Frage an die HR-Werkstatt: Wie können digitale Helfer für besseres Training und mehr Sicherheit am Arbeitsplatz sorgen?
Es antwortet: Carsten Hunfeld, Head of DACH bei Augmentir
Digitalisierung in der Industrie wird oft mit Schlagworten wie Industrie 4.0 oder Internet of Things verknüpft. Die Vernetzung der Arbeiterinnen und Arbeiter bleibt da meist außen vor. Dabei kann sie gerade in Produktion, Betrieb und Montage viel Gutes für die Belegschaft bewirken. Unterstützen können hier Connected-Worker-Apps, die Arbeitnehmende via Smartphone, Tablet oder Smart Glasses individuell schulen, fortbilden und unterstützen – direkt am Arbeitsplatz.
Einarbeitung in Häppchen
Gerade die Industrie klagt über Schwierigkeiten, Stellen mit qualifizierten Kräften zu besetzen. Immer häufiger müssen Unternehmen deshalb auf Kandidaten zurückgreifen, deren Profile – noch – nicht perfekt zur Stelle passen. Hier sind intelligente Wege der Einarbeitung und Fortbildung gefragt. Einer davon ist das digitale „Training on the Job“. Neuzugänge erhalten Schritt-für-Schritt-Instruktionen, Videos und Grafiken, die sie am Arbeitsort durch ihre konkreten Aufgaben führen. Ähnlich wie beim Microlearning ist alles in leicht verdaubare Lern-Snacks unterteilt, die besser im Gedächtnis bleiben als lange Abhandlungen. Bei Unklarheiten und Problemen helfen entweder intelligente Frage-Antwort-Assistenten weiter – oder der Chat oder ein Telefonat mit einem Fachexperten. Die digitale Einarbeitung kann klassische Schulungen im Vorfeld weitgehend ersetzen, zumindest die Trainingszeit für neue Mitarbeiter verkürzen – in manchen Fällen sogar um bis zu 80 Prozent, erlebe ich in meinem Beratungsalltag.
Welche Unterstützung am Arbeitsplatz in welchem Umfang zum Einsatz kommt, entscheiden das Management und der Betriebsrat gemeinsam. Dabei gehen vernetztes Arbeiten und Skill Management Hand in Hand: Sind Tätigkeiten zu verrichten, die nur Mitarbeitende mit entsprechender Qualifikation und entsprechendem Arbeitserlaubnisschein ausführen dürfen, werden der Nachweis der Unterweisung sowie Freigaben automatisch in der App und im System dokumentiert – beziehungsweise überprüft, bevor sich eine Kraft an die Arbeit macht. Ein Gewinn an Sicherheit und Compliance.
Maßgeschneiderte Hilfe im Alltag
Laufzettel und starre Arbeitsanweisungen sind in der Fabrikhalle immer noch an der Tagesordnung. Aber: „One-Size-Fits-All“-Anleitungen überfordern die einen und langweilen die anderen. Digitale Arbeitsanweisungen der neuesten Generation sind anders. Sie stehen zum einen per Mobilgerät zur Verfügung, zum anderen sind sie so knapp oder ausführlich, wie es dem persönlichen Ausbildungs- und Kenntnisstand der User entspricht. Auch die individuelle Erfahrung mit der konkreten Aufgabe beziehen moderne Systeme für die Vernetzung von Industriearbeitern ein. Denn dank KI erkennt die Software, wenn ein Mitarbeiter in einer Anleitung zwischen zwei Schritten mehrfach hin und her springt, beispielsweise beim Anlegen von Schutzkleidung. Die KI sieht darin ein Indiz für eine potenzielle Unsicherheit und bietet daher vertiefende Informationen an, etwa ein zusätzliches Schulungs-Video. Wer neu im Job ist, bekommt mehr Support als erfahrene Kräfte, die nur ein Minimum an Instruktion erhalten und ihre Arbeit deshalb zügiger beginnen und erledigen können.
Arbeitsschutz leicht gemacht
Auch im Arbeitsschutz unterstützensolche Apps. Zum einen sorgen sie dafür, dass Mitarbeitende unterrichtet werden, wenn sich Veränderungen in ihrem Aufgabenbereich ergeben. So sind sie seltener mit Situationen konfrontiert, die sie überfordern. Zudem sinkt das Risiko, dass ihnen Fehler unterlaufen oder sie sich und andere gefährden. Connected-Worker-Apps stellen sicher, dass Arbeitsschutzmaßnahmen eingehalten werden, sei es nun das fachgerechte Herunterfahren sowie Abschließen potenziell gefährlicher Maschinen oder das Einhalten von Hygienemaßnahmen. Zahlen aus der Praxis belegen den Effekt: Bei Unternehmen, die eine Connected-Worker-Suite wie Augmentir im Einsatz hatten, gingen die meldepflichtigen Unfälle um bis zu 80 Prozent zurück. Auch rechtlich bringen Apps Vorteile. So hält die App etwa nach, ob Arbeitgeber ihren Verpflichtungen zur Unterweisung nach §12 Arbeitsschutzgesetz nachgekommen sind. Überdies lassen sich Beinaheunfälle einfacher erfassen, nachverfolgen und Verbesserungsmaßnahmen ableiten.
Digital Nähe schaffen, Belastungen verringern
Vor dem Hintergrund der Krisensituationen der letzten Jahre ist die Sensibilität für psychische Belastungen am Arbeitsplatz gestiegen. Eine Belastungen kann die Konfrontation mit neuen Aufgaben sein. Dies beklagen laut dem jüngsten „Welt im Wandel 2022“ Bericht der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BauA) fast ein Drittel der Frauen und 37 Prozent der Männer in Deutschland. Dieser Umstand wird in der Industrie dadurch verschärft, dass viele Beschäftigte in großer räumlicher Distanz zu Fachexperten, Mentoren oder Vorgesetzten tätig sind und deshalb oft keine Fragen zu den neuen Aufgaben stellen können. Digitale Lösungen überbrücken diese Distanz virtuell: Durch Live-Video-Streaming und Augmented Reality ist es möglich, dass Rat-Suchende und Spezialisten gemeinsam auf die Situation vor Ort schauen und Maßnahmen besprechen können. Das betriebliche Gesundheitsmanagement hat hier einen digitalen Hebel, um der psychischen Belastung am Arbeitsplatz entgegenzuwirken.
2023 verlangt von Arbeitnehmenden in der Industrie ebenso wie von den zuständigen Personalabteilungen mehr Flexibilität und innovative Lösungen denn je. Moderne, digitale Apps zur Vernetzung kommen somit gerade recht.
Autor
Carsten Hunfeld ist Head of Operations der DACH Region bei Augmentir, dem – nach eigenen Angaben – einzigen Anbieter einer KI-basierten Connected Worker Suite. Er ist Experte für die Entwicklung und den Einsatz von KI-basierten Lösungen, mit denen Unternehmen ihre Arbeitsprozesse optimieren, Mitarbeiter individuell unterstützen sowie die Erfassung und Analyse von Unternehmensdaten verbessern.
Kontakt: carsten.hunfeld@augmentir.com