Frage an die HR-Werkstatt: Wie können Unternehmen ihre Angestellten dabei unterstützen, auch auf Geschäftsreise achtsam und gesund zu bleiben?
Es antwortet: Götz Reinhardt, Managing Director MEE, SAP Concur
Der Begriff „Routine“ hat einen unverdient schlechten Ruf. Oft wird er mit „Alltagstrott“ oder „Langeweile“ gleichgesetzt. Dabei schafft Routine Stabilität, die vielen Menschen den Alltag erleichtert und die es ihnen ermöglicht, sich effektiv um ihre mentale und körperliche Gesundheit zu kümmern. Geschäftsreisen stellen eine Unterbrechung der Arbeitsroutine dar, was eine Herausforderung für die Gesundheit sein kann. Deshalb können zusätzliche Arbeitgeberleistungen sinnvoll sein, die das ganzheitliche Wohlbefinden von Geschäftsreisenden fördern. Wichtiger Nebeneffekt: Die Mitarbeiterzufriedenheit und somit die Bindung ans Unternehmen wird gestärkt – beim allgegenwärtigen Fachkräftemangel alles andere als eine Kleinigkeit.
Gut geschlafen? Gesunde Routine im Gepäck
Klar, Geschäftsreisen sind spannend und für viele Geschäftsreisende eine willkommene Abwechslung. So geben 42 Prozent der in einer aktuellen Studie von SAP Concur befragten Geschäftsreisenden sogar an, sich auf der Geschäftsreise motivierter zu fühlen als sonst. Ein paar Puzzleteile des Alltags sollten Mitarbeitende jedoch auf die Reise begleiten: ausreichender Schlaf zum Beispiel. Doch ausgerechnet bei diesem wichtigen Faktor scheint es oft zu haken: Mit 36 Prozent gibt mehr als ein Drittel der Befragten an, dass sie auf Geschäftsreise schlechter schlafen. Nahezu die gleiche Anzahl (35 Prozent) fühlt sich unterwegs teilweise gestresster als sonst oder häufiger körperlich angeschlagen (31 Prozent). Ebenso bemerkenswert wie fehlender oder unzureichend erholsamer Schlaf sind Stimmungsschwankungen, unter denen 23 Prozent der Geschäftsreisenden vermehrt leiden.
Arbeitgeber können an dieser Stelle positiven Einfluss nehmen und Mitarbeitende unterstützen. So können Hotelaufenthalte beispielsweise um eine weitere Übernachtung verlängert werden, um Reisenden aufreibende Verkehrsstoßzeiten an Bahnhöfen, Flughäfen und auf der Autobahn zu ersparen. Diese Option findet Zuspruch bei fast zwei Dritteln der Befragten (64 Prozent). Fast ebenso beliebt (58 Prozent) sind Upgrades bei Hotel- und Flugbuchungen sowie zusätzliche Benefits wie etwa Wellness-Angebote, die in vielen Hotels ohnehin bereitstehen. Indem Unternehmen ihren reisenden Mitarbeitenden solche Zugeständnisse machen, können sie den empfundenen Stress deutlich reduzieren – das wiederum wirkt sich positiv auf Schlafqualität und Stimmung aus.
Sport und ausgewogene Ernährung: Das geht auch unterwegs
Mal ein Burger zum Abendessen oder ein, zwei Tage ohne Sport und Bewegung gehören ebenso zu einem ausgewogenen Lebensstil wie Quinoa-Salat und gelegentlicher Muskelkater. In die Bredouille kommen allerdings Vielreisende: Jeweils etwa die Hälfte der im Zuge der Studie befragten Geschäftsreisenden gibt nämlich an, unterwegs weniger Zeit für Sport zu haben (45 Prozent) und sich weniger gesund zu ernähren (52 Prozent). Wer also ständig auf Achse ist, hat in der Regel einfach nicht ausreichend Gelegenheit, sich um das körperliche Wohlbefinden zu kümmern. Dabei ist sportliche Betätigung erwiesenermaßen ein echter Stress-Killer, von den Vorteilen einer ausgewogenen Ernährung ganz zu schweigen. Neben allen körperlichen Benefits sind Menschen, die in guter Verfassung sind, darüber hinaus oft auch zufriedener und leistungsfähiger als andere – und auch hier gibt es einige Stellschrauben, an denen Unternehmen drehen können.
Ein wichtiger erster Schritt ist es, Reisenden auch unterwegs Auszeit und Pausen zu schaffen, die es ihnen ermöglichen, sich zu bewegen oder gesund zu ernähren. Die zusätzliche Übernachtung im Hotel kann beispielsweise eine optimale Gelegenheit sein, um dort angebotene Fitnessräume zu nutzen. 30 Prozent der Befragten machen von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch. Apps und Tools, die Angestellte dabei unterstützen, achtsamer mit ihrer Gesundheit umzugehen – wie Smartwatches, die Signale senden, wenn die Trägerin oder der Träger seit längerem nicht mehr aufgestanden ist – stellen eine weitere gute Stütze dar, auf die Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden aufmerksam machen können.
