast die Hälfte der Männer (47 Prozent), die von Nachteilen ausgehen, wären diese ein Grund, gar nicht erst in Elternzeit zu gehen. Bei den Frauen liegt dieser Anteil mit einem Viertel (25 Prozent) deutlich niedriger.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.