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Wenn alle Mitarbeitenden Führungsverantwortung haben

Der Senior Managerin leitet den Junior an, der Junior kümmert sich um den Trainee und der Trainee um die Praktikantin. Bei der Agentur Openers ist jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter Führungskraft. Damit soll die Eigenverantwortung der Beschäftigten gefördert werden. Wie genau funktioniert das?

Die beiden CEOs und Co-Gründerinnen Carolin Lessoued und Kerstin Bock haben in ihrem Unternehmen ein Tandem-System eingeführt, bei dem sich jede und jeder der knapp 30 Beschäftigten um einen Kollegen oder eine Kollegin kümmert, die ihr oder ihm hierarchisch untergeordnet ist. So sind alle Mitarbeitende fachliche Führungskräfte.

Die disziplinarische Führung übernehmen dann diejenigen, die über dem Senior stehen. Senior, Junior und Trainee werden vom Department-Lead auf disziplinarischer Ebene geführt und der Lead von den CEOs. „Jeder lernt bei uns von Anfang an, wie man jemanden anleitet, ihm oder ihr Skills beibringt und transparent kommuniziert“, sagt Carolin Lessoued. „Das stärkt die Eigenverantwortung und die Selbstwirksamkeit, was wiederum auf die Mitarbeiterretention einzahlt.“ Diese liegt bei Openers seit der Gründung vor rund zehn Jahren bei etwa 80 Prozent.

Auch darüber hinaus übernimmt jeder und jede bei Openers zusätzliche Verantwortung: „Jeder hat eine Rolle außerhalb des Kundengeschäfts“, Kerstin Bock. So gibt es beispielsweise Mitarbeitende, die eine Taskforce für HR-Themen bilden und somit gemeinsam mit HR-Kolleginnen und dem Management die Personalabteilung abbilden. Während die Personalabteilung sich vor allem administrativen Aufgaben widmet, beschäftigt sich die Taskforce HR überwiegend damit, wie das Openers-Team zukünftig zusammenarbeiten möchte. Ob und wie Ideen umgesetzt werden, werde auch hier gemeinsam mit den CEOs beschlossen.

Geschäftsführung immer im Loop

Trotz der Verantwortung, die jeder und jede Einzelne trägt, sei die Tür der beiden Geschäftsführerinnen immer offen. Durch zahlreiche Kommunikationsformate sind sie im ständigen Austausch mit ihren Mitarbeitenden. Bei Openers ist die Kommunikationsstruktur vor allem von festen wöchentlichen Meetings geprägt.

In der Agentur gibt es wöchentlich drei feste Meetings. Mindestens eines mit den jeweiligen Kunden und zwei mit dem gesamten Openers-Team. Bei letzteren werden einmal projektbezogene und einmal personenbezogene Learnings und Fehler besprochen. Dabei gehe es darum, festzuhalten, was in der Woche ansteht und was bisher gut gelaufen ist und was schlechter funktioniert hat. So werden die Beschäftigten durch das Team und die CEOs auch noch einmal mehr an die Hand genommen. Die einzelnen Mitarbeitenden haben in ihrem Tandem zudem zusätzliche Zweiergespräche innerhalb einer Arbeitswoche.

Hinzu kommen One-on-Ones, für die Mitarbeitende per Zufall gematcht werden und sich rund 15 bis 20 Minuten zu allen beliebigen Themen austauschen. „Ich habe in den One-on-Ones schon über Rezepte, die Familiensituation, Blockaden im Kopf oder Arbeitsprojekte gesprochen“, sagt Lessoued. „All das dient dazu, dass wir uns besser kennenlernen, was wiederum die Zusammenarbeit erleichtert und uns einen guten Einblick gibt, was unsere Mitarbeitenden bewegt.“

Unveränderbare Strukturen als Basis

Die Geschäftsführerinnen haben ein offenes Ohr und jede und jeder eine bestimmte Entscheidungsmacht, und dennoch ist bei Openers nicht alles möglich. Die Entscheidungsfreiheit der Mitarbeitenden ist auch durch feste, nicht zur Debatte stehende Strukturen eingeschränkt. So etwa die Kernarbeitszeit. Der Arbeitstag beginnt zwischen 8:30 und 9:30 Uhr und endet 8 Stunden später – bei Teilzeitbeschäftigten natürlich entsprechend früher. Wer remote in einem Land in einer anderen Zeitzone tätig sein möchte, muss entweder sehr früh mit der Arbeit beginnen oder spät mit ihr aufhören.

Was aber geht und auf Wunsch der Mitarbeitenden bereits eingeführt wurde, sind Dinge wie der Self-Care-Day (ein zusätzlicher freier Tag alle zwei Monate, an dem sich die Beschäftigten um sich selbst kümmern und wieder etwas Energie auftanken können), der kurze Freitag (dann sind die Beschäftigten nur den halben Tag tätig) und das ortsunabhängige Arbeiten. Derzeit diskutiert das Openers-Team, ob in der Agentur eine Vier-Tage-Woche eingeführt werden kann.

Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.