Mit den gesellschaftlichen Umbrüchen hat sich auch das Bildungssystem in den vergangenen Jahrzehnten drastisch gewandelt. Wie sich die zunehmende Akademisierung darstellt, hat nun das Statistische Bundesamt ausgewertet. Im Jahr 2021 kamen demnach 4,3 Auszubildende auf 10 Studierende, 1950 waren es noch 75,5 Azubis. In Zahlen ausgedrückt waren dies 1.255.400 Personen, die sich 2021 in der dualen Berufsausbildung befanden, gegenüber 2,9 Millionen Studierenden an den Universitäten und Fachhochschulen. Zum Vergleich: 1950 machten 971.000 Menschen eine Ausbildung, während nur 129.000 Personen für ein Studium eingeschrieben waren.
Im Gegensatz zum Studium befindet sich die duale Berufsausbildung in Deutschland seit Jahren in einer schwierigen Lage. Seit dem Azubi-Höchststand 1980 erreicht, als 1.831.500 Millionen Jugendliche in der (damals noch kleineren) Bundesrepublik eine Lehre absolvierten, sank die Zahl um rund ein Drittel. Und das, obwohl nicht zuletzt durch die Wiedervereinigung, aber auch durch Zuzug aus dem Ausland, die Bevölkerungszahl in Deutschland so hoch ist wie nie.
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Weniger Schulabbrecher, mehr höhere Schulabschlüsse
Der demografische Wandel kann nur einen Teil des Azubimangels erklären. Großen Einfluss hat die veränderte Struktur in der Schulbildung. Während 1960 nur ein knappes Viertel der Kinder und Jugendlichen ein Gymnasium besuchten, waren es 2021 rund 44 Prozent. Dadurch hat sich der an den Schulabschlüssen abzulesende Bildungsgrad stark nach oben entwickelt. Das beginnt bei der Zahl der Jugendlichen, die ohne einen Abschluss die Schule verlassen: 1970 beendete fast ein Fünftel die Schulzeit ohne einen Abschluss, 2021 waren es rund sechs Prozent. Und es endet bei der Studienberechtigung: Ein Abitur- oder Fachabiturzeugnis hatte 1970 nur jeder zehnte Schulabgänger in der Tasche, 2021 ein gutes Drittel.
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Frauen sind an der Uni in der Mehrheit
Besonders stark verändert hat sich der Bildungsgrad bei Frauen. An den Hochschulen stellen sie inzwischen die Mehrheit der Studierenden, 2021 lag der Anteil der Studienanfängerinnen bei 52 Prozent. Eher auf verlorenem Poste waren Frauen dagegen vor 70 Jahren an den Hochschulen – 1950 waren gerade einmal 18,5 Prozent der Studierenden weiblich. Aufgeholt haben Frauen aber nicht nur an den Hochschulen, sondern auch bei der Berufsausbildung – wenn auch auf geringerem Niveau: 2021 stellten Frauen ein Drittel der Azubis, 1950 lag ihr Anteil lediglich bei einem Viertel.
Unterschiede zwischen Ost und West
Eine kleine positive Nachricht aus Sicht der betrieblichen Ausbildung liefert allerdings eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB). Demnach entwickelt sich die Zahl der Auszubildenden im Handwerk nicht überall nach unten. Zwar geht die Gesamtzahl auf die Bundesrepublik bezogen zurück, jedoch weniger stark als in der Gesamtwirtschaft. Während in Westdeutschland die Zahl der Auszubildenden im Handwerk abnimmt, stieg sie in den ostdeutschen Ländern. Zwischen 2014 und 2021 wuchs die Zahl der Azubis im Handwerk in Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg um mehr als zwei Prozent, in Thüringen um durchschnittlich 1,4 Prozent. Auch in den Pandemiejahren 2020 und 2021 haben sich die Ausbildungszahlen im Handwerk in den meisten ostdeutschen Bundesländern günstiger entwickelt als in den westdeutschen. „Das Handwerk muss dafür Sorge tragen, dass Handwerksberufe für junge Menschen attraktiv bleiben – auch im Vergleich zu möglichen Alternativen wie Studium oder Helferjobs“, sagte IAB-Forscherin Gabriele Wydra-Somaggio
Christina Petrick-Löhr betreut das Magazinressort Forschung & Lehre sowie die Berichterstattung zur Aus- und Weiterbildung. Zudem ist sie verantwortlich für die redaktionelle Planung verschiedener Sonderpublikationen der Personalwirtschaft sowie den Deutschen Personalwirtschaftspreis.

