Den eigenen Umsatz zu steigern – dieses Ziel steht derzeit bei den meisten Unternehmen in der DACH-Region im Fokus. Aspekte, wie Diversity, Social Responsibility und Ökologie geraten damit eher in den Hintergrund, was die strategische Ausrichtung des Großteils der Organisationen angeht. Das sind Ergebnisse des HR Reports 2022 „Organisationen unter Druck“ der Personalberatung Hays in Zusammenarbeit mit dem Institut für Beschäftigung und Employability (IBE). Der Grund dafür liege vor allem auf den Folgen der Corona-Krise. Vielen Unternehmen seien ihretwegen Umsätze und Gewinne eingebrochen. Für die Studie wurden 978 betriebliche Entscheiderinnen und Entscheider aus der DACH-Region befragt, davon 67 Prozent aus Deutschland, 17 Prozent aus Österreich und 16 Prozent aus der Schweiz
Umsatzsteigerung und Stabilisierung des Kerngeschäfts derzeit am wichtigsten
Gefragt nach ihren wichtigsten strategischen Zielen, nannten mit 44 Prozent die meisten Unternehmen die Umsatzsteigerung, gefolgt von der Stabilisierung des Kerngeschäfts (38 Prozent) und der Steigerung des Betriebsergebnisses. Damit stehen klassische Themen und die Sicherheit sowie Stabilisierung der Firmen im Vordergrund. Das Generieren von Innovationen steht mit 26 Prozent eher im Mittelfeld. Aspekte wie Ökologie und Diversity rangieren mit je 14 Prozent weiter unten auf der Skala und Social Responsibility kommt nur auf elf Prozent. Das lasse den Schluss zu, dass Themen wie Vielfalt und Nachhaltigkeit eher in wirtschaftlich guten Zeiten auf den Plan kommen und bei rückläufigem oder stagnierendem Umsatz weniger wichtig sind, so die Studienverfasser.
Zur Zielerreichung fehlt es vor allem an Zeit und Personal
Wer ein Ziel hat, erreicht dieses aber noch lange nicht. Die größten Hindernisse sind für die befragten Entscheiderinnen und Entscheider vor allem der Zeit- sowie der Personalmangel: Ein Drittel der Befragten (33 Prozent) betrachtet den zeitlichen Faktor als größte Herausforderung. Der Fachkräftemangel folgt an zweiter Stelle und stellt für 30 Prozent ein Problem dar. Dass die finanziellen Möglichkeiten die Erreichung der strategischen Ziele begrenzt, gab ein Viertel (25 Prozent) der Befragten an. In Zeitnot geraten die Unternehmen vor allem durch die gestiegene Veränderungsgeschwindigkeit, die insbesondere die fortschreitende Digitalisierung mit sich bringt. Rund vier von zehn Befragten (39 Prozent) sagen, dass die Anzahl ihrer Projekte zunimmt. Gleichzeitig haben 36 Prozent zu wenig Personal für die anstehenden Aufgaben.
Maßnahme Nummer eins gegen Zeitmangel: Prozessoptimierung
Um der Zeitknappheit zu entgehen, wollen 55 Prozent und damit die meisten Unternehmen ihre Prozesse optimieren. 30 Prozent haben vor, neues Personal zu rekrutieren. Gut ein Fünftel (22 Prozent) denkt, das Arbeitsvolumen durch flexible Arbeitsmodelle erweitern zu können. Ebenso viele wollen dem Zeitmangel entgegenwirken, indem sie klarere Vereinbarungen treffen.
Dem Personalmangel sollen primär Neueinstellungen entgegenwirken
Was die Personalsituation betrifft, so beklagen 44 Prozent der Unternehmen einen Mangel an gut ausgebildeten und erfahrenen Fachkräften. 35 Prozent geben an, dass bei ihnen ein allgemeiner Arbeitskräftemangel herrscht und 32 Prozent konstatieren das Fehlen von Nachwuchskräften. Dem Personalmangel wollen 39 Prozent der befragten Führungskräfte durch Neueinstellungen begegnen, im Speziellen bei Nachwuchskräften, was angesichts des von vielen Befragten als problematisch empfundenen Jobmarkts nicht einfach werden dürfte. Ein Drittel (33 Prozent) setzt auf eine effizientere Gestaltung von Prozessen. 29 Prozent der Befragten wollen in die Bindung ihrer vorhandenen Mitarbeitenden und damit vor allem auch in die Entwicklung ihrer Belegschaft investieren. Ein Reskilling des Personalbestands ziehen lediglich elf Prozent in Betracht, was den Unternehmen nach Ansicht der Studienautoren angesichts der rasanten Veränderung bestehender Berufsbilder und Anforderungsprofile zu denken geben sollte.
Investiert wird vor allem in die Digitalisierung und Prozesse
Die Unternehmen wurden auch danach gefragt, in welche Bereiche sie derzeit am meisten investieren. Hier steht – verstärkt durch die Corona-Krise – die Digitalisierung mit 57 Prozent auf Platz eins, gefolgt von der Prozessoptimierung mit 51 Prozent. Investitionen in die Personalentwicklung stehen auf dem dritten Platz mit 41 Prozent. 40 Prozent wollen, in die Gewinnung neuer Mitarbeitenden investieren und 37 Prozent planen, mehr finanzielle Mittel für die Bindung der Belegschaft aufzuwenden. 29 Prozent beabsichtigen, in ihre Arbeitgeberattraktivität zu investieren. Am untersten Ende der Skala rangieren unter anderem Investitionen in CO2-Neutralität (22 Prozent), Künstliche Intelligenz (19 Prozent), Diversity Management (zwölf Prozent) und Corporate Social Responsibility (zehn Prozent). Als Hauptgründe für ihre Investitionen gaben die Unternehmen vor allem Effizienz- und Effektivitätssteigerungen an.
„Den meisten Unternehmen fehlt es an einer Vision für eine neue Arbeitskultur. Sie scheinen Lösungen eher aus ihren bestehenden Strukturen heraus entwickeln zu wollen“,
kritisiert Dirk Hahn, CEO der Hays AG, die Prioritäten der befragten Unternehmen.
Arbeitskultur steht derzeit nicht im Vordergrund
Insgesamt moniert die Studie, dass die Firmen vor allem auf die Optimierung ihrer Prozesse setzen, um den gegenwärtigen Problemen zu begegnen. Dadurch kämen Zukunftsthemen und die Arbeitskultur zu kurz. Die Lösungsstrategien im Kampf um knappe Ressourcen seien häufig zu kurzfristig ausgerichtet und nicht dauerhaft erfolgreich, so Hahn. Unternehmen müssten seiner Ansicht nach flexibel für neue Geschäftsansätze und Investitionen in Innovation und Unternehmenskultur sein. Gerade in Bezug auf den Fachkräftemangel sollten Themen wie Vielfalt, Nachhaltigkeit, Mitarbeiter- und Kulturentwicklung im Fokus stehen.
Die vollständige Studie kann hier zum Download angefordert werden.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.