Das waren die Top-HR-Jobwechsel 2023

Das Vorstandsressort Personal bei SAP ist ein „heißer Stuhl“. So jedenfalls drückt es Thomas K. Heiden aus, Gründer der nach ihm benannten Personalberatung und einer von gut 20 seiner Kolleginnen und Kollegen, die in diesem Jahr an unserer Wahl der wichtigsten HR-Personalien teilgenommen haben (siehe Kasten). Er spielt damit darauf an, dass die aktuelle Inhaberin des Postens, Sabine Bendiek, nur rund drei Jahre in Walldorf tätig war. Ihr Amtsantritt war 2021, bei der ersten Ausgabe dieser Abstimmung, war sie noch unter die ersten drei gewählt worden.

Bendieks Nachfolgerin, Gina Vargiu-Breuer, kommt von Siemens Energy und übernimmt das Zepter Anfang Februar 2024; ihr Wechsel ist aber schon 2023 unsere Personalie des Jahres. Ist sie ein „perfect match“, wie Heinz Schannath von Dr. Schannath Executive Search glaubt? Oder lediglich „für Frau Vargiu-Breuer komplett nachvollziehbar“ und vor allem für die Bedeutung der Arbeitgebermarke SAP wichtig, wie es Marcus Garbrecht von Aeneas Executive ausdrückt? Das wird die Zeit zeigen.

Mindestens genauso interessant ist mit Blick auf die Abstimmung aber ohnehin eine andere Frage: Ist es nur die Top-Personalposition bei SAP, die sich zu einem heißen Stuhl entwickelt hat – oder gilt das auch für andere HR-Abteilungen? Fakt ist jedenfalls: In jeder der drei bisherigen Abstimmungen landete eine Personalie unter den ersten drei, bei der die jeweilige Person mittlerweile nicht mehr auf der Position ist. Neben Sabine Bendiek bei SAP, deren Start dort 2020 auf Platz zwei landete, war ihr Deutschland-Personalchef Cawa Younosi aus noch ungeklärten Umständen im Spätsommer ebenfalls seinen Job los. Im vergangenen Jahr hatte sein Aufstieg zum Global Head of People Experience, eine Funktion, die er zusätzlich übernahm, noch für Aufsehen und ebenfalls Platz zwei gesorgt.

Die Causa Younosi sorgte derweil in diesem Jahr für ein Novum bei unserer Abstimmung. Denn erstmals ist auch ein Abschied mit unbekanntem Ziel unter unseren Top-Personalwechseln vertreten. „Keiner stand so sehr durch seine eigene Historie für Integration Diversity“, schreibt Oliver Kempkens, der lange vor der Gründung seiner Executive Search Boutique Kempkens x Kohler auch einige Jahre bei SAP gearbeitet hat. Gleichzeitig habe Younosi aber „insbesondere im Umgang mit Betriebsrat und Arbeitnehmervertretern Feingefühl und kulturelles Sensing vermissen lassen“, wodurch „SAP insbesondere in der Lokalpresse ständig in der Kritik stand“.

Erneuter Wechsel an der Bayer-HR-Spitze

Auch unsere Top-Personalie aus dem vorvergangenen Jahr ist seit Mitte 2023 überholt. Sarena Lin ist nicht mehr Chief Transformation and Talent Officer bei Bayer, stattdessen übernimmt Heike Prinz – und zwar als „klassische“ Personalvorständin. Die Personalie landete in unserem Voting immerhin auf Platz drei – und wird etwa von Katharina Engfer, Geschäftsführerin von Engfer Consulting, als „wegweisend“ bezeichnet: „Ihre langjährige Erfahrung in Arbeitsbeziehungen und Unternehmensführung kann mit Sicherheit dazu beitragen, neue Standards in der Mitarbeiterführung und -entwicklung zu setzen und somit einen prägenden Einfluss auf die gesamte Branche haben.“