Aber auch Tools, die etwas weniger naheliegend sind, reduzieren Stress und sparen Zeit, die Geschäftsreisende zugunsten ihrer Gesundheit einsetzen können. So haben zum Beispiel Tools, mit denen die Reisekostenabrechnung mobil erledigt werden kann, einen positiven Einfluss auf das Mitarbeitererlebnis. Sie erleichtern die Routineaufgabe noch unterwegs und räumen damit die anschließenden Tage für mehr Entspannung (am Wochenende) oder wertschöpfende Aufgaben (am nächsten Arbeitstag) frei.
Alle Apps, Tools und Angebote sollten dabei gepaart sein mit einer offenen internen Kommunikation zum Thema Pausen auf Geschäftsreise sowie weniger eng getakteten Reiseplänen. Gesünderes Essen verlangt dahingegen nicht nur mehr Zeit von Geschäftsreisenden, sondern kostet häufig auch mehr Geld als Fast Food. Darum wünschen sich zwei Drittel der Befragten höhere Verpflegungspauschalen von ihrem Arbeitgeber.
Ganz schön weit weg: Beziehungskiller Geschäftsreise?
Wer reist, erlebt neues und entwickelt sich persönlich weiter. Dementsprechend überrascht es nicht, dass 40 Prozent der Befragten angeben, dass es ihrer Beziehung eher guttut, auch mal Zeit getrennt zu verbringen. Längere Geschäftsreisen hingegen können Beziehungen belasten. Immerhin rund ein Fünftel der Befragten erlebt wegen Geschäftsreisen ein gesteigertes Ausmaß an Streit (20 Prozent) und Eifersucht (19 Prozent) in der Partnerschaft. Von selbst versteht sich, dass Angestellte, die nicht um den Zustand ihrer Beziehung bangen, glücklicher sind und konzentrierter arbeiten können.
Von einer möglichen Lösung für diese Problematik profitieren bereits 28 Prozent der Befragten; ihre Arbeitgeber erlauben es, dass ihre Partnerin oder ihr Partner sie auf Geschäftsreisen begleitet. Digitale Kommunikationsmöglichkeiten sorgen indes heutzutage dafür, dass Paare auch unterwegs problemlos in Kontakt bleiben und sich, per Videocall, auch von Angesicht zu Angesicht sehen können. Insbesondere wenn Geschäftsreisende wegen regelmäßiger Reisetätigkeit allerdings häufiger auf digitale Kommunikationsmittel zurückgreifen müssen, sollten Unternehmen darauf achten, dass Geschäftsreisen nicht ins Wochenende hineinragen. Diese Zeit reservieren viele von uns bewusst, um sie mit Freunden und Familie zu verbringen. Nicht überraschend sind also die 56 Prozent der Befragten, die sich entsprechende Anpassungen der Reiserichtlinien wünschen.
Achtsam unterwegs: So einfach geht’s
Die bereits beschriebenen Maßnahmen können die körperliche und emotionale Gesundheit von Mitarbeitenden positiv beeinflussen. Doch auch darüber hinaus gibt es Stellschrauben, an denen Unternehmen drehen können, um den Stress der reisenden Mitarbeitenden zu reduzieren und ihre Reisemotivation hochzuhalten:
- Mehr Pleasure, weniger Pressure: 52 Prozent der Befragten wünschen sich die Möglichkeit, private Urlaube an ihre Geschäftsreise „anzuhängen“ – wer an spannende Orte fährt, möchte schließlich auch etwas davon sehen. Der Missmut, die Welt zu bereisen, ohne sie tatsächlich kennenzulernen, wird reduziert.
- Das ganze Bild sehen: Geschäftsreisen beginnen und enden nicht mit der eigentlichen Reisetätigkeit. Digitale Tools, die nicht nur während, sondern auch vor und nach der Geschäftsreise dazu beitragen, Prozesse zu vereinfachen, sind sehr beliebt. So vereinfachen im Buchungssystem hinterlegte Reiserichtlinien den Buchungsprozess, während mobile und automatisierte Lösungen zur Belegerfassung die oft zeitintensive Reisekostenabrechnung im Nachgang einer Geschäftsreise zur Nebentätigkeit „on the go“ werden lassen.
- Nachhaltig Reisen: Immer mehr Geschäftsreisende wünschen sich, dass ihr eigenes Umweltbewusstsein vom Arbeitgeber nicht nur anerkannt, sondern auch unterstützt wird – je nach persönlicher Einstellung werden etwa Bahnfahrten Flügen vorgezogen. Das bedeutet, dass Unternehmen längeren Reisezeiten oder auch gegebenenfalls höheren Kosten offen gegenüberstehen sollten, damit ihre Mitarbeitenden nachhaltiger reisen können.
Klar ist, dass Geschäftsreisen für Unternehmen zwar oft schwer konkret messbar, doch sicherlich von enormem Wert sind. Die Mitarbeiterzufriedenheit der Geschäftsreisenden zu optimieren, ist daher kein Nice-to-have, sondern ein wichtiger Erfolgsbestandteil.
Autor
Götz Reinhardt ist seit August 2016 Managing Director MEE bei SAP Concur. In dieser Position ist er verantwortlich für den Aufbau von langfristigen Kundenbeziehungen, während er gleichzeitig das Neukundengeschäft von SAP Concur treibt. Bevor er die Führungsposition bei SAP Concur bekleidete, besetzte Götz Reinhardt sechzehn Jahre lang verschiedene Positionen im Mutterunternehmen SAP.