Auch Praktikantinnen und Praktikanten wollen in Zukunft nicht nur von zu Hause aus arbeiten – aber auch nicht jeden Tag ins Büro. Das ist eines der Ergebnisse einer aktuellen Studie, die untersucht, welche Erfahrungen junge Menschen mit ihrem Praktikum in der Corona-Zeit gemacht haben und wie sie sich ihre künftigen Arbeitsbedingungen wünschen. Für den „Future Talents Report“, den die Unternehmensberatung Clevis in diesem Jahr bereits zum zwölften Mal herausgegeben hat, wurden im zweiten Halbjahr 2021 3.086 Praktikanten und Praktikantinnen in Deutschland befragt.
Nachwuchs bevorzugt hybrides Arbeiten
Corona-bedingt haben knapp drei Viertel (74 Prozent) im vergangenen Jahr ihr Praktikum vom Homeoffice aus absolviert. Vor der Krise lag der Anteil erst etwa bei rund einem Viertel (26 Prozent), 2020 betrug er bereits fast zwei Drittel (63 Prozent).
Wenn sie frei entscheiden könnten, würde der maximale Homeoffice-Anteil für die Befragten bei 55 Prozent liegen. Das heißt, zwei bis drei Tage pro Woche und damit etwa die Hälfte der Arbeitszeit möchten sie ihrem Job im Unternehmen nachgehen. Nur 1,7 Prozent wollen nach Corona ausschließlich von zuhause aus arbeiten. Für Remote Work spricht nach Ansicht der Praktikanten und Praktikantinnen vor allem die Zeitersparnis durch das Wegfallen des Arbeitswegs; 46 Prozent gaben dies an. Für 26 Prozent ist die flexible Arbeits- und Freizeitgestaltung ein Vorteil.
Der größte Nachteil am Homeoffice ist der reduzierte soziale Kontakt zu Kollegen und Kolleginnen, den rund ein Viertel der Befragten (26 Prozent) nannten. An zweiter Stelle der Kritikpunkte mit 14 Prozent rangiert das Risiko, im privaten Umfeld eher abgelenkt zu werden. Weitere Kritikpunkte, die von je zwölf Prozent angegeben wurden, sind die fehlende gedankliche Trennung von Berufs- und Privatleben, die fehlende räumliche Trennung zwischen Job und Freizeit sowie die Schwierigkeit, körperlich ausreichend aktiv zu bleiben.
„Arbeitgeber müssen in Zukunft sowohl die Arbeit aus dem Homeoffice möglich machen als auch Arbeitsplätze am Unternehmensstandort schaffen. Wer die besten Talente frühzeitig gewinnen möchte, muss also noch mehr Aufwand betreiben als bisher schon“,
kommentiert Studienleiterin Kristina Bierer das Befragungsergebnis. Es gehe auch darum, den Nachwuchs sowohl in der analogen als auch in der digitalen Arbeitswelt zu überzeugen.
Ruf der Firma hat erste Priorität bei der Wahl des Unternehmens
Auf die Frage, warum sie sich für ein Praktikum bei ihrem Unternehmen entschieden haben, nannte fast die Hälfte (49 Prozent) den Ruf der Firma. Zweitwichtigstes Kriterium mit 41 Prozent sind gute Entwicklungsmöglichkeiten. 38 Prozent gaben an, dass sich das Praktikum gut im Lebenslauf macht und für 34 war die Atmosphäre im Vorstellungsgespräch ausschlaggebend. Weitere Gründe spielen eine geringfügigere Rolle, das Gehalt war zum Beispiel nur für elf Prozent relevant. Apropos Gehalt: Rund 79 Prozent der Praktika wurden vergütet. Dabei ging die Bezahlung von 1.099 Euro im Vorjahr auf 1.071 Euro zurück.
Von den angehenden Berufseinsteigern wollen 90 Prozent auch nach dem Praktikum mit ihrem Unternehmen in Kontakt bleiben. Ein Fünftel würde dort im Anschluss gern fest angestellt werden. Dabei achten die jungen Menschen nicht erst beim Berufseinstieg, sondern bereits im Praktikum darauf, dass ihr Arbeitgeber Konzepte zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf anbietet: Drei Viertel (75 Prozent) geben an, dass ihnen familienfreundliche Arbeitsbedingungen wichtig sind. Dabei gibt es nur geringfügige Geschlechtsunterschiede: Unternehmen sollten aufgrund dieses langfristigen Denkens der jüngsten Arbeitsmarktgeneration darauf achten, dass sie die Vereinbarkeit von Job und Familie bereits im Praktikum beweisen und dies auch in ihrer Unternehmenskommunikation herausstellen, so Kristina Bierer.
Werteorientierung und Umweltbewusstsein von Unternehmen erwünscht
Nicht nur Familienfreundlichkeit spielt für die Nachwuchskräfte eine wichtige Rolle, sondern auch Werte und Umweltbewusstsein der Unternehmen rücken stärker als bislang in den Fokus. 77 Prozent der Praktikanten und Praktikantinnen sagen, dass sie die die Unternehmenswerte ihres Arbeitgebers kennen und immerhin 72 Prozent können sich auch damit identifizieren. Gut zwei Dritteln der Befragten (69 Prozent) ist es wichtig, dass ihr Unternehmen Verantwortung für Nachhaltigkeit und Klima übernimmt. Dabei reicht fast der Hälfte (48 Prozent) ein rein finanzielles Engagement nicht aus. Die Anforderungen der Berufseinsteiger erhöhen damit den Druck an Unternehmen, diesen Vorstellungen zu entsprechen, wenn sie junge Talente anziehen wollen.
Zufriedenheit mit Praktikum leicht gesunken
Die Arbeitgeberqualität bewerteten die Studienteilnehmer und -teilnehmerinnen auf einer Skala von eins (sehr schlecht) bis fünf (sehr gut) mit 4,2. 80 Prozent und damit die meisten Befragten sind oder waren mit ihrem Praktikum zufrieden. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr waren es mit 84 Prozent geringfügig mehr mehr. Ähnlich viele Nachwuchskräfte (79 Prozent) würden ihren Job weiterempfehlen, 78 Prozent haben das Gefühl, während ihres Beschäftigungsverhältnisses viel gelernt zu haben und fast ebenso viele denken, dass ihre Arbeit einen Mehrwert für das Unternehmen geschaffen hat.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.