Countdown: Die 10 wichtigsten HR-Personalien des Jahres

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Auch wenn der Wechsel an der HR-Spitze bei Bayer nur die drittmeisten Stimmen in unserem Ranking erhielt, verdeutlicht die Personalie gleich mehrere Trends. So ist Prinz als „Chief Talent Officer“ und Arbeitsdirektorin ausschließlich für das Ressort Personal zuständig und hat nicht wie ihre Vorgängerin Lin auch beim Thema Transformation den Hut auf. Ähnliches sieht man auch bei SAP, wo Gina Vargiu-Breuer nur im Ressort HR auf Sabine Bendiek folgt, deren COO-Aufgaben im Vorstand zukünftig anders verteilt werden. Ob das eine Entmachtung der HR-Chefinnen ist oder ihnen vielmehr erlaubt, sich auf die Personalarbeit zu konzentrieren, ist derzeit noch offen.

Mehrere interne Karrieresprünge auf der Liste

Den zweiten Trend, den Heike Prinz wie keine Zweite auf unserer Liste verkörpert, ist, dass ein Unternehmenswechsel gar nicht nötig ist, um zu den wichtigsten Personalien des Jahres zu zählen. Auch wenn nicht wie im vergangenen Jahr mit Khadija Ben Hammada bei Merck, Cawa Younosi bei SAP und Bettina Dietsche bei der Allianz gleich die drei am häufigsten genannten Personalien Wechsel innerhalb eines Unternehmens oder einer Unternehmensgruppe waren, finden sich 2023 wieder mehrere mehr oder minder interne Karriereschritte auf der Liste: etwa Inga Dransfeld-Haase, die bei BP in den Vorstand berufen wurde, und Zsuzsanna Friedl, die von der ungarischen Telekom-Tochter zu T-Systems wechselte.

Und eben Heike Prinz, die seit 2006 bei Bayer arbeitet. Ihr Eintritt ins Unternehmen erfolgte, als der Pharmariese seinerzeit Schering übernahm, wo Prinz rund zwei Jahrzehnte zuvor ihre berufliche Laufbahn begann.

Erfahrung trotz jungem Alter

Damals war Lea Corzilius also noch gar nicht geboren. Ihr Wechsel im August von Hella zu ZF Friedrichshafen wiederum wurde bei unserer Wahl am zweithäufigsten genannt. Vor allem, weil sie mit 34 Jahren das jüngste Vorstandsmitglied überhaupt in einem deutschen Großunternehmen wurde. „Lea Corzilius ist jung und dynamisch und wird frischen Wind in das Unternehmen bringen“, meint Basma Dibs von Passion for People. Trotz ihres jungen Alters kenne sie die Branche und hätte auch bei Hella große Verantwortung getragen. Ähnlich begründet Anna-Maria Karl von Kienbaum ihre Wahl: „Lea Corzilius bringt umfangreiche Erfahrung und Nähe zum Business aus ihren bisherigen Positionen in Beratung und Zulieferindustrie mit“, schreibt Karl. Auch Nicolas von Rosty, Deutschland-Chef von Heidrick & Struggles, zeigt sich beeindruckt von Corzilius‘ „brilliantem Lebenslauf“, der sie für die anstehenden Aufgaben mehr als qualifiziert. „Bei ZF Friedrichshafen soll sie für frischen Wind sorgen und den CEO Holger Klein bei der anspruchsvollen Transformation unterstützen.“

Ob der frische Wind im Unternehmen ankommt oder vielmehr das metaphorische Feuer des „heißen Stuhls“ weiter anfacht? Klar ist bislang nur eins: Auch 2024 wird es wieder zahlreiche spannende Personalien an der Spitze der HR-Abteilungen geben.

Die wichtigsten finden Sie in zwölf Monaten dann wieder an dieser Stelle.

Matthias Schmidt-Stein

Matthias Schmidt-Stein koordiniert die Onlineaktivitäten der Personalwirtschaft und leitet gemeinsam mit Catrin Behlau die HR-Redaktionen bei F.A.Z. Business Media. Thematisch beschäftigt er sich insbesondere mit den Themen Recruiting und Employer Branding.