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„Bin ich hier richtig aufgehoben?“

Wie fühlt sich ein Mensch mittleren Alters, wenn sie oder er eine Bar voller junger Leute besucht? Vermutlich stellt sich die Person die Frage, ob sie hier richtig aufgehoben ist, sagte Simon Schnetzer, Jugendforscher und Arbeitgebercoach beim HR-Summit 2022 im Rahmen seiner Keynote „Erfolgsfaktor Age Diversity“. Umgedreht würden sich junge Menschen fragen, ob sie in einem Unternehmen richtig sind, in dem viele Ältere arbeiten. Dass sie trotzdem hineinpassen, müsse HR ihnen zeigen, betonte Schnetzer gegenüber den HR-Professionals, die sich im Westin Hotel in Frankfurt am Main zur Traditionsveranstaltung zusammengefunden hatten. „HR muss hier die Hand ausstrecken, ihnen anbieten, sie zu unterstützen und Mut machen. Die Ansichten und Vorstellungen der Jüngeren unterschieden sich genauso von denen der Älteren, wie sich die Vorstellungen der Älteren vermutlich von denen ihrer Eltern unterschieden haben.“

Doch die Unterschiede müssen kein Hemmnis für die Zusammenarbeit sein, sondern eher als gegenseitige Ergänzung angesehen werden – zumindest, wenn eine Basis geschaffen wurde. Die Basis bestehe aus dem Betonen von sehr wohl bestehenden Gemeinsamkeiten und gegenseitigem Respekt. Ebenso sei es für eine erfolgreiche generationsübergreifende Zusammenarbeit wichtig, dass sich alle Beteiligten sicher fühlen und ihre Selbstwirksamkeit erkennen.

Mögliche Konfliktpunkte

Um die Arbeit zwischen den Generationen zu fördern, müsse sich HR dem unterschiedlichen Kommunikationsverhalten der Altersklassen bewusst sein. Denn sonst könnte die jeweils andere Art des Austauschs für Konfliktpunkte sorgen. Jüngere Menschen fordern laut Schnetzer analog zur Kommunikation per Smartphone und auf Social Media schnelles Feedback und eine direkte Kommunikation – zum Beispiel in Chats, nicht per Mail. Wie auch in der Kommunikation unterscheiden sich die verschiedenen Generationen in der Art und Weise, wie sie Entscheidungen treffen. „Junge Menschen haben eine geringere Entscheidungsbindung“, erklärte Schnetzer. „Sie entscheiden sich gerne um, weshalb es sein kann, dass sie plötzlich doch nicht zum Jobantritt erscheinen.“

Generationen ergänzen sich

Worauf die junge Generation empfindlich reagiere sei ein Mangel an Respekt von oben. Sie fordere eine Kommunikation auf Augenhöhe ein – auch mit der Führungskraft. Denn den jüngeren Mitarbeitenden sei bewusst, dass auch erfahrene Führungskräfte sind nicht allwissend sind und ihnen oftmals  bestimmte Skills fehlen, die sie selbst als jüngere Mitarbeitende mitbringen. „Die Jüngeren können oft besser mit digitalen Hilfsmitteln umgehen“, sagte der Jugendforscher. Diese Qualifikationen wirkten ergänzend zum Fachwissen der Führungskraft. Schnetzer veranschaulichte das an der Beziehung zwischen Auszubildendem und Meister, wenn es um den Einbau eines neuen Teils in einer Werkstatt geht. Der Meister brauche für den Einbau vermutlich länger, durchdringe aber die Technik und verstehe, was genau er gemacht hat. Der Auszubildende sehe ein Video, wisse wie das Teil eingebaut wird, brauche weniger Zeit, durchdringe jedoch die Technik nicht. Arbeiten die beiden Personen zusammen, brauchen sie weniger lange für die gleiche Arbeit und durchdringen die Technik und Prozesse.

Die Zielgruppe Verstehen

„Um Jüngere zu erreichen ist es wichtig, die Zielgruppe zu verstehen, die inzwischen sogar zu großen Teilen psychisch krank ist“, sagte Schnetzer. „Die nicht abreißen wollenden Krisen stressen viele.“ Als Folge seien sie antriebslos und abgeschlagen. Durch die in den Krisen gemachte Erfahrung und die Unsicherheit hätten sich bei vielen die Prioritäten verschoben. Am wichtigsten seien für die Jüngeren Geld und Spaß bei der Arbeit.

Um neben diesen Benefits für ein gutes Arbeitsklima zu sorgen sei es wichtig, die Beschäftigten offen und ehrlich nach ihren Bedürfnissen und dem Wohlbefinden im Team zu fragen. Fühlen sich Beschäftigte nicht wohl, müssen die Personalverantwortlichen die Frage stellen, was es braucht, um das zu ändern. Ziel muss es sein, einen offenen und generationenübergreifenden Austausch in Teams und im Unternehmen zu ermöglichen, damit sich alle Beschäftigten wohlfühlen. Das sei ein wichtiger Schritt für ein gesundes Miteinander.

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Der Artikel ist ein Teil unserer Nachberichterstattung zum HR-Summit 2022 in Frankfurt am Main. Zahlreiche HR-Professionals von Top-Unternehmen kamen dort zusammen, um sich über aktuelle Herausforderungen, die neusten Trends der Arbeitswelt und Best Practices auszutauschen. 

Tim Stakenborg verantwortet die Heftplanung des Magazins Personalwirtschaft. Zudem betreut er das Thema Aus- und Weiterbildung (inklusive MBA und E-Learning) und beschäftigt sich mit dem Bereich Employee Experience und Retention